Standpunkt | Information oder Propaganda?

Angesichts der Massen auf dem Heldenplatz urteilten ausländische Beobachter: »Dies ist keine übliche Gewerkschaftsdemonstration, sondern eine Volkserhebung.« Die rund eine Million Teilnehmer an den verschiedenen Streikaktionen sprechen eine überdeutliche Sprache. Die Sorge und die Empörung der Menschen angesichts all dieser geballten sozialen Ungerechtigkeiten hat Ausdruck gefunden.

Wie geht es weiter? Wichtig ist eine permanente Aufklärung angesichts der Verschleierungstaktik der Regierung:

Steuerreform?

Die für 2004 geplante Steuerreform für niedrigere Einkommen wird nach Berechnungen der AK die Verluste aus der Pensionsreform nicht kompensieren. »Die typische Pensionskürzung von rund zwölf Prozent, die viele betreffen wird, wird die Gewinne aus der Steuerreform deutlich übersteigen«, betonte Christoph Klein, Leiter des Sozialbereichs der AK Wien. Und auch die zuletzt von der Regierung in Aussicht gestellten Maßnahmen für niedrige Einkommen – Härtefonds und Erhöhung des Ausgleichszulagenrichtsatzes – hätten nur minimale Wirkung.

Der Härtefonds, in der Öffentlichkeit als effiziente Abmilderung von Härtefällen verkauft, erweist sich bei genauerer Untersuchung als Attrappe, als Verpackungsschwindel, wo was anderes drin ist als draufsteht.

Härtefonds?

»Empört und verblüfft« reagiert man in der Arbeiterkammer, dass nach all den »vollmundigen, großspurigen Ankündigungen der FPÖ, was man für die Hackler und Schwerarbeiter alles tun werde, praktisch nichts« übrig geblieben sei. »Lächerlich« nennt Christoph Klein, Leiter des Sozialbereichs der AK Wien, die vorliegenden Ergebnisse. Nur ein Teil der Bezieher niedriger Pensionen verfügten über ausreichend Beitragsjahre, um aus dem Härtefonds überhaupt Mittel zu bekommen. Und wenn, dann gehe es um die »Einmalsumme von sage und schreibe ca. 285 Euro«. Weiters haben nur etwa vier Prozent der Bauarbeiter und ca. fünf bis acht Prozent in den Industriebranchen ausreichend Beitragsjahre, um als Hackler zu gelten.

Bestehende Pensionen unangetastet?

»Für den Härtefonds, bei dem die Kleinstpensionisten ab nächstem Jahr um eine milde Gabe betteln dürfen, gibt es für das Jahr 2004 nur 10 Millionen Euro«, sagt der Vorsitzende der ÖGB-PensionistInnen Johann Schmölz. Zusätzlich sei im verabschiedeten Entschließungsantrag »betreffend einheitliches Pensionsrecht für alle Erwerbstätigen« vorgesehen, die älteren Menschen im Rahmen der jährlichen Pensionsanpassung auch längerfristig mit Einmalzahlungen abzuspeisen. »Die Regierung bricht damit ihr Versprechen, eine Anpassungsformel zu erarbeiten, die den Älteren den Wert ihrer Pension sichert. Wir werden dieses Vorhaben nicht kampflos hinnehmen.«

Trotz des Versprechens der Regierung, es werde keine Eingriffe in bestehende Pensionen geben, hat auch das Budgetbegleitgesetz eine Kürzung des Einkommens der Pensionisten zur Folge. Der Krankenversicherungsbeitrag der Pensionisten wurde mit dem Gesetz um ein Prozent erhöht, ein Freizeitunfallversicherungsbeitrag von 0,1 Prozent wurde eingeführt. Dazu kommt, dass die Anpassung im ersten Kalenderjahr nach Pensionsantritt in Hinkunft ausfällt. Bezieher einer Pension von mehr als ca. 660 Euro monatlich erhalten 2004 und 2005 anstelle einer prozentuellen Anpassung ihrer Pension zudem nur einen sehr niedrigen Fixbetrag. »Die Kaufkraft der älteren Menschen sinkt laufend. Die Regierung aber verprasst Millionen Euro, um die Bevölkerung mit Desinformation und Propaganda über ihre unsoziale Politik zu belästigen«, sagt Schmölz.

Ein nahezu lächerlicher Vorwurf ist uns vor kurzem zu Ohren gekommen. Wir hätten angeblich die Dinge »einseitig« dargestellt. Hier geht es aber nicht um Parteipolitik. Es geht um die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ganz gleich welcher politischen Gruppierung sie sich zugehörig fühlen. Zum Beispiel im Bundesvorstand des ÖGB sind die Beschlüsse fast immer einstimmig, obwohl dort alle Parteien bzw. Fraktionen vertreten sind. Im Prinzip bringen wir Sachinformationen, Meinungen sind, zumindest in diesem Heft, extra gekennzeichnet.

Wir lassen uns durch derartige Kritik nicht irre machen und werden weiterhin die Dinge beim Namen nennen.

Siegfried Sorz

Von Siegfried Sorz (Chefredakteur)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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