Die Regierung versucht, die AK als starke Stimme der Beschäftigten zu schwächen. Umso wichtiger sind die bevorstehenden AK-Wahlen, bei denen die ArbeitnehmerInnen der Kammer den Rücken stärken können. In den Wahlbüros laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, damit die Mitglieder von ihrem Wahlrecht auch Gebrauch machen können.
Autor:in – Sonja Fercher
Sonja Fercher ist freie Journalistin und Moderatorin. Für ihre Coverstory im A&W Printmagazin zum Thema Start-ups erhielt sie im Juni 2018 den Journalistenpreis von Techno-Z. Sie hat in zahlreichen Medien publiziert, unter anderem in Die Zeit, Die Presse und Der Standard. Von 2002 bis 2008 war sie Politik-Redakteurin bei derStandard.at. Für ihren Blog über die französische Präsidentschaftswahl wurde sie im Jahr 2008 mit dem CNN Journalist Award - Europe ausgezeichnet.
Noch kaum eine österreichische Regierung hat so klar erkennen lassen, dass sie den Wünschen der Wirtschaft uneingeschränkt nachkommen möchte, wie es bei Türkis-Blau der Fall ist. Auch hat noch keine so klar durchscheinen lassen, dass sie dafür auch bereit ist, eine Politik auf Kosten von Beschäftigten, sozial Schwachen und Armen zu machen.
In Favoriten nahm die österreichische ArbeiterInnenbewegung ihren Ausgang. Ihre Spuren findet man bis heute. Sie legen davon Zeugnis ab, wie viel Menschen erreichen können, wenn sie sich zusammenschließen, um für ihre Rechte zu kämpfen. Ein Spaziergang durch Geschichte und Gegenwart.
Diesmal ist es anders, meinte der Schriftsteller Doron Rabinovici kürzlich in einer Rede bei der Donnerstagsdemonstration in Wien. Er bezog sich damit auf die Demos, die um die Jahrtausendwende zum ersten Mal stattfanden und von denen ein starkes Zeichen gegen die Koalition zwischen ÖVP und FPÖ ausging.
Nicht erst seit Fake News und der Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse durch einen US-Präsidenten gibt es das Phänomen der Wissenschaftsfeindlichkeit.
Sonja Fercher
Chefredakteurin
Arbeit & Wirtschaft
s ist paradox: Obwohl sich unsere Gesellschaft immer mehr zu einer Wissensgesellschaft entwickelt, sind wir mit einer neuen Welle der Wissenschaftsfeindlichkeit konfrontiert. Aber vielleicht ist es sogar logisch, dass die beiden Phänomene Hand in Hand gehen. Es ist zweifellos schwieriger und anstrengender geworden, sich in dem riesigen Dschungel von Informationen und Quellen zu orientieren.
Ökonomisierung
Diese Entwicklung fällt erstens zusammen mit einer zunehmenden Ökonomisierung der Gesellschaft, zweitens mit einer noch weiter zugespitzten Mediatisierung, in der es mehr um knackige Schlagzeilen und Personen denn um Inhalte geht, während der Qualitätsjournalismus weiterhin in einer Finanzierungskrise steckt.
Dazu kommt, dass so manche Autoritäten ins Wanken geraten sind – und das ist nicht von vornherein schlecht. So üben auch wir in der A&W immer wieder Kritik an einseitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, versuchen andere Perspektiven aufzuzeigen und weisen auf blinde Flecken hin, die wir im Mainstream ausmachen. Weiters ist die Ökonomisierung der Wissenschaft eine große Herausforderung: Wer kann sich noch darauf verlassen, dass Ergebnisse von Studien auch wirklich objektiv sind und nicht von den Auftraggebern beeinflusst, die sie finanzieren?
Was, wenn der Kampf um Drittmittel dazu führt, dass WissenschafterInnen an Universitäten ihre Forschung danach richten, was finanzierbar ist, und nicht danach, ob eine wichtige Erkenntnis daraus erwachsen könnte. Wenn Studienpläne nur noch darauf ausgerichtet sind, möglichst schnell fertig zu werden, und nicht darauf, dass Studierende zunächst ihren Kopf weit aufmachen, bevor sie in den beruflichen Alltag eintauchen. Wenn Medien Studien unhinterfragt weiterverbreiten, sich JournalistInnen nicht die Zeit nehmen (oder sie ihnen nicht gegeben wird), um Financiers und Ergebnisse kritisch zu hinterfragen. Wenn gesellschaftliche Diskussionen nur noch an der Oberfläche geführt werden, statt sie in die Tiefe zu führen.
Kein schmaler Grat
All dies lässt Vorwürfe und auch Skepsis gegenüber der Wissenschaft berechtigt erscheinen. Jedenfalls erklärt es, warum auch so manche Wissenschaftsleugnung auf fruchtbaren Boden fällt. Doch liegt zwischen der Wissenschaftskritik und der Leugnung wissenschaftlicher Erkenntnisse wirklich nur ein schmaler Grat? Ist Wissenschaft wirklich beliebig? Die Antwort lautet eindeutig: Nein! Denn allen Fehlentwicklungen zum Trotz gelten in der Wissenschaft strenge Regeln. Aber es ist mehr Vorsicht gefragt. Man sollte etwa bei der Auswahl von Quellen Vorsicht walten lassen. Es gibt inzwischen im Internet mehrere Tipps, wie man Falschnachrichten auf die Spur kommen kann (z. B. unter www.mimikama.at). Umso wichtiger wäre es daher, jungen Menschen schon in der Schule Möglichkeiten zu vermitteln, wie sie sich diesbezüglich zurechtfinden können.
Hehre Wünsche
Leider sind das momentan hehre Wünsche, denn in Österreich befinden sich gerade zwei Parteien mitten in den Koalitionsverhandlungen, von denen VertreterInnen durchaus durch das Leugnen von Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgefallen sind. Zudem sind in ihrem Umfeld private Forschungsinstitutionen tätig, die vermeintlich objektive Erkenntnisse verbreiten, um damit ihre Angriffe auf den Sozialstaat und die Sozialpartnerschaft zu begründen. Umso wichtiger wird es sein, dass gerade Gewerkschaften und Arbeiterkammern einen starken Gegenpol bilden. Wir werden uns in der A&W weiter darum bemühen, unseren LeserInnen Fakten und Zusammenhänge aus der Sozial- und Wirtschaftspolitik näherzubringen.
Der Einheitswert wurde reformiert, doch ExpertInnen bezweifeln, dass der Agrarsektor nun einen realistischeren Steuerbeitrag leistet.
Sonja Fercher
Chefredakteurin
Arbeit & Wirtschaft
anches Mal fragt man sich, ob man sich nicht eigentlich im Marchfeld befindet, wenn man riesigen Traktoren oder anderen Landmaschinen dabei zusieht, wie sie sich durch enge Bergdörfer quälen. Es verwundert schon, wenn man ihnen in Gegenden begegnet, in denen es nur kleine Äcker gibt. „Und das alles aus unserem Steuergeld bezahlt“, lautet dann ein schneller Reflex. Doch wie so oft ist die Wahrheit auch in der Landwirtschaft komplizierter, als es verbreitete Vorurteile suggerieren – so wahr einige auch sein mögen.
Drastische Unterschiede
So klein Österreich auch sein mag, allein schon wegen der Topografie gibt es massive Unterschiede zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben. Um es anhand eines Vergleichs zu veranschaulichen: Das unterste Viertel der Betriebe im österreichischen Querschnitt schrieb Verluste, das oberste Viertel hatte ein Pro-Kopf-Einkommen von 51.201 Euro. Den Fakten zum Trotz wird weiterhin Landwirtschaftspolitik betrieben, als wären alle LandwirtInnen in einer ähnlich schwierigen Situation.
Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Viele BäuerInnen leisten in der Tat Schwer(st)arbeit und kämpfen um ihr wirtschaftliches Überleben. Aber eben nicht alle. Doch leider hat man den Eindruck, dass es unmöglich ist, eine sachliche Diskussion über die Landwirtschaft zu führen. Allzu schnell gehen die Wogen hoch. Dabei ist es völlig unverständlich, dass große LandwirtInnen von Begünstigungen profitieren, die für jene Betriebe sinnvoll sind, die tatsächlich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken. Noch viel unverständlicher ist, dass von vielen Förderungen die Großen überhaupt am meisten profitieren. Wenn Betriebe keine Hagelversicherungen abschließen, aber wenn es dann tatsächlich hagelt, nach dem Staat rufen, liegt etwas gewaltig im Argen.
Gewaltig schief läuft es jedenfalls im Steuersystem, von dem LandwirtInnen profitieren. Der beharrliche Widerstand gegen die Anpassung der Einheitswerte an ein realistischeres Niveau sorgte sogar für einen riesigen Schritt in Richtung Ungleichheit des österreichischen Steuersystems, nämlich die Abschaffung von Vermögens- und Erbschaftssteuern. Groß wurde angekündigt, dass die Einheitswerte nun nach vielen Jahren – konkret seit 1989 – endlich angepasst würden. Die Realität hinkt dem aber weit hinterher. So bleibt weiterhin ein System bestehen, das sogar das Verfassungsgericht und der Rechnungshof als ungerecht eingestuft haben. Entlarvend ist dabei die Linie des Finanzministeriums: Einmal verteidigte es die Pauschalierungsregel mit Hinweis „auf die in der Land- und Forstwirtschaft bestehenden, mit anderen Wirtschaftsbereichen nicht vergleichbaren besonderen Verhältnisse“, einmal verwies es auf schlechte Ergebnisse in der Land- und Forstwirtschaft, einmal auf Schwierigkeiten aufgrund des EU-Beitritts, weshalb „eine stärkere steuerliche Erfassung nicht durchsetzbar gewesen sei“.
Verdeckte Karten
Nun könnte man klar und deutlich sagen, dass man den Agrarsektor pauschal fördern will. Darüber aber gibt es keinen Konsens. Die Folge: Statt mit offenen Karten zu spielen, werden kleine Betriebe missbraucht, um Steuervorteile von großen LandwirtInnen zu verteidigen. Ähnliches gilt für das Fördersystem. Deshalb wirft die Arbeiterkammer zu Recht immer wieder die Frage auf, ob in der Landwirtschaft wirklich eine Umverteilung von unten nach oben stattfinden soll, und drängt auf Reformen.
Wir leben in einem Solidarsystem, daher ist es nur allzu nachvollziehbar, dass ArbeitnehmerInnen erwarten, dass Zuwendungen an die Landwirtschaft nicht nach dem Gießkannenprinzip vergeben werden. Darüber muss man offen diskutieren können. Immerhin geht es um Steuergelder und darum, wie diese lukriert und verteilt werden. Steuergelder, die für dringend nötige Reformen gebraucht werden, von der Bildung über den Arbeitsmarkt bis hin zur Pflege. Und es geht darum, ob die Steuerlast zwischen den BürgerInnen fair verteilt ist.
Von Establishment über Gesinnungsterror bis Systemparteien: Begriffe von und über PopulistInnen.
Der Schmähbegriff Lügenpresse stößt auch außerhalb des rechten Milieus auf offene Ohren. Auf den Spuren seines Erfolgs.