Die aktive Arbeitsmarktpolitik ist nur ein Bereich, in dem Türkis-Blau kürzen bzw. ansetzen will. In einem unterscheidet sie sich von den vorherigen Regierungen, nämlich in ihrem Zugang zum Thema Arbeitslosigkeit. Dieser ist klassisch neoliberal: Das Individuum ist schuld an der hohen Arbeitslosigkeit, Arbeitslose wollen nicht arbeiten. Ganz so hart klingt es freilich nicht, was im Regierungsprogramm steht. Da ist von „rascher Vermittlung Arbeitsloser“ die Rede, von „Beschäftigungsanreizen“ sowie davon, dass „Inaktivitätsfallen“ beseitigt werden müssten. Es fallen die Worte „Mitwirkung“ und „Teilhabe“. Hinter diesen so harmlos scheinenden Worten steckt eine Politik, die insbesondere auf Disziplinierung setzt. Doch ist dies wirklich dazu geeignet, das von der Regierung selbst gesteckte Ziel zu erreichen, nämlich die „tatsächliche und effektive Senkung der Arbeitslosigkeit“?
Eine wesentliche Tatsache ignoriert dieser Zugang. „Wir haben nach wie vor eine beträchtliche Lücke, wenn wir die offenen Stellen mit der Zahl der Arbeitslosen vergleichen“, hält AK-Expertin Hofbauer fest. Im Jänner 2018 etwa waren rund 379.000 Menschen beim AMS als arbeitslos vorgemerkt. Diesen standen gerade einmal rund 59.000 offene Stellen gegenüber. Dabei gibt es momentan für Arbeitsmarkt-ExpertInnen sogar zur Abwechslung einmal Grund zur Freude. „Stärkster Arbeitslosenrückgang im Jänner seit 30 Jahren“, verkündete das AMS Mitte Februar.
Auch WIFO-Experte Helmut Mahringer ist vorsichtig positiv: „Die Konjunktursituation ist jetzt, nach einer langen Flaute, in der es kein oder ein sehr geringes Wachstum gab, wieder besser. Darauf haben wir lange gewartet.“ Das große Aber ist die lange problematische Entwicklung am Arbeitsmarkt seit der Krise 2008, die ihre Spuren hinterlassen hat. „Sie hat zu einer Verfestigung von Arbeitsmarktproblemen geführt, weil ein hoher Stand an Menschen aufgebaut wurde, die länger in Arbeitslosigkeit sind, zudem sind mehr Menschen von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Situation hat sich dadurch verschärft“, so Mahringer. Besonders betroffen: ältere Arbeitslose, Geringqualifizierte und Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen.