Da haben wir es wieder: eine neuerliche Belastungswelle ist da, ein hübsches Paketchen, das uns die Regierung auf die bewährte Art beschert hat, wie all die anderen Pakete, die wir schon erhalten haben. Zwar ohne Mascherl und ohne festliche Verpackung, und wir Bescherten freuen uns gar nicht, aber für viele hat es den Anschein, es bleibt uns nichts übrig als die Krot zu schlucken und neuerliche Abschläge bei den Pen-sionen hinzunehmen und wieder einmal noch mehr für Medikamente und Krankenhaus zu bezahlen.
Ganz herzig ist der ORF in diesem Zusammenhang: Der öffentlich-recht-liche österreichische Rundfunk wird die Informations-Spots des ÖGB zur Harmonisierung der Pensionen nicht ausstrahlen.
Die Bundesregierung hat mit dem neuen ORF-Gesetz, das am 1. Jänner 2002 in Kraft getreten ist, die Belang-sendungen für die Interessenvertretungen gestrichen. Politische Werbung darf der ÖGB aber auch nicht schalten. Eine wesentliche Möglichkeit, Informationen im Rahmen des ORF weiterzugeben, besteht in den so genannten »Beiträgen im Dienste der Allgemeinheit«. Was im Dienste der Allgemeinheit steht, entscheidet letztlich die Generaldirektion des ORF.
Die Generaldirektion hat entschieden: Die echten Fallbeispiele, die der ÖGB auf ähnliche Art darstellen wollte wie in einigen Tageszeitungen, stehen nicht im Dienste der Allgemeinheit. Ein Problem sieht die Generaldirektion des ORF auch in der Aufforderung, sich an die Abgeordneten des Parlaments, an die gewählten Vertreter des Volkes zu wenden.
Hier das Treatment zu den ÖGB-TV-Spots »Pensionsharmonisierung«:
Es werden hintereinander drei Betroffene Arbeitnehmerinnen (Schwerarbeiter, Gastgewerbe, Beamter) in ihrer alltäglichen Arbeitssituation gezeigt.
»Unter dem Motto ›Betroffenheit hat Gesichter‹ konzentrieren wir uns hauptsächlich auf die Gesichter der Protagonisten. Durch Schriftinserts werden die Fallbeispiele erklärt (Alter, Beruf, Versicherungsjahre und zu erwartende Pension vor und nach der Pensionsreform). Im Schlussbild zeigen wir alle drei Protagonisten gemeinsam vor dem Parlament, Off-Text (sinngemäß): Am 18. November wird im Parlament über die Pensionsharmonisierung abgestimmt. Reden Sie mit Ihren Abgeordneten!
Der ÖGB informiert Sie!
Mehr unter www.oegb.at
Schlussinsert: Ein Informationsservice des ÖGB
Länge: 25 Sekunden.«
Nach Ansicht der Generaldirektion des ORF ist der Spot nach dieser obigen Beschreibung »extrem politisch« und daher nicht im Interesse der Allgemeinheit.Der ÖGB lässt diese Angelegenheit jetzt von Juristen prüfen. Immerhin wird der ÖGB daran gehindert, bezahlte Informationssendungen über die Interessen der Versicherten bzw. der Arbeitnehmerinnen zu schalten. Festzuhalten ist, das Wirtschaftskammer, Ministerien und Regierung »Beiträge im Dienste der Allgemeinheit« im ORF ausstrahlen.
Also, wie war das? Wenn’s der Wirtschaft gut geht, dann is alles leiwand (oder dulli?).
Aus den ORF-Richtlinien: »Der ORF entscheidet auf Grund der Vorlage eines Konzepts inklusive beigefügten Treatments, ob der Spot für eine Kampagne im Dienste der Allgemeinheit eingesetzt werden kann.«
Offensichtlich hat die öffentlich-rechtliche Institution sich in ihrer Entscheidungsfindung von den Erkenntnissen der besoffenen Studenten in Auerbachs Keller leiten lassen.
Im Dienste der Allgemeinheit? Für die Entscheidungsfindung gibt es keine eindeutigen und nachvollziehbaren Kriterien. Im Zweifelsfalle scheint aber zu gelten: Gewerkschaft pfui! Die sind ja politisch.
Jawohl, wir sind politisch, wenn auch nicht parteipolitisch, denn wir vertreten die Interessen der lohnabhängigen Menschen in unserem Lande. Wie lange noch wollen wir zusehen? Wie lange noch wollen wir uns auspressen lassen wie die Zitronen und dazu vielleicht noch danke sagen?
Es reicht bald endgültig!
Siegfried Sorz
Von Siegfried Sorz – Chefredakteur
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .
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