Microsoft 365: Big Brother nach Programm?

Inhalt

  1. Seite 1 - Die wunderbare Welt von Microsoft365?
  2. Seite 2 - Kl an allen Fronten
  3. Seite 3 - Gesetzestreue? Nicht immer
  4. Auf einer Seite lesen >
Teams, OneDrive, Planner: Microsoft 365 ist längst ein Schlaraffenland für App-Liebhaber:innen abseits von Excel und Word. Mit Microsoft 365 Copilot kommt jetzt künstliche Intelligenz ins Spiel. Der Haken: Die Apps sind ziemlich neugierig und machen Betriebsrät:innen viel Arbeit.

Der Versuchung einen Riegel vorschieben

Keine einfache Angelegenheit, bei Microsoft 365 den Überblick zu bewahren: Durch ständige Änderungen und Innovationen ist es schwierig, eine Betriebsvereinbarung auf dem neuesten Stand zu halten. Die Möglichkeiten, die Microsoft Teams bietet, wurden nicht zuletzt während der Corona-Pandemie massiv erweitert. Teams ist mittlerweile weit mehr als bloß ein Tool für Videokonferenzen. Es ermöglicht die Auswertung von Online-Meetings und kann dabei unter anderem die Dauer der Redebeiträge protokollieren – neue Möglichkeiten, von denen auch Vorgesetzte selten wissen.

Der Betriebsrat sollte bei der Einführung von KI-Systemen
möglichst frühzeitig eingebunden werden. 

Sebastian Klocker, Datenschutzexperte

Und weil sie viele dieser Möglichkeiten nicht kennen, wollen sie deren Nutzung auch datenschutzrechtlich nicht regeln, nach dem Motto: „Was wollen wir da regeln? Die Funktion wird ja nicht genutzt!“ So einfach ist das nicht. Damit allen Versuchungen ein Riegel vorgeschoben wird, meint Fritsch, müsse in der Betriebsvereinbarung formuliert werden, diese Daten nicht zu verwenden. Im Laufe der Zeit können sich nicht nur die App-Funktionen ändern, sondern auch die Arbeitsinhalte verschieben. Daher ist es sinnvoll, die Regeln immer wieder zu überprüfen. „Einmal im Jahr sollte man sich im Unternehmen zusammensetzen und evaluieren, ob die Betriebsvereinbarung nach wie vor passt“, so Clara Fritsch.

Ebenso wichtig: Speicherfristen, Zweckbindung und eine Folgenabschätzung in der Betriebsvereinbarung zu regeln. Auch Schulungen für Arbeitnehmer:innen, die klarmachen, was im Hintergrund von Microsoft 365 passiert, wären sinnvoll. Wie der Betriebsrat bei Microsoft 365 mitgestalten kann, erklärt Fritsch unter anderem in GPA-Workshops. Außerdem berät die GPA auch beim Erarbeiten einer maßgeschneiderten Betriebsvereinbarung. Fritsch betreut etwa ein Industrieunternehmen aus der Sicherheitstechnik, das international tätig ist. Eine Rahmenbetriebsvereinbarung zu Microsoft 365 ist in Deutschland bereits in Kraft, sie enthält viele Regelungen, die sich bewährt haben. Mithilfe der GPA wurden für Österreich relevante Punkte eingefügt und an die österreichische Gesetzgebung angepasst. 80 Seiten haben GPA und Betriebsrat gemeinsam durchgeackert, erinnert sich Fritsch.

Nicht immer gesetzestreu

Dabei ist unklar, was Microsoft detailliert mit dem riesigen Datenfluss macht. Offiziell entnimmt das Unternehmen nur Daten, um das sogenannte Nutzer:innen-Erlebnis zu optimieren. Dabei wird nicht immer um die gesetzlich vorgesehene Erlaubnis gefragt. Die erste Version des Rechtschreibprogramms von Word wurde beispielsweise in den USA einfach mitgetrackt, ohne dass Nutzer:innen dem zugestimmt hätten. Da aus den Geschäftsbedingungen und Verträgen mit den Kund:innen nicht klar ersichtlich ist, welche Daten seiner Kund:innen Microsoft 365 verwendet und wofür, verstößt die Software gegen die europäische Datenschutzgrundverordnung. Darüber ist sich die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden Deutschlands einig.

Microsoft Teams: Hilfreich, aber nicht ungefährlich für den Datenschutz. | © AdobeStock/Sai

Auch das niederländische Justizministerium hatte bereits 2019 rechtliche Bedenken: „Die sind aber damals durch Nachbesserungen von Microsoft ausgeräumt worden“, sagt Thomas Riesenecker von FORBA. Eine unerlaubte Verwendung oder Weitergabe von Firmendaten durch Microsoft würde, so glaubt er, dem Unternehmen mehr schaden als nutzen. „Es wäre für das Geschäftsmodell von Microsoft existenziell gefährdend, wenn kolportiert werden würde, sie hätten Zugriff auf Daten von fremden Unternehmen und würden diese für unlautere Zwecke verwenden.“

Drei Fragen zur Einführung von KI-System an …

… Sebastian Klocker, Datenschutzexperte und Leiter des neuen Kompetenzzentrums Arbeit und Technik im ÖGB

Das Kompetenzzentrum Arbeit und Technik (KAT) ist eine neue Initiative des ÖGB. Durch Grundlagenarbeit will es die Mitbestimmung der Arbeitnehmer:innen bei der Einführung von neuer betrieblicher Software unterstützen. Sebastian Klocker leitet das Kompetenzzentrum und berät Gewerkschaften bei Fragen zu Digitalisierung und Einführung von KI-Systemen.

1 / Was muss der Betriebsrat bei der Einführung von KI-Systemen beachten?

Der Betriebsrat sollte möglichst frühzeitig eingebunden werden. Ein Großteil dieser Systeme bedarf bei der Einführung der Zustimmung des Betriebsrats. Diese Prozesse gestalten sich oft sehr komplex. Das betrifft ethische Fragen, Datenschutz und rechtliche Rahmenbedingungen ebenso wie die Frage der Qualifizierung von Beschäftigten und die Auswirkungen auf deren Arbeitsplätze.

2 / Wie unterstützt das Kompetenzzentrum Arbeit und Technik (KAT) dabei?

Das KAT begleitet diese Prozesse durch kontinuierliche Grundlagenarbeit und steht den Gewerkschaften mit Rat und Tat zur Seite. Die Gewerkschaften beraten dann Betriebsrät:innen.

3 / Welche Schwerpunkte stehen im KAT an?

Neben der betrieblichen Mitbestimmung wird zukünftig ein Schwerpunkt auf Beschäftigtendatenschutz liegen. Es geht aber auch um Austausch und Vernetzung zwischen Gewerkschaften und Arbeiterkammern im Bereich Datenschutz und Digitalisierung.

Kontakt sebastian.klocker@oegb.at

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