Nachteile für Mieter:innen
Befristete Mietverträge haben für Mieter:innen fast ausschließlich Nachteile, während die Vermieter:innenseite dadurch ordentliche Profite machen kann. Eine Befristung bringt für Mieter:innen enorme Rechtsunsicherheit und weniger Mieterschutz, sie verteuert die Wohnkosten und kann zu Umzügen führen. Diese sind nicht nur kostspielig, sondern können auch das soziale Umfeld plötzlich komplett verändern. Unfreiwillige Umzüge sind insbesondere für Familien mit Kindern oftmals eine Tragik, da die Kinder aus ihrem Umfeld und den sozialen Netzen gerissen werden. Und für die Erwachsenen kann ein Umzug einen weiteren Weg zur Arbeit bedeuten.
„Sehr oft werden Befristungen zum Lukrieren von „windfall-profits“ benutzt“, sagt Walter Rosifka, Leiter des Teams Wohnen der AK-Wien. Bei „windfall-profits“ handelt es sich prinzipiell um einen unvorhergesehenen und nicht auf eigener Leistung basierender Gewinn, doch man kann einen solchen Gewinn bewusst herbeiführen. Rosifka, der Experte für Wohnungspolitik und Wohnrecht ist, hat dafür ein Beispiel: „Bei Ablauf der Mietdauer wird der/die Mieter:in vor die Wahl gestellt: Entweder er muss mit seiner Familie die Wohnung und meist auch die gewohnte Wohnumgebung aufgeben oder er stimmt einer Verlängerung des Mietvertrages zu einem um beispielsweise 20 Prozent höheren Mietzins zu. Der/Die Mieter:in soll also dem oder der Vermieter:in mehr Leistung erbringen, obwohl der Vermieter keinerlei Mehrleistung erbringt.“
Im Recht und trotzdem erpressbar
Befristete Mietverträge können als Druckmittel auf Mieter:innen verwendet werden und das passiert auch regelmäßig. Zumeist sind die Verträge auf drei Jahre befristet und müssen danach regelmäßig verlängert werden. Sollte sich der/die Vermieter:in nicht bei dem/der Mieter:in nach Ablauf des endenden Vertrags melden, verlängert sich der Vertrag erneut um drei weitere Jahre. Sollte danach erneut keine Rückmeldung von Vermieter:innenseite kommen, dann gilt der Vertrag als unbefristet. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass das so geschieht.
Diese für Vermieter:innen sehr entgegenkommende Regelung wurde 2001 durch die erste Schwarz-Blaue-Regierung beschlossen und gilt seit über 20 Jahren unverändert zum Nachteil der Mieter:innen. Ein weiteres Problem: Sollte man einen neuen Mietvertrag auf weitere drei Jahre bekommen, so wird der Mietzins oft ebenfalls angepasst und die Wohnung dadurch teurer. Denn im Gegensatz zu unbefristeten Mietverträgen kann der Mietzins bei jeder Verlängerung, oder auch Neuvermietung, individuell angepasst werden. „Ja, es gibt einen Zusammenhang zwischen befristeten Mietverträgen und hohen Mietpreisen. Das wurde bereits empirisch untersucht“, sagt Rosifka.
Recht auf Mietzinsüberprüfung
Als Mieter:in habe ich jedoch nur bei vor 1945 errichteten Altbauwohnungen das Recht auf eine Mietzinsüberprüfung. Also der Überprüfung, ob die Miete, die ich zahle, die gesetzliche Obergrenze (= idR Richtwertmietzins) nicht übersteigt. Die Entscheidung der Schlichtungsstellen fällt oft zugunsten der Mieter:innen aus, jedenfalls in durchschnittlichen Lagen in der Stadt. Speziell im Altbau gibt es aber eine Mehrheit an befristeten Mietverträgen und die meisten davon mit überhöhten Mieten.
Die Befristung ist auch hier wieder das große Problem. Wenn einem die Schlichtungsstelle Recht gibt und man Geld zurückbekommt, da man zu viel Miete bezahlt hatte, dann ist eine gute Sache. Wenn dem/der Mieter:in von dem/der Vermieter:in jedoch danach keine Vertragsverlängerung angeboten wird, kann man allerdings plötzlich auf der Straße sitzen. Obwohl man im Recht ist, befindet man sich in einer erpressbaren Lage. Aber das Geld ist nicht verloren. „Binnen sechs Monaten nach Auflösung des befristeten Vertrages kann man noch ein Verfahren zur Überprüfung des Hauptmietzins beginnen“, betont Rosifka von der AK. Was bedeutet, auch wenn ich erst in ein paar Jahren einen Umzug plane, ist es mir möglich, danach die zu viel bezahlte Miete zurückzuholen.
Gegen „Betongold“ vorgehen
Die AK und die Gewerkschaften verlangen bereits viele Jahre eine Abschaffung von befristeten Mietverträgen. Dazu müsste man das Mietrechtsgesetz (MRG) überarbeiten. „Ja, es braucht eine gesetzliche Maßnahme zur Änderung des Mietrechtsgesetzes“, meint Rosifka. Die AK fordert jedoch eine Differenzierung. Juristischen Personen, also Immobilienkonzerne und nicht-gemeinnützige Bauträger, sollen ihre Wohnungen nicht mehr befristet anbieten dürfen. Natürliche Personen sollen immerhin ein eingeschränktes Recht haben, eine ihrer Wohnungen befristet vermieten zu dürfen. Durch unbefristete Mietverträge könnte man jedenfalls Wohnungen und Immobilien als Spekulationsobjekte verhindern. Und die großen Konzerne hätten keine Chance mehr, auf den Rücken der Mieter:innen „Betongold“ anzuhäufen. Als Mieter:in hätte man dagegen nur Vorteile: ein stabiler, langfristig vorhersehbarer Mietzins, der nicht, wie jetzt, bei einer Verlängerung beliebig angehoben wird und das gewohnte soziale Umfeld, aus dem man nicht binnen kürzester Zeit verdrängt werden kann, sind nur zwei davon.