Unternehmenszuschüsse: Überförderung durch die COFAG
Mit der Gründung der COFAG zögerten einige Branchen nicht lange und stellten fleißig Anträge, um für entgangene Einnahmen Entschädigungen zu bekommen. Doch eine COFAG hätte es laut dem Bericht „COFAG und Zuschüsse an Unternehmen“ des Rechnungshofs gar nicht benötigt. Denn die vorhandenen Strukturen des Bundes hätten ausgereicht, um die Aufgaben, die die Finanzierungsagentur seit mehr als zweieinhalb Jahren übernimmt, zu erledigen.
Die Finanzämter und die Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH (aws), also die Förderbank der Republik, wären laut Rechnungshof bestens geeignet gewesen, um die Anträge zu bearbeiten und die Zahlungen abzuwickeln. Doch das sah der damalige Finanzminister wohl anders und somit entstand die COFAG. Vonseiten der Opposition gab es von Beginn an Kritik, dass es sich bei der COFAG um einen Selbstbedienungsladen der regierenden ÖVP handele. Der Rechnungshof-Rohbericht empfiehlt längst die Auflösung der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes.
Hürden für Ein-Personen-Unternehmen
„Bei der Konzeption von Unternehmenshilfen wäre die Treffsicherheit der Maßnahmen zu gewährleisten und wären (systematische) Überförderungen jedenfalls zu vermeiden“, schreibt der Rechnungshof. Es ist eine Schlussempfehlung im 220 Seiten-Bericht zur COFAG. Genau diese Treffsicherheit ist allerdings nicht zu sehen. Denn manche Unternehmen profitierten über Gebühr von den Unterstützungsleistungen. Während andere, speziell Ein-Personen-Unternehmen (EPU), sowie Klein- und Mittelunternehmen, deutlich weniger von der COFAG hatten.
Gut ausgestiegen ist beispielsweise René Benko. Der Milliardär holte sich für seine Unternehmen mehr als zehn Millionen Euro an Zuschüssen in Österreich. In Deutschland zahlten die Steuerzahler:innen seit 2021 bereits 680 Millionen Euro. Dort sind die Zahlungen für die in Schieflage befindliche „Galeria Karstadt Kaufhof“ mittlerweile zum Politikum geworden. Hierzulande bediente sich auch Media Markt fleißig beim Staat. Die COFAG zahlte mehrere Millionen Euro aus. Doch im Geschäftsjahr 2020/2021 konnte das Unternehmen ein Plus schreiben. Den Aktionär:innen zahlte der Mutterkonzern Ceconomy 63 Millionen Euro Dividende aus. So befeuert die COFAG Überförderung die Gewinn-Preis-Spirale.
COFAG Überförderung dank Intransparenz
„Die Förderungen wurde ins Leben gerufen, um Ein-Personen-Unternehmen und Kleinbetrieben zielgerichtet und transparent zu helfen. Real wurden der Öffentlichkeit aber jede Menge Infos zu den Auszahlungen vorenthalten. Dies gründet vor allem in der organisatorischen Ausgliederung der Auszahlungen an die COFAG. Wäre die Abwicklung beispielsweise über die Finanzämter gelaufen, wäre eine raschere und transparentere Umsetzung möglich gewesen“, sagt Dora Jandl, vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV).
Die Förderarchitektur war sehr unternehmensfreundlich gestaltet, wie das Beispiel Media Markt verdeutlicht. „Jede rechtliche Einheit konnte Förderungen stellen und Media Markt führt jede Filiale in Österreich als eigenständige Gesellschaft“, sagt Helmut Gahleitner, Referent in der Abteilung Wirtschaftspolitik der AK Wien. Ein Gegenbeispiel war die Handelskette Hartlauer. Hier laufen alle Filialen unter einer juristischen Person. Daher konnte das Unternehmen auch nur einen Förderantrag stellen. „Hier stellt sich die Frage, weshalb man nicht die wirtschaftliche Einheit fördert und man auf Einzelförderungen abgezielt hat“, fragt Gahleitner.
Klingelnde Kassen durch COFAG Überförderung
Laut Momentum Institut sind Unternehmen in der Höhe von 600 Millionen Euro überfordert worden. 300 Millionen davon zahlte die COFAG im Jahr 2020 aus, die andere Hälfte im Jahr 2021. Für diesen Zeitraum wertete Momentum 1,18 Milliarden Euro an Förderungen aus. Das bedeutet, dass über die Hälfte der ausbezahlten Summe eine Überförderung darstellt. „Es gab eine Vielzahl an Förderungen. Aber man kann nicht sagen, dass gewisse Branchen in vollen Umfang überfördert wurden. Die Gastronomie, die Hotellerie und der Handel waren von den Lockdowns natürlich am meisten betroffen und diese haben auch die meisten Anträge auf Förderungen gestellt“, sagt Gahleitner.
Es waren zwei Komponenten. Zum einen wurden durch die Kurzarbeit Arbeitsplätze und Einkommen der Arbeitnehmer:innen gesichert. Zum anderen waren es die COFAG-Hilfen auf Unternehmensseite, die Österreich durch die Corona-Krise brachten. Doch die COFAG war lange Zeit höchst intransparent. Denn bis zu dem Zeitpunkt, an dem die EU-Kommission Österreich auf die Finger klopfte, veröffentlichte die Regierung Förderungen erst ab 100.000 Euro. Erst seit Juli 2022 können interessierte Bürger:innen auch jene Unternehmen einsehen, die zumindest 10.000 Euro durch die COFAG bekommen haben.
„Es gab die Möglichkeit der Förderoptimierung. Als Unternehmen konnte ich mir ansehen, welches Förderinstrument mir am meisten bringt. Die Unternehmen konnten innerhalb dieser Instrumente auch wechseln. Das war eine besonders unternehmerfreundliche Variante. Da sie eine Förderung zurückzahlen und eine andere beantragen konnten, die mir mehr Geld bringt“, erklärt Gahleitner. Bei der Antragstellung taten sich EPUs und kleine Unternehmen deutlich schwerer als große. „Diese waren komplizierter und aufwändiger als es versprochen wurde. Größere Unternehmen taten sich leichter, Personal und Ressourcen für die Antragstellung bereitzustellen. Oder auch eine:n Steuerberater:in damit zu beauftragen. Die ausgezahlten Beträge ließen außerdem lange auf sich warten und waren viel zu niedrig“, meint Jandl.
Hinausgezögerte Insolvenzen
Die Förderungen bewirkten, dass die Insolvenzzahlen sanken. „Durch die Überförderung ist die Insolvenzquote in der Krise massiv zurückgegangen. Hier sind viele Insolvenzen in die Zukunft verlagert worden“, sagt Gahleitner. Ist es möglich, dass man sich von den Unternehmen, die zu viel ausbezahlt bekommen haben, das Geld zurückholt? Das sei schwer vorstellbar, sofern sie nichts Rechtswidriges gemacht haben, sondern das Konstrukt der COFAG für sich beanspruchten. „Wäre die Förderstruktur nicht EU-konform gewesen, beziehungsweise die Förderauflagen nicht eingehalten worden, dann gäbe es wohl schon Möglichkeiten“, so der Experte für Wirtschaftspolitik.
Aufgrund der hohen Energiepreise hat die EU-Kommission nun einen neuen Energiekostenzuschuss für die Unternehmen in Österreich genehmigt. 87.000 Firmen haben sich mittlerweile dafür angemeldet. Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft plant 1,3 Milliarden Euro ein. Bis 15. Februar können die Unternehmen noch Anträge stellen. Wie es nach dem Auslaufen dieses Zuschusses weitergeht, ist noch nicht ganz klar. Auch wenn die Regierung bereits eine weitere Unterstützung angekündigt hat.
Die massive Überförderung von gewinnstarken Unternehmen mit Covid-Hilfen ist besonders unerträglich, wenn man bedenkt, dass die Regierung eine Erhöhung von Arbeitslosengeld u Notstandshilfe für die in hohem Ausmaß Armutsgefährdeten beharrlich verweigerte.https://t.co/1m69OgKWzB
— Markus Marterbauer (@MarterbauerM) December 16, 2022
Energiekosten: Es droht die nächste Überförderung
„In Zukunft stellen sich Probleme vor allem bei den Energieunterstützungen. Dort lässt die Bundesregierung mit Lösungen bis dato auf sich warten. Auch hier haben wir Sorge, dass größere Unternehmen – die meist mehr Ressourcen haben, um durch Krisen leichter durchzukommen – stärker gefördert werden als kleine“, meint Jandl. ÖGB und AK wollen, dass es weiteren Zuschüssen für Unternehmen an strenge Kriterien geknüpft sind. In Spanien gelang es, mit gezielten Förderungen, die Inflation in den Griff zu bekommen.
ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian merkte dazu an: „Wir wollen keine Wiederholung der Misere wie bei der COFAG, wo es zu massiven Überförderungen kam. Angesichts der Tatsache, dass 80 Prozent des Steueraufkommens von Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen geleistet werden, sollten Förderungen auch diesen zugutekommen. Hier darf es zu keinem Ungleichgewicht zugunsten der Unternehmen kommen.“ Bei den neuen Unterstützungen muss die Politik darauf achten, dass diese transparent ablaufen und sich niemand über Gebühr am Steuergeld bedienen kann. Denn am Ende zahlt die Allgemeinheit die Förderungen.