Österreich ist ein schönes Land. Berge zum Wandern, Seen zum Schwimmen und noch vieles mehr hat man hier in Hülle und Fülle zur Verfügung. Und nicht nur das: Auch noch Einkaufszentren am Rande der Gemeinden und Städte so weit das Auge reicht. Ob diese zu einem schöneren Land beitragen ist fragwürdig, weniger fragwürdig hingegen ist die Tatsache, dass sie einen erheblichen Anteil der Bodenversiegelung hierzulande ausmachen.
Boden- bzw. Flächenversiegelung bedeutet nichts anderes als das Zubauen natürlichen Bodens durch Bauwerke aller Art. Der Trend des Versiegelns herrscht in Österreich schon lange. Mehr als zwölf Hektar an Boden werden täglich aufgegeben. Das bedeutet, jeden Tag wird eine Fläche der Größe des Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten, des Pentagons, verbaut – das entspricht 20 Fußballfeldern.
Da der Anteil an Bergland in Österreich 73,4 Prozent beträgt und viele Flächen davon nicht nutzbar sind, fallen zwölf Hektar noch mehr ins Gewicht als das in flachen Ländern der Fall ist. Umso bedenklicher, dass man sich damit an der Europaspitze befindet. Eine weitere anschauliche Zahl: Jeder einzelne Mensch in Österreich hat 15 Meter Straße pro Kopf zur Verfügung. Vergleicht man das mit den Nachbarstaaten Deutschland und der Schweiz, dann sieht man, dass das hierzulande beinahe doppelt so viel ist. Der Verbau wirkt sich dadurch äußerst negativ auf den Naturschutz aus.
Rund 100 bis 300 Jahre dauert es, bis nur ein Zentimeter fruchtbarer Humus entsteht. Boden ist daher als unersetzliche und knappe Ressource zu bewerten.
Maria Schachinger, WWF-Bodenschutzsprecherin
So belegte das Alpenland im Herbst vergangenen Jahres im Ranking der Europäischen Umweltagentur nur den vorletzten Platz aller Länder der Europäischen Union. 80 Prozent aller Arten und Lebensräume sind in Österreich bedroht und der „Bauwahn“ trägt hier ordentlich dazu bei. „Rund 100 bis 300 Jahre dauert es, bis nur ein Zentimeter fruchtbarer Humus entsteht. Boden ist daher als unersetzliche und knappe Ressource zu bewerten“, sagt WWF-Bodenschutzsprecherin Maria Schachinger im Gespräch mit Arbeit&Wirtschaft.
Bodenschutzstrategie
Besonders Beton kann bei der Verbauung von Flächen gefährlich sein. Da er nicht durchlässig ist, steigt somit die Gefahr eines Hochwassers, wie Expert:innen betonen. Im aktuellen AK-Wohlstandbericht wird die Flächeninanspruchnahme weiterhin skeptisch gesehen. 2020 ging der Verbau etwas zurück. „Der Rückgang der Flächeninanspruchnahme im Jahr 2020 ist jedoch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch auf die Auswirkungen der Covid-19-Krise zurückzuführen. Um diesen Trend abzusichern, bräuchte es eine aktive Bodenschutz- und Raumordnungspolitik, die jedoch auch wohnungspolitische Ziele – leistbarer Wohnraum für eine wachsende Bevölkerung – ernstnimmt“, schreiben die Autor:innen.
Durch eine weiter voranschreitende Bodenversiegelung wird auch die Ackerfläche immer knapper. 2.000 bis 3.000 Quadratmeter sind pro Person notwendig, um ausreichend Lebensmittel pro Kopf zur Verfügung stellen zu können. Jedoch hat jeder Mensch in Österreich nur mehr 1.500 Quadratmeter zu Verfügung. Von Autonomität sind wir daher bereits jetzt ein ganzes Stück entfernt.
Vor einigen Jahrzehnten, in den 1960er Jahren, hatte sich die österreichische Politik noch zum Ziel gesetzt, die Bevölkerung mit den eigenen Äckern und Feldern dauerhaft und umfangreich ernähren zu können. Ob wir uns in Zukunft wieder in diese Richtung bewegen werden? Kürzlich lud Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) zur Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK). Geladen waren Vertreter:innen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialpartnern. „Anstatt wirksame Maßnahmen zu beschließen schafft die Politik wieder nur neue Arbeitsgruppen und oberflächliche Absichtserklärungen. An Strategien und Maßnahmenkatalogen hat Österreich mehr als genug, was fehlt, ist die Verbindlichkeit und damit die konsequente Umsetzung“, sagt Schachinger.