Wien wächst enorm. Um einen massiven Anstieg der Mietpreise zu verhindern, müssten 9.000 geförderte Wohnungen im Jahr gebaut werden. Faktisch sind es 6.000. Aber auch die Infrastruktur muss mithalten. Ein Überblick über Baustellen der Großstadt.
- Öffentlicher Raum für alle
Je mehr Menschen in der Stadt wohnen, desto größer ist der Bedarf nach öffentlichem Raum – und desto zahlreicher sind auch die Ansprüche an ihn. Öffentlicher Raum muss so gestaltet werden, dass sich die Menschen gerne darin aufhalten. Straßen, Plätze, Grünflächen und städtische Treffpunkte gehören allen BewohnerInnen.
Einerseits werden aber immer mehr Flächen kommerziell genutzt – u. a. für Schanigärten, Veranstaltungen, als Lager für Baumaterial. Andererseits wird der öffentliche Raum oftmals durch BürgerInnenbeteiligungsverfahren gestaltet. Die Krux: Hier setzt sich oft die Mittel- und Oberschicht gegen andere BürgerInnen durch, obwohl gerade diese besonders auf den öffentlichen Raum angewiesen sind. Deshalb müssen Entscheidungsprozesse derart begleitet werden, dass auch Menschen, die nicht so selbstbewusst argumentieren, gut vertreten werden. Denn gerade BewohnerInnen mit geringem Einkommen und wenig Mobilität können den Grünraum außerhalb der Stadt oft kaum nutzen. Nicht jeder Park kann zum Bobo-Spielraum mit Ruhezonen und Gemeinschaftsgärten werden – es muss u. a. auch Raum und Toleranz für Kinder einkommensschwacher Schichten geben. - Die Stadt muss mitwachsen
In den kommenden zehn Jahren wird in Wien allein die Zahl der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren um 30.000 ansteigen. Auch die Zahl der älteren StadtbewohnerInnen, die heute über 75 Jahre alt sind, wird bereits im Jahr 2025 um 50.000 WienerInnen anwachsen. Mit dem Anstieg sollte auch die Infrastruktur Schritt halten können: Neue Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, aber auch SeniorInnenheime müssen errichtet werden. Allerdings gibt es für diese notwendigen Investitionen zu wenig Spielraum. Zwar würde die Stadt Wien derzeit günstige Kredite bekommen, doch der Stabilitätspakt verhindert das, obwohl das Geld nachweislich für Wohnbau, Schulen oder Verkehrsinfrastruktur eingesetzt würde. Eine Chance wäre jedoch, dass Wien im Finanzausgleich stärker als Wachstumsregion berücksichtigt und auf europäischer Ebene die „goldene Investitionsregel“ beschlossen wird – sie ermöglicht wichtige Kredite für die Infrastruktur. - Mehr S-Bahn, dichtere Intervalle
Der öffentliche Verkehr in Wien stößt heute teilweise an seine Grenzen. Wer zu Stoßzeiten mit der U6 oder U4 fährt, fühlt sich des Öfteren an Sardinendosen erinnert. Die S-Bahn sollte daher als Wiener Verkehrsmittel ausgebaut werden und damit entlastend wirken. Die Potenziale der Öffis sollten weiter ausgeschöpft werden – das betrifft die Optimierung des Stadtgrenzen-überschreitenden Regionalverkehrs genauso wie die Nutzung des innerstädtischen Schienennetzes für neue S-Bahn-Strecken als Ergänzung zum U-Bahn-Netz. Denn der Ausbau und die Adaption der S-Bahn sind wesentlich preiswerter als neue U-Bahn-Trassen. Außerdem sollte das Angebot von U- und S-Bahn besser aufeinander abgestimmt sein. Dazu gehört, den 10-Minuten-Takt auf allen S-Bahn-Linien einzuführen. Auch eine höhere Frequenz der U-Bahnen zu Stoßzeiten ist denkbar, wenn die U-Bahn-Garnituren so adaptiert werden, dass ein schnelleres Ein- und Aussteigen möglich ist – denn was das betrifft, gehören die WienerInnen zu den Langsamsten in Europa.