Microsoft 365: Big Brother nach Programm?

In TV-Geräten unterschiedlicher Größe sind Katzen zu sehen. Sie sehen den Betrachter des Bildes direkt an. Symbolbild für die Überwachung durch Microsoft.
Alle Augen auf die Arbeitnehmer:innen: Die Apps der Microsoftwelt halten Betriebsrät:innen auf Trab. | © Markus Zahradnik

Inhalt

  1. Seite 1 - Die wunderbare Welt von Microsoft365?
  2. Seite 2 - Kl an allen Fronten
  3. Seite 3 - Gesetzestreue? Nicht immer
  4. Auf einer Seite lesen >
Teams, OneDrive, Planner: Microsoft 365 ist längst ein Schlaraffenland für App-Liebhaber:innen abseits von Excel und Word. Mit Microsoft 365 Copilot kommt jetzt künstliche Intelligenz ins Spiel. Der Haken: Die Apps sind ziemlich neugierig und machen Betriebsrät:innen viel Arbeit.
Am 16. März 2020 ging es in den IT-Abteilungen vieler Betriebe heiß her. Die Bundesregierung hatte nur drei Tage vorher einen Lockdown ausgerufen, Wohnzimmer und Küchen wurden plötzlich zu Arbeitsstätten, doch digitale Lösungen dafür schienen alles andere als alltäglich. Da kam Microsoft 365 als Rundum-Wohlfühl-Paket wie gerufen – und blieb. Die Software ist übersichtlich, durchdacht und in der Regel einfach zu bedienen. Für Unternehmen bietet das den großen Vorteil, dass die Wartung der Software relativ wenig Aufwand erzeugt. Außerdem stellt Microsoft für jedes Paket regelmäßig Updates und Verbesserungen zur Verfügung. Doch Microsoft 365 hat einen Nachteil: Das Potential zur Überwachung ist groß.

Tiefe Blicke in personenbezogene Daten

Entwickelt aus Microsoft Office, beinhaltet Microsoft 365 außer Programm-Klassikern wie Word, Excel, Outlook oder PowerPoint nun unter anderem auch Teams, Planner, OneDrive und diverse Security-Apps rund um die Bezeichnung „Purview“ – kurz: eine unüberschaubare Anzahl an Apps. Als Gesamtpakete werden sie etwa für die Zielgruppen Studierende, Familien, Kleinunternehmen und Großunternehmen verkauft. Selbst wenn nur Teile davon benötigt werden, finden sich stets weitere Apps und zusätzliche Funktionen mit im Paket. „Microsoft 365 bietet zahlreiche Schnittstellen und ist mit vielen Systemen kompatibel“, sagt Clara Fritsch. Sie arbeitet als Expertin in der Abteilung Arbeit und Technik der Gewerkschaft GPA und hat die Broschüre „Die wunderbare Welt von Microsoft – und wie der Betriebsrat sie mitgestalten kann“ verfasst. Rund 400 Millionen Abonnent:innen nutzen Microsoft 365 weltweit. Die Anwendungen sind cloudbasiert, die Komponenten der IT-Infrastruktur werden in ein Netzwerk von physischen und virtuellen Servern verlagert.

Porträt Thomas Riesenecker. Er sieht die Überwachung durch Microsoft 365 kritisch.
„Eine Besonderheit der Cloudtechnologie ist, dass viele nicht wissen, wie das Produkt nächste Woche aussieht. Das stellt Unternehmen vor Herausforderungen“, so Thomas Riesenecker von FORBA. | © Markus Zahradnik

Neben der Software, die ein Unternehmen für seine Aufgaben tatsächlich benötigt, ergeben sich durch die Nutzung von Microsoft 365 eine Reihe von Verhaltens- und Leistungsdaten. Sie wurden im Paket mit eingekauft und stehen der Firma damit auch zur Verfügung. Da kann es bisweilen technisch oder aus Sicherheitsgründen durchaus sinnvoll sein, tiefer zu blicken und personenbezogene Daten zu verifizieren. Wenn etwa manche Arbeitnehmer:innen im Homeoffice öfters aus der Leitung fallen, müssen vielleicht Netzkapazitäten ausgebaut werden. Taucht ein Virus auf, ist es wichtig herauszufinden, auf welchem Gerät sich das Virus eingenistet hat.

Doch gerade bei personenbezogenen Daten, dazu zählen auch die IP-Adresse des PC und sämtlicher mobilen Geräte, müssen Grenzen gezogen werden. „Auszuwerten, wer im letzten Monat den Laptop erst nach 9 Uhr aufgedreht hat, um die Pünktlichkeit oder die Arbeitsleistung zu kontrollieren, sollte ein No-Go sein“, macht Clara Fritsch deutlich. „Ein derart komplexes und umfassend zur Überwachung der Beschäftigten geeignetes System wie Microsoft 365 muss natürlich mit einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Das ist im Arbeitsverfassungsgesetz festgeschrieben.“

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