Viele Kommunen werben damit derzeit für die Digitalisierung in den Städten. Allzu oft sind das aber vor allem schöne Worte, hinter denen eine gute Marketingstrategie, aber kaum eine Verbesserung für die Menschen steckt. Die deutsche Stadt Karlsruhe etwa bietet eine schnelle elektronische Anmeldung für einen Kindergartenplatz an. Über 50 Prozent der Kinder finden aber gar keinen Platz – nun wissen das Eltern nur etwas schneller.
„Firmen wollen uns erklären, dass die Digitalisierung der wichtigste Aspekt einer smarten Stadt ist. In dieser Darstellung zeigen die Konzerne den Städten, wo es langgeht. Technologiefolgen und soziale Aspekte kommen dabei oft zu kurz“, kritisierte AK-Experte Thomas Ritt.
Technologie oder Politik?
Viele Konzepte laufen darauf hinaus, dass Firmen die Infrastruktur der Städte kontrollieren wollen. „Es gibt noch viele offene Fragen, etwa was monetäre und politische Konsequenzen oder den Datenschutz angeht. Ob eine nachhaltige Stadt überhaupt neue Technologien braucht oder eher auf politische Lösungen setzen sollte, ist ebenfalls zu diskutieren“, so Ritt. Im Smart-City-Konzept der Stadt Wien zeigt sich, anders als in den meisten anderen Städten, ein klarer Anspruch auf ein Stadtentwicklungskonzept, das die Menschen mitnimmt. Aber dennoch besteht die Gefahr, dass die Technik dominiert und das Soziale in den Hintergrund gerät. Gerade durch die Digitalisierung der Stadt könnten große Gruppen schon durch technologische Wissenshürden ausgegrenzt werden.
Menschen einbeziehen
Ein weiteres großes Defizit bei Smart- City-Konzepten besteht in der mangelnden Einbeziehung der Menschen vor Ort. „In jedem Viertel einer Stadt gibt es lokales Wissen, das die zentrale Verwaltung nicht besitzt“, meint dazu die US-Soziologin Saskia Sassen. „Ein smartes System muss die Menschen einbeziehen.“ Die Technik dürfe NutzerInnen nicht zu bloßem Klickvieh degradieren, das Know-how der Menschen müsse berücksichtigt werden. „Das System weiß nichts darüber, was die User mit an den Tisch bringen“, kritisiert Sassen.
Digitale Vernetzung zwischen den BewohnerInnen mag gut klingen, doch welche Programme sind dafür nötig, wie viel kosten sie und welchen Interessen dienen sie, Stichwort Datennutzung? Somit bringt die Smart City auch Herausforderungen im KonsumentInnenschutz mit sich. US-Soziologin Sassen skizziert ihre Vorstellung: „Meine Smart City besteht aus Open-Source-Nachbarschaften, die dieses Wissen verfügbar machen und den Bewohnern gleichzeitig die Möglichkeit geben, sich einzubringen.“ Eine einheitliche Definition von Smart City gibt es übrigens nicht.
Sozial ist smart
Die Ansätze und Strategien, die verfolgt werden, sind unterschiedlich, doch der Grundtenor lautet: Um zukunftsfähig zu sein, müssen Städte smarte Konzepte entwickeln. Zu den Eckpfeilern gehören meist Energie- und Ressourceneffizienz, moderne Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), intelligente Vernetzung, Mobilität und Governance.
Die AK fordert für Wien: Es muss von Anfang an mehr Bürgerbeteiligung geben, damit alle etwas vom smarten Wien haben. Dann könnte Wien in Europa ein Vorreiter für nachhaltige Stadtentwicklung sein. Nur eine soziale Stadt, die alle miteinbezieht, ist eine smarte Stadt. Bei der Einführung neuer Technologien muss der Nutzen für die Menschen im Vordergrund stehen.
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/17.
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