Berufslenker:innen: Schlechte Arbeitsbedingungen auf Rädern

Eine Frau trägt eine Sicherheitsweste und sitzt am Steuer eines LKWs. Symbolbild für die schlechten Arbeitsbedingungen von Berufslenker:innen.
Die Zahlen der offenen Stellen für Beruflenker:innen steigt: Sind die schlechten Arbeitsbedingungen schuld? | © Adobestock/troyanphoto
Viele tausende LKW-Fahrer:innen sorgen täglich dafür, dass es uns an nichts fehlt. Quer durch ganz Österreich transportieren sie die unterschiedlichsten Waren, doch ihre Arbeitsbedingungen sind schlecht. So kann es nicht weitergehen, sagen Arbeiterkammer und Gewerkschaft vida.
Genau 682 Kilometer liegen zwischen Feldkirch im Westen und Laa an der Thaya im Nordosten Österreichs. Einmal quer durch die ganze Republik: Vorbei an Innsbruck, über das deutsche Eck, Salzburg hinter sich lassend, am Mondsee entlang, den Attersee am Nordrand grenzend, Linz und St. Pölten streifend, durch das Weinviertel durch, bis an die Grenze zur Tschechischen Republik. Landschaftlich hat diese Fahrt einiges zu bieten, doch für Berufslenker:innen zählt weniger die Landschaft, sondern vielmehr der Transport der Ware und, dass diese rechtzeitig das Ziel erreicht.

Berufslenker:innen: Lebensnotwendige Helfer:innen

Das Beispiel ist zwar fiktiv, doch es zeigt, wie weitläufig das „kleine“ Österreich ist und wo der Job des:der Fernfahrer:in überall hinführen kann. In Summe können hierzulande 2.249 Kilometer an Autobahn und Schnellstraßen befahren werden. Das bedeutet auch, dass sich Österreich mit dieser Länge 50 Prozent über dem EU-Schnitt befindet.

LKW-Lenker:innen haben immer im Hinterkopf,
dass sie Tonnen von Ladung transportieren und
diese an die Kunden ausgeliefert werden müssen.
Deshalb können viele nicht abschalten und somit fehlt
die wichtige Freizeit- und Erholungsphase.

Alfred Spiegl, Fachbereichssekretariat Straße in Gewerkschaft vida

LKW-Fahrer:innen kennen die Straßen dabei so gut wie kaum eine andere Gruppe. Tagtäglich bringen sie alle lebensnotwendigen Dinge in die Supermärkte und Apotheken, beliefern Industrieunternehmen oder transportieren Gefahrengut. Dabei kommen viele nationale und internationale Fahrer:innen oft einen ganzen Monat nicht nachhause, da sie dauernd auf Achse sein müssen. Denn die Autobahnen enden schließlich nicht an der Grenze und die Transporte genauso wenig.

Parken nicht möglich!

Laut einem Bericht der Internationalen Straßentransport Union (IRU) fehlen in der Europäischen Union aktuell 600.000 Kraftfahrer:innen. Die WKO gibt an, dass im Jahr 2021 mindestens 8.000 Berufslenker:innen-Stellen in Österreich zu besetzen waren, um der Transportnachfrage gerecht werden zu können. Die Tendenz an fehlenden Fahrer:innen ist außerdem steigend. Denn der Beruf des:der LKW-Fahrer:in ist für viele Menschen nicht attraktiv.

LKWs auf einem Stellplatz. Symbolbild für die mangelnden Stellplätze für LKWs.
Nicht alle Fahrer:innen finden immer einen Platz, um stehenzubleiben und sich auszuruhen. | © Adobestock/Animaflora PicsStock

Es mangelt dabei an unterschiedlichen Stellen. Beispielsweise fehlen in Österreich 3.000 LKW-Stellflächen an den Autobahnen. Also finden nicht alle Fahrer:innen immer einen Platz, um stehenzubleiben und sich auszuruhen. „Unserer Einschätzung nach sind die ‚Hotpots‘ die A1, A2, A4 und die A 10“, sagt Stefanie Pressinger, Mitarbeiterin der Abteilung Umwelt und Verkehr der Arbeiterkammer Wien. Doch bei grenzüberschreitendem Warenverkehr sind viele Lenker:innen gezwungen, auf den Rastanlagen zu übernachten und haben keine Chance, nach Dienstende wieder zu Hause zu sein.

Fehlende Freizeit und Erholung

Neben dem Suchen nach einem Stehplatz ist das fristgerechte Liefern der Ware sehr belastend. „LKW-Lenker:innen haben immer im Hinterkopf, dass sie Tonnen von Ladung transportieren und diese an die Kunden ausgeliefert werden müssen. Deshalb können viele nicht abschalten und somit fehlt die wichtige Freizeit- und Erholungsphase“, fasst Alfred Spiegl, Fachbereichssekretariat Straße in Gewerkschaft vida, einen zentralen Punkt zusammen.

Daher sind es die planbaren Pausen, die Spiegl als einen wichtigen Bestandteil in der Arbeit der Berufslenker:innen sieht, denn nur ausgeruhte Berufslenker:innen können sicher unterwegs sein. „Wenn man etwas außer einem Stau planen kann, dann soll es die Freizeit sein“ meint Spiegl und spricht dabei einen weiteren Stressfaktor an. Denn Staus kommen und gehen und können nur schwer vorhergesehen werden.

„Da verwundert es nicht, dass der Beruf nicht mehr attraktiv erscheint.“

Mit dem Beladen des LKWs, dem Ausliefern an die Kunden und den Ruhepausen kann ein Arbeitstag bis zu 15 Stunden dauern und der Druck ist immer groß. Deshalb, so Arbeiterkammer und Gewerkschaft vida, braucht es für die Fahrer:innen deutliche Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen. „Für die Beschäftigten braucht es mehr Sicherheit, mehr langfristige Planbarkeit, mehr Möglichkeiten, Beruf und Familie vereinbaren zu können, mehr Anerkennung und vor allem höhere Entlohnung“, so Pressinger von der AK.

Und auch entlang der Autobahnen sind viele Verbesserungen notwendig, denn neben den 3.000 fehlenden Stehflächen sind saubere und kostenlose Sanitäranlagen nicht ausreichend vorhanden. Kostenloses WLAN auf den Rastplätzen und in den Fahrer:innenkabinen fehlt oft genauso, wie Kochmöglichkeiten, Waschmaschinen zum Reinigen der Kleidung oder Beleuchtung und Videoüberwachung auf den Parkplätzen, um die Sicherheit zu erhöhen. „Da verwundert es nicht, dass der Beruf nicht mehr attraktiv erscheint. Wir müssen daher die Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Kapitäne der Straße dringend verbessern“, so Spiegl von der Gewerkschaft vida.

Zusätzlich regen AK und vida an, ein „Spezialmenü“ zu einem erschwinglichen Preis für die Fahrer:innen auf den Autobahnraststätten einzuführen oder auch durch regelmäßige Kontrollen auf Rastanlagen, illegales Parken zu verhindern. Denn damit können die ohnehin knappen Stellflächen für die LKWs freigehalten werden. Sollten diese Verbesserungsvorschläge umgesetzt werden, dann bestünde eine gute Möglichkeit, den Mangel an Berufslenker:innen zu reduzieren.

Über den/die Autor:in

Stefan Mayer

Stefan Mayer arbeitete viele Jahre in der Privatwirtschaft, ehe er mit Anfang 30 Geschichte und Politikwissenschaft zu studieren begann. Er schreibt für unterschiedliche Publikationen in den Bereichen Wirtschaft, Politik und Sport.

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