Zwölf Länder, eine Währung | Vom Buchgeld zum Zahlungsmittel: Der Euro ist die neue Währung in 12 EU-Ländern

Kurze Geld- und Währungsgeschichte Österreichs in den letzten 100 Jahren

Im vergangenen 20. Jahrhundert hat Österreich viermal seine Währung geändert: das erste Mal 1925, als der Schilling die nur 32 Jahre alte Kronenwährung ersetzte, in einem Verhältnis von 10.000 zu 1. Vorangegangen war eine Hyperinflation, welche durch den Weltkrieg und den Zerfall der Habsburgermonarchie ausgelöst worden war und an deren Ende Geldvermögen weitgehend entwertet waren.

Nach dem Anschluss an Hitlerdeutschland ersetzte 1938 die Reichsmark den Schilling im Verhältnis 1:1,5. Dieser Währungswechsel wurde nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 im Verhältnis 1:1 rückgängig gemacht.

Seit Dezember 1945 ist der Schilling wieder die österreichische Währung gewesen – im Außenverhältnis 53 Jahre lang bis zum 31. 12. 1998, als gesetzliches Zahlungsmittel im österreichischen Bundesgebiet bis zur Einführung des Euro am 1. 1. 2002 (siehe Kasten: »Währungen in Österreich im 20. Jahrhundert«).

Die Währungs- und Geldgeschichte ist gleichermaßen ein Spiegelbild der politischen und wirtschaftlichen Geschichte Österreichs im 20. Jahrhundert. Die Währungsreform von 1925 war die Konsequenz eines politischen und wirtschaftlichen Zusammenbruches im Gefolge des Ersten Weltkriegs, von dem sich der gegen seinen Willen geschaffene Kleinstaat bis zu seinem vorläufigen Ende 1938 nicht wirklich erholt hat.

Der Verlust der Souveränität nach der gewaltsamen Annexion durch das nationalsozialistische Deutschland 1938 war mit dem Verlust der eigenen Währung verbunden, welche nach der Wiederherstellung der staatlichen Souveränität Österreichs mit einer Zeitverzögerung von sieben Monaten ebenfalls wieder eingeführt wurde.

Symbol des Wirtschaftswunders

Ähnlich wie die DM wurde auch der österreichische Schilling in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Symbol des Wirtschaftswunders, also einer bis dahin nie gekannten dauerhaften wirtschaftlichen Prosperität. Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen 1950 und 2000 real auf mehr als das Sechsfache, das durchschnittliche reale Lohneinkommen auf das 4,9fache (siehe Kasten: »Kaufkraft von 1.000 Schilling«). Wie aus diesem Kasten ersichtlich, ist die Kaufkraft des Schillings im Zeitraum von 1951 bis 2001 um 84 Prozent gesunken. Das sieht auf den ersten Blick viel aus, doch beträgt die daraus errechnete durchschnittliche jährliche Inflationsrate nur 3,7 Prozent.

Österreich war damit eines der preisstabilsten Länder unter den westlichen Industriestaaten, der Schilling neben der DM, dem Schweizer Franken, dem holländischen Gulden eine der wertbeständigsten Währungen, wertbeständiger als der US$, der französische Franc, von Währungen wie Lira und britischem Pfund gar nicht zu reden.

Die am 1. 1. 2002 erfolgte Währungsumstellung auf den Euro ist der für unser Land letzte Schritt auf dem Weg zur europäischen Währungsunion. Österreich hat bei seinem EU-Beitritt 1995 auch den Beitritt zur Währungsunion angestrebt und mit der Erfüllung der sogenannten »Maastricht-Kriterien« 1998 gemeinsam mit 10 anderen EU-Mitgliedsländern erreicht. Griechenland ist seit einem Jahr als 12. Land ebenfalls beim Euro mit dabei, draußen bleiben – aus unterschiedlichen Gründen – bis auf weiteres Schweden, Dänemark und Großbritannien.

Währungen in Österreich im 20. Jahrhundert

1 Krone zu 100 Heller
von 1892 bis 1924

1 Schilling (= 10.000 Kronen) zu 100 Groschen
von 1925 bis 25. 4. 1938

1 Reichsmark (= 1,50 Schilling) zu 100 Reichspfennig
vom 25. 4. 1938 bis 30. 11. 1945

1 Schilling (= 1 Reichsmark) zu 100 Groschen,
ab 30. 11. 1945

1 Euro (= 13,7603 Schilling) zu 100 Cent ab
1. 1. 1999 bzw. 1. 1. 2002

Die Schaffung der gemeinsamen europäischen Währung und die letztendliche Einführung dieses Geldes als gesetzliches Zahlungsmittel hat in Österreich keinerlei Ähnlichkeit zu einer »Währungsreform«, bei der nach Perioden rascher Geldentwertung die neue Währung eine alte ersetzt, die jedes Vertrauen eingebüßt hat. In dieser Hinsicht sind Unterschiede zwischen den einzelnen Teilnehmerländern der Währungsunion nicht übersehbar: Je höher die Inflation in den letzten Jahrzehnten war, umso stärker war eine Notwendigkeit zu einer Umstellung aus rein praktischen Gründen, da das Rechnen mit der Währung umso mühsamer ist, je mehr Nullen erforderlich werden. Aus diesem Grund ist es durchaus plausibel, dass die spontane Zustimmung der Bevölkerung zum Euro in Italien, Portugal, Spanien und Griechenland größer war als in Deutschland, Österreich oder Frankreich (siehe Kasten: »Umwechselkurse Euro-Landeswährung«).

Von der Schwierigkeit oder Leichtigkeit des Umrechnens her gesehen sind wir in Österreich in einer eher ungünstigen Position, da eine Rückrechnung in die alte Währung mit dem Faktor 14 (gerundet) – zumindest im Kopf – viel mühsamer ist als von der DM (1 Euro rund 2 DM) oder von der Lira (1 Euro rund 2000 Lire). Das sind historische Zufälligkeiten, die in der Genese des ECU, des Vorläufers des Euro als Buchgeld, begründet sind.

Die Schaffung der europäischen Einheitswährung ist ein entscheidender Schritt zur Herstellung eines einheitlichen Wirtschaftsniveaus, dieser wieder Teil des Weges zu einem gemeinsamen europäischen Bundesstaat. Dieser Schritt wird gesetzt nicht aufgrund einer Notlage nach einer wirtschaftlichen Katastrophe oder nach der inflationären Zerrüttung der Währung, sondern als frei entschiedene Maßnahme.

Währungsunion virtuell und real

Die Europäische Währungsunion besteht seit dem 1. 1. 1999, also seit drei Jahren. Während dieser Zeit waren die weiter im Umlauf befindlichen nationalen Währungen nur rechnerischer Ausdruck des Euro, der allein auf den internationalen Devisenmärkten gegen US$, Yen oder Schweizer Franken getauscht wurde. Für die Amerikaner oder Japaner gab es seit drei Jahren die DM oder andere im Euro aufgegangene Währungen nicht mehr, außer wenn sie als Touristen nach Deutschland kamen. Dennoch hat sich die Illusion, dass der Schilling unsere österreichische Währung im alten vor 1999 gültigen Verständnis ist, bis in die letzten Monate seiner Existenz als Zahlungsmittel hartnäckig behauptet.

Zwar finden sich auf dem Kurszettel der Wiener Börse und bei den übrigen Finanzmarktwerten seit 1999 keine Schillingwerte mehr. Auf den Kontoauszügen der Gehalts- und Girokonten ist der Saldo zusätzlich zum Schillingwert auch in Euro angegeben. Und trotz allem hat der Euro bis vor kurzem im Alltagsleben der meisten Menschen kaum eine Rolle gespielt. Die OeNB musste durch eine eindringliche Werbe- und Informationskampagne die Bevölkerung darauf aufmerksam machen und vorbereiten, dass die Währungsumstellung unmittelbar bevorsteht. Woher kommt dieses Festhalten an der gewohnten Währung?

Tief im Bewusstsein eingegraben …

Es kommt daher, dass der Wert des Geldes nicht absolut gegeben ist, sondern sich aus seiner Kaufkraft gegenüber den Waren und Dienstleistungen ergibt. Viele Maßstäbe sind tief im Bewusstsein eingegraben, wir sind uns deshalb ihrer nicht ständig bewusst, aktivieren sie aber nach Bedarf, um sie auf konkrete Sachverhalte anzuwenden: wie lang ein Meter ist, wie schwer ein Kilogramm, wie kalt – 3 Grad Celsius usf. Ebenso verhält es sich mit der Währung, dem Maßstab des Wertes von Gütern und Dienstleistungen, von Vermögen und Schulden. Was eine Sache »wert« ist, beurteilen wir meist ohne große Kopfrechenoperationen gefühlsmäßig-intuitiv aufgrund eines »inneren Maßstabs«.

Wer im Ausland etwas kauft, rechnet den Betrag in die Heimatwährung um, und auf dieser Basis wird die Entscheidung getroffen. Wenn nun 12 von 15 EU-Ländern mit Jahresbeginn 2002 zum Euro übergegangen sind, wird eine Zeit lang der Vorgang bei jeder Kaufentscheidung der gleiche sein: Es wird in Schilling zurückgerechnet und dann die Entscheidung getroffen. Und jeder Einzelne wird dies so lange tun, bis sie oder er im Euro dieselbe intuitive, gefühlsmäßige Sicherheit des Urteils erlangt hat, ob z. B. 1,10 e für eine bestimmte Zeitung oder 79 Cent für ein Viertel Butter einer bestimmten Marke angemessene Preise sind. Wenn man dieses Urteil in Bruchteilen einer Sekunde fällen kann, so wie wir jetzt beim Schillingpreis dazu in der Lage sind, dann hat man die Umstellung geschafft und kann die alte Währung vergessen.

Umwechselkurse Euro – Landeswährungen

1 Euro entspricht:

1,95583 DEM
40,3399 BEF
2,20371 NLG
1936,27 ITL
166,386 ESP
200,482 PTE
6,55957 FRF
0,787564 IEP
13,7603 ATS
5,94573 FIM
340,750 GRD

Trägheit

Die Erfahrung zeigt allerdings, dass diese Selbstverständlichkeit des Rechnens in der neuen Währung im günstigsten Fall erst nach mehreren Monaten eintritt. In England z. B. hat sich nach der viel weniger einschneidenden Umstellung von einer Einteilung des Pfunds in 20 Shilling zu je 12 Pence auf das Dezimalsystem 1971 (1 Pfund = 100 Pence) gezeigt, dass manche Menschen noch viele Jahre danach für sich in den alten, längst nicht mehr existierenden Scheidemünzeneinheiten rechneten.

Diese Trägheit des Bewusstseins kommt auch bei der Umstellung anderer Maßstäbe zum Ausdruck. Die Umstellung der Maßeinheiten auf das metrische System im 19. Jahrhundert hat in Europa Jahrzehnte gebraucht, bis sie allgemein akzeptiert war, und in den USA haben sich trotz zeitweiliger Bemühungen um dessen Einführung noch immer die alten, viel unpraktischeren Maßeinheiten vom »Zoll« bis zum »Gallone« behauptet.

Geld ist auch ein gesellschaftliches Bindemittel

Aus dem Gesagten zeigt sich mit großer Plastizität, wie ungemein wichtig die Währung, also der Maßstab des Geldes, nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in gesellschaftlicher Hinsicht ist.

Die Schaffung des europäischen Binnenmarkts hat sicher seit dem im Jahr 1986 von der EU beschlossenen »Binnenmarktprogramm« enorme Fortschritte gemacht. Im Bewusstsein der Konsumenten war er aber bis zuletzt nur ansatzweise präsent, solange diese in unterschiedlichen Währungen »gedacht« haben. Das meiste, was in anderen Währungen ausgedrückt war, blieb am Rand oder außerhalb des Beobachtungshorizonts. Auch wenn die Österreicher in Zukunft das meiste weiterhin in Österreich einkaufen werden, wird die im Euro unmittelbar gegebene Vergleichsmöglichkeit zu allen anderen Ländern der Währungsunion mittel- und längerfristig ihre Auswirkungen auf die relativen Preise haben, auch auf die Unterschiede bei Umsatz- und Verbrauchssteuern zwischen den Ländern.

Für das Gemeinsamkeits- und Zusammengehörigkeitsgefühl der Europäer bedeutet die tatsächliche Einführung des Euro als Zahlungsmittel jedenfalls wesentlich mehr als seine für Bürger und Konsumenten weitgehend virtuelle Einführung als internationale Währung und auch mehr als der sicherlich nicht unbedeutende Schritt der Abschaffung der Binnengrenzen innerhalb des Schengenraumes. »Geld ist das Medium der Wirtschaft« – das heißt, durch Geld sind alle wirtschaftlichen Transaktionen vermittelt. Wenn nun die Bürger und Bürgerinnen von 12 europäischen Ländern dasselbe Geld im wirtschaftlichen Alltag verwenden, wird der Euro für diese Europäer zum gemeinsamen Band gegenüber dem Währungsausland.

Wenn die Europäische Union sich langfristig zu einem europäischen Bundesstaat entwickeln soll, so kann dieses Ziel nicht allein durch die Schaffung entsprechender verfassungsmäßiger Strukturen und Institutionen auf der politischen Ebene erreicht werden. Entscheidend wird sein, dass die gesellschaftliche Ebene sich ebenfalls in dieser Richtung weiterentwickelt. Dazu ist die Verwendung eines gemeinsamen Geldes ein wichtiger Schritt. Eine weitere Voraussetzung für das gesellschaftliche und politische Zusammenwachsen der europäischen Völker wird in Zukunft vor allem das Entstehen europäischer Massenmedien sein.

Konkrete Vorteile: Realisierung vorantreiben

Vom praktischen Standpunkt aus betrachtet besteht ein unmittelbarer Vorteil des Euro darin, dass das Umwechseln von Bargeld bei Auslandsreisen in Zukunft nicht mehr notwendig ist. Im Zeitalter des Internet werden die virtuellen Märkte an Bedeutung zu- und damit das Hindernis räumlicher Distanzen beim Einkaufen abnehmen. Der Euro bewirkt hier eine zusätzliche Erleichterung der Transaktionen, allerdings nur dann in spürbarem Ausmaß, wenn die Gebühren im Auslandszahlungsverkehr massiv gesenkt werden. Für Käufe in der Größenordnung von bis zu 50 oder fallweise vielleicht 100 Euro sind die derzeit von den Banken verrechneten Mindestgebühren, welche 4 bis 27 Euro betragen, schlicht prohibitiv.

Die Europäische Kommission hat diese Praxis schon seit längerem scharf kritisiert und angekündigt, dass massive rechtliche Schritte unternommen werden sollen, um eine weitgehende Einebnung der Gebührenunterschiede zwischen Inlands- und Auslandsüberweisungen möglichst rasch herbeizuführen.

Maßnahmen zur Sicherung des Vertrauens in der Umstellungsphase

Die Umstellung vom gewohnten Schilling auf den Euro ist unvermeidlicherweise mit Unsicherheiten und Risken verbunden, und zwar für die gesamte Zeitspanne, bis sich die Bevölkerung wieder an die neuen Einheiten gewöhnt hat. Deshalb müssen alle Mitteln dazu eingesetzt werden, um einen Vertrauensverlust für die neue Währung in der Anfangsphase zu verhindern. Die reale Gefahr bei der Umstellung besteht vor allem darin, dass bei dieser Gelegenheiten Preiserhöhungen vorgenommen werden – in der Hoffnung, dass diese in der allgemeinen Unübersichtlichkeit nicht bemerkt werden. Deshalb haben AK und ÖGB dem Übergangsprozess rechtzeitig ihr besonderes Augenmerk zugewendet. Um die Wirksamkeit der gesetzlichen Begleitmaßnahmen, welche solche Preiserhöhungen verbieten, zu gewährleisten, werden seit Anfang 2001 verstärkte Überwachungsmaßnahmen gesetzt. Verstöße wurden und werden bei der Europreiskommission angezeigt und/oder publizistisch »angeprangert«. Gerade der Umstand, dass die Unternehmer mit einer starken Kontrolle rechnen mussten, hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich der Missbrauch des Anlasses bisher in Grenzen gehalten hat. Es wird aber notwendig sein, diese Kontrolle noch geraume Zeit nach der Umstellung fortzusetzen, um spätere ungerechtfertigte Preiserhöhungen zu unterbinden. Um die Konsumenten auf den Übergang vorzubereiten, war seit 1. Oktober 2001 eine doppelte Preisauszeichnung vorgeschrieben, die bis mindestens Ende Februar 2002 weiter gilt.

Anreiz und Druck

Besonders kritisch in der Übergangsphase ist der Zeitraum mit Doppelwährung: Von Jahresbeginn bis 28. Februar sind Euro und Schilling als gesetzliche Zahlungsmittel im Umlauf, nach dem 28. Februar können Schillingnoten nur noch bei der Nationalbank umgetauscht werden. Dieser Zeitraum ist kurz bemessen und stellt an die Umstellungsfähigkeit der Bevölkerung hohe Ansprüche. Es ist aber notwendig, dass durch eine knapp begrenzte Zeitdauer der Doppelwährung ein entsprechender Anreiz und Druck vorhanden ist, sich an die neue Währung zu gewöhnen. Eine längere Doppelwährungsphase würde der Illusion Vorschub leisten, dass man die Mühen der Umstellung länger hinausschieben kann. Dazu kommt, dass die Parallelverwendung von Schilling und Euro unvermeidlicherweise eine Quelle von Irrtum und Täuschung ist, die so rasch wie möglich beseitigt werden soll.

Erfahrungen und Perspektiven der Währungsunion aus volkswirtschaftlicher Sicht

In den gut drei Jahren ihrer Existenz hat sich die gemeinsame europäische Währung international im Großen und Ganzen bewährt, wenn auch die Währungs- und Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht immer eine glückliche Hand hatte. Das entscheidende Argument für Einführung der gemeinsamen europäischen Währung war, dass ein Binnenmarkt mit schwankenden Wechselkursen diesen Namen nicht verdient und dass die periodisch wiederkehrenden Währungskrisen im Binnenmarkt (zuletzt 1992 und 1995) jeweils einen schweren Rückschlag für die europäische Konjunkturentwicklung bedeutet haben. In dieser Hinsicht sind die positiven Auswirkungen des Euro keinesfalls zu unterschätzen. Mit großer Wahrscheinlichkeit wäre es in der Vorphase der Währungsunion im zweiten Halbjahr 1998 und wahrscheinlich auch danach wiederum zu innereuropäischen Turbulenzen mit all den bekannten negativen Auswirkungen gekommen, nämlich dass die schwachen Währungen wie Lira etc. in der Phase der Dollaraufwertung gegenüber den harten Währungen an Wert verloren hätten. Hier hat die europäische Gemeinschaftswährung der Wirtschaft des Euroraumes bereits ein deutlich stabileres Fundament bieten können.

Dass der Euro seit seiner Einführung gegenüber dem US$ um 25 Prozent, zeitweise noch mehr, abgewertet hat, ist nur in jenen Kreisen und Ländern, vor allem in Deutschland, Gegenstand hämischer Kritik gewesen, die aus einem hohen Wechselkurs unsinnigerweise eine Prestigeangelegenheit machen. Nach und nach wird man in ganz Europa dazu kommen, solche Wechselkursschwankungen mit Gelassenheit zu sehen, so wie dies in den USA seit Jahrzehnten der Fall ist. Denn die Wertbeständigkeit der Währung bemisst sich nach der Entwicklung der Binnenkaufkraft, und in dieser Hinsicht hat trotz Ölpreiserhöhung kein Anlass zur Besorgnis bestanden.

Die Europäische Zentralbank

Leider hat auch die EZB bisher diese Gelassenheit nicht gezeigt, sondern in ihrer Zinspolitik einen eher restriktiven Kurs eingeschlagen. Obwohl dies offiziell nie erklärt wurde, ist doch die Vermutung nahe liegend, dass die relative Hochzinspolitik auch immer mit Blick auf den Wechselkurs gemacht wurde. Die von der EZB angeführte Inflationsgefahr ist kein glaubwürdiges Argument und hat vor allem den symbolischen Zweck gehabt, jene Härte zu demonstrieren, die der EZB zur Herstellung einer entsprechenden »Reputation« notwendig erschienen ist.

Der europäischen Konjunkturentwicklung wurde damit allerdings kein guter Dienst erwiesen, da bei expansiverer Geldpolitik und niedrigeren Zinsen die europäische Konjunktur im letzten Jahr nicht so starke Einbußen hätte erleiden müssen. Die Zinssenkungen im letzten Herbst kamen reichlich zu spät. Vor dem Hintergrund der pragmatischen US-Notenbankpolitik sieht die EZB nicht besonders gut aus. Um dem Euro und darüber hinaus der gesamten europäischen Wirtschaftspolitik in Zukunft eine bessere Akzeptanz zu verschaffen, wird es notwendig sein, auf die ständige Beschwörung einer kaum vorhandenen Inflationsgefahr zu verzichten und die Geldpolitik nicht restriktiv zu handhaben, sondern eine auf Wachstum und Beschäftigung orientierte Wirtschaftspolitik nach Möglichkeit aktiv zu unterstützen. Dazu ist es freilich auch notwendig, dass die Mitgliedstaaten der Eurozone von ihrer Linie bei der Budgetpolitik »Konsolidierung und möglichst dauerhafte Überschüsse« abrücken und sich wieder auf deren Stabilisierungsfunktion stärker besinnen. Die europäische Rezession 2001/02 hat in dieser Hinsicht schon einige neue Tatsachen geschaffen.

Außenseiter

Innerhalb der EU hat der Euro bedauerlicherweise wieder zu einer Zweiteilung der Mitgliedsländer geführt. Zurzeit ist nicht absehbar, wann die drei derzeitigen »Außenseiter« der Währungsunion beitreten. Bei Dänemark und Schweden sollten die Nachteile des Draußenbleibens in nächster Zeit doch so klar zu Tage treten, dass für diese Länder ein rascher Beitritt wahrscheinlich ist. Anders verhält es sich im Falle Großbritanniens, wo wie immer auch schon verblichene historische Reminiszenzen die emotionale Ablösung vom Pfund, der seinerzeit führenden Weltwährung, schwer machen. Dazu kommt das Schwanken Großbritanniens zwischen dem US-amerikanischen und dem europäischen Gesellschaftsmodell. Auf längere Zeit wird eine Spaltung der EU in Euroland und sonstige Mitglieder nach der geplanten EU-Erweiterung fortbestehen, weil die neuen Mitglieder nicht sogleich auch die Gemeinschaftswährung übernehmen werden.

Von Günther Chaloupek (Leiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaft in der AK Wien)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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