Karoline Huber hat Glück gehabt. Wenn die Heimhelferin heuer in Pension geht, werden für die Berechnung ihrer Pension noch die besten 15 Jahre herangezogen 1). Vor ihrer Babypause war sie Vollzeit beschäftigt und hat nicht schlecht verdient. »Durch die ›Pensionsreformen‹ der Regierung wird sich das ändern«, erklärt ÖGB-Frauenvorsitzende Renate Csörgits.
Die Ausweitung des Durchrechnungszeitraums auf das gesamte Berufsleben wird wohl zur Folge haben, dass in Zukunft immer mehr Frauen im Alter in die Armutsfalle tappen. Allein zwei Drittel der Mütter mit Kindern unter 15 Jahren arbeiten Teilzeit. Das Fehlen von Kinderbetreuungsplätzen lässt diesen Frauen kaum eine andere Alternative, zusätzlich bieten viele Branchen fast nur atypische Beschäftigungsverhältnisse an.
Csörgits: »Wenn ich mir zum Beispiel die Situation im Handel ansehe: Hier gibt es für Frauen fast nur mehr Teilzeitarbeitsplätze. Fehlende Kinderbetreuungsplätze tun ihr Übriges. Frauen sind somit doppelte Verliererinnen. Die geringen Einkommen schlagen sich später in der Pensionshöhe nieder.« Das wirkt sich natürlich auch auf das Medianeinkommen der Frauen aus. Das Medianeinkommen ist jenes Einkommen, für das gilt, dass 50 Prozent der in der Statistik erfassten Personen mehr, die anderen 50 Prozent weniger verdienen. Und daran macht sich auch ein weiterer Kritikpunkt der ÖGB-Frauen fest.
Bis zum 7. Lebensjahr
Laut Regierungsplan soll in Hinkunft das Medianeinkommen der Frauen als Beitragsgrundlage für die Anrechnung der Kindererziehungszeiten herangezogen werden. Das ÖGB-Modell sieht dagegen eine weit höhere Anrechnung vor. Csörgits: »Unser Modell – die Österreich-Pension – hätte vorgesehen, dass dazu das Median-Einkommen aller, also von Männern und Frauen herangezogen wird.« Und das liegt derzeit bei 1800 Euro – während das für die Frauen bei ca. 1350 Euro liegt.
Auch will die Regierung trotz aller Familienfreundlichkeit die Kindererziehung nur bis zum vierten Geburtstag des Kindes anrechnen. Im ÖGB-Modell werden die Zeiten, die Frauen für die Kinderbetreuung aufwenden, bis zum siebten Geburtstag angerechnet. Nach folgendem Schlüssel: Für das 1. und 2. Lebensjahr des Kindes 100 Prozent des Median-Einkommens von Männern und Frauen, für das 3. und 4. Jahr 66 Prozent und für das 5., 6. und 7. Lebensjahr 33 Prozent des Medianeinkommens. »Und das zusätzlich zum Erwerbseinkommen«, fordert Csörgits: »Nur so haben Frauen eine faire Chance auf eine eigenständige Alterspension.«
Frauen haben keine Wahl
Kritik üben die ÖGB-Frauen auch am Pensionskorridor zwischen 62 und 68 Jahren. Frauen würden wegen ihres gesetzlich geregelten früheren Pensionsantrittsalters erst 2028 in den Korridor hineinkommen.
Das bedeute eine »doppelte Diskriminierung der Frauen«, empört sich Renate Csörgits: »Faire Behandlung von Frauen muss Ziel des politischen Wollens sein. Wenn Männer mit 62 Jahren, also drei Jahre vor dem Regelpensionsalter gehen können, dann muss es Frauen möglich sein, mit 57 die Pension anzutreten, also drei Jahre vor dem für sie derzeit vorgesehenen Regelpensionsalter.« Schafft man ab dem 1. 1. 2005 einen Korridor ab 62 ohne auf das frühere Antrittsalter der Frauen Rücksicht zu nehmen, bliebe für Männer die Wahlmöglichkeit erhalten, während diese bei Frauen abgeschafft wird.
Csörgits: »Es muss auch für Frauen eine Wahlmöglichkeit geben.« Die ÖGB-Frauenvorsitzende steht mit ihren Bedenken nicht alleine da – auch die Verfassungsjuristen Theo Öhlinger und Heinz Mayer haben berechtigte Zweifel, dass sich diese Regelung mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbaren lässt.
Wer leistet Schwerarbeit?
Großen Raum in den Diskussionen um das Pensionsharmonisierungsmodell der Regierung nahm vor allem während der Sommermonate die SchwerarbeiterInnenregelung. »Abschläge ja oder nein und in welcher Höhe?« war eine Frage. »Wer leistet Schwerarbeit?« eine andere. Pro Jahr sollen – nach Regierungswillen – nur fünf Prozent der frisch Pensionierten unter diese Regelung fallen. Eine aus ArbeitsmedizinerInnen, Fachleuten der Sozialpartner und ExpertInnen der Unfallversicherung (AUVA) zusammengesetzte Arbeitsgruppe soll nun im Auftrag von Sozialminister Haupt klären, was Schwerarbeit ist.
Als Basis dient eine vom Münchner Arbeitsmediziner Heinz Schmidtke erstellte Liste mit rund 250 Berufen, gereiht nach ihrer Belastung. Am schwersten arbeiten laut dieser Liste Forstarbeiter, gefolgt von zahlreichen klassischen Männerberufen. Erst auf Platz 35 findet sich der Krankenpflegefachdienst Altenpflege. »Natürlich ist mir klar, wie hart und körperlich anstrengend die Arbeit ist, die Bergleute, Bauarbeiter oder Gerüster tun«, betont Csörgits: »Aber wir sollten uns auch überlegen, was die vielen Frauen leisten, die in den Spitälern, Wohnheimen und Privatwohnungen Kranke und Alte pflegen. Auch ihre Bandscheiben sind früh kaputt. Und zu all dem kommt die psychische Belastung. Das sind Aspekte, die auch im Sinn des Gender Mainstreaming bei der Bewertung von Schwerarbeit berücksichtigt werden müssten.«
Gender Budgeting
»Die Pensionsdebatte zeigt uns die Auswirkungen von Finanz- und Wirtschaftspolitik auf Frauen einmal besonders deutlich«, meinte die ÖGB-Frauenvorsitzende bei unserem Interview Ende August zur von der zweiten Nationalratspräsidentin Barbara Prammer losgetretenen Gender Budgeting Diskussion:
»In diesen Tagen wird zum Beispiel gerade der Finanzausgleich diskutiert. Wenn die Gemeinden weniger Geld bekommen, sehe ich die Gefahr, dass bei der Kinderbetreuung und Altenpflege Einschnitte erfolgen. Und wer muss dann einspringen? Die Frauen.«
Und damit hätten Frauen wieder einmal weniger Chancen auf einen Vollzeitjob und damit weniger Geld und damit weniger Pension.
1) Durch die Pensionsreform 2003 beträgt der generelle Durchrechnungszeitraum heuer bereits 16 Jahre, bei Frauen mit Kind(ern) liegt er noch bei 15.
I N F O R M A T I O N
Siehe zu dem Thema »Pensionsharmonisierung« auch den ausführlichen Beitrag »Pensionsreform: Nicht genügend! Setzen!« von Doris Hecht-Aichholzer in »Arbeit&Wirtschaft«, September 2004, -Seite 30, sowie auch die laufenden Beiträge in den letzten Jahren.
Von Katharina Klee
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .
Schreiben Sie Ihre Meinung an die Redaktion
aw@oegb.at