Der deutsche Kanzler Helmut Schmidt und DDR-Staatschef Erich Honecker spazieren gemeinsam über einen Adventmarkt. Die romantische Altstadt ist festlich geschmückt, es duftet nach gebrannten Mandeln, Massen jubeln den beiden zu. Es war der 13. Dezember 1981 in Güstrow, einer kleinen Stadt südlich von Rostock in der damaligen DDR. Was Schmidt nicht mitbekommen hat: Die freundliche, bestens gelaunte Bevölkerung bestand aus 35.000 Sicherheitskräften des Ministeriums für Staatssicherheit und der Volkspolizei. Die Legende des Potemkinschen Dorfes, in der Feldmarschall Potemkin für eine Reise Katharinas der Großen nach Neurussland Kulissen aufstellen ließ, ist nie wirklich passiert. Aber sie wurde oft zum Vorbild, wie auch für Güstrow 1981. Oder vor gar nicht allzu langer Zeit: Der international gesuchte Wirecard-Vorstand Jan Marsalek soll Wirtschaftsprüfer mit Kulissen von Bankfilialen und Schauspieler*innen getäuscht haben.
Popularität um jeden Preis
Die Idee, den Mächtigen eine heile Welt vorzuspielen, ist alles andere als neu. Die umgekehrte Idee, dass die Mächtigen für ihr eigenes Volk Kulissen bauen, genauso wenig. Mitten in einer Pandemie Kulissen zu bauen – das ist allerdings noch nie da gewesen. Diese Kulissen brauchen nicht einmal Pappe und Farbe, es reichen schon Worte: „Das Licht am Ende des Tunnels“, „Wir haben alles richtig gemacht“, „Die Schulen sind sicher“ oder das „Kaufhaus Österreich“ sind nur ein paar aktuelle Beispiele. Bruno Kreisky soll einmal gesagt haben: „Popularität ist ein Kapital, das man unter Umständen auch investieren muss.“ Gemeint hat er damit, auch unpopuläre Entscheidungen treffen oder Nachrichten überbringen zu müssen. Die Bundesregierung folgt aber eher dem Motto: „Popularität ist ein Kapital, in das man unter ALLEN Umständen investieren muss.“ Was sie fleißig – wenn nicht am fleißigsten von all ihren Unternehmungen – macht und künftig noch viel fleißiger machen wird. 210 Millionen Euro für Public Relations will sich Türkis-Grün in den nächsten Jahren gönnen. Zum Vergleich: Das entspricht 800.000 Laptops für Schüler*innen. Oder Tausenden (staatlichen) Jobs für Langzeitarbeitslose. Ob die nicht eventuell auch gute Umfragewerte bringen würden?
In dieser Ausgabe
- Coverstory: Status quo vadis Arbeitswelt?
Was hat sich verändert? Betriebsrät*innen berichten - Hackler am Herd
Was haben das Sozialministerium, die Wiener Linien, die Knapp AG mit vielen anderen Unternehmen gemeinsam? Die Ansichten zwischen Beschäftigten und Management darüber, ob Homeoffice erlaubt, gewünscht oder gefördert wird, gehen auseinander. - Interview: Zu Hause ist es (nicht) am schönsten
Arbeitsrechtsexpertin Silvia Hruška-Frank im Interview - Interview: In der Kürze liegt die Würze
In der Kurzarbeit haben viele die positive Erfahrung gemacht, weniger zu arbeiten. Ein gutes Momentum für eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung, meint David Mum, Leiter der Grundlagenabteilung der Gewerkschaft GPA, im Interview. Wie viele Jobs könnten so geschaffen werden? - Und jeder tag ein bisschen Wahnsinn
Home-Schooling“, „Distance Learning“ oder doch „Mothers teaching“? Halbgeöffnete Schulen setzen Alleinerzieherinnen extrem unter Druck. Unsere Chefin vom Dienst, Anja Melzer, ist eine davon – und rechnet mit den (fehlenden) Maßnahmen ab. - Status quo vadis Arbeitswelt?
Was hat sich verändert? Betriebsrät*innen berichten - Wie kann eine Arbeitszeitverkürzung helfen?
Die „große Frage“ beantwortet von Jörg Flecker - Frauen und Prekäre zuerst
Über die Ignoranz gegenüber systemrelevanten Berufen - Der holprige Weg der COVID-19-Gesetze
Arbeitsrechtsprofessor Martin Gruber-Risak im Interview - Arbeitschaos im Lockdown
Risiken und Fallstricke im Homeoffice - Supersauber, supersicherp
Maßnahmen gegen Ansteckung im Betrieb im Überblick - Die Sorgen beschäftigter Eltern
Was fünf Betriebsrät*innen wahrnehmen - Kürzer arbeiten nach der Kurzarbeit?
Folgt auf die Kurzarbeit eine Arbeitszeitverkürzung? - Die große Abkoppelung
Produktivität, Lohn und Arbeitszeit laufen auseinander
Standards
- Weil Applaus allein zu wenig ist
Ein Beitrag zur Pflege auf dem A&W Blog - Der lange Weg zur 40-Stunden-Woche
Rückblick auf einen jahrzehntelangen Kampf - Zu guter Letzt
Jahresabschluss von Ingrid Reischl, leitende Sekretärin des ÖGB
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