ÖGB: Wer mehr fordert, wird besser bezahlt

Manche Unternehmen machen es sich leicht: Andrea S. wollte für einen Job als Grafikerin ein deutlich geringeres Monatsgehalt als ein männlicher Bewerber. Beide wurden eingestellt, beide erhielten ihr Wunscheinkommen. Frau S. verdiente daher trotz gleichwertiger Tätigkeiten monatlich um 700 Euro weniger als ihr Kollege. Das ist unzulässig, entschied der Oberste Gerichtshof bereits vor einigen Jahren. Es gilt daher: Unterschiedliche Gehaltsvorstellungen dürfen nicht zu ungleicher Bezahlung führen.
Fehlende Informationen und bescheidene Entgeltforderungen tragen dennoch dazu bei, dass Frauen oft nicht ihrer Qualifikation entsprechend bezahlt werden. Manchmal liegt es auch daran, dass Frauen – bewusst oder unbewusst – anders als Männer behandelt werden. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass Frauen oft geringere Zulagen als Männer erhalten“, sagt Brigitte Ruprecht, ÖGB-Bundesfrauenvorsitzende. Nicht nur das erweist sich oft als „Einkommensfalle“. Frauen „verlieren“ Geld durch die Babypause, durch Teilzeitarbeit und haben allgemein geringere Karrierechancen.

Für 87 Tage „unbezahlt“: Im Ganzen verdienen Frauen in Österreich für die gleiche Arbeit durchschnittlich 23,7 Prozent weniger als Männer – das ist einer der schlechtesten Werte in der EU. In Tagen gerechnet bedeutet der Einkommensunterschied, dass Männer am 6. Oktober (Equal Pay Day) bereits jenes Einkommen erreicht haben, wofür Frauen noch bis zum 31. Dezember arbeiten müssen. Statistisch gesehen bleiben 87 Tage des Jahres für Frauen „unbezahlt“.

Richtig verhandeln: Damit Frauen bereits vor Gehaltsverhandlungen wissen, was sie zumindest erwarten können, haben die ÖGB-Frauen im vergangenen Jahr die Angabe des Mindesteinkommens in Jobinseraten durchgesetzt. „Damit gibt es für Frauen eine Hürde weniger, wenn es darum geht, gleich gut wie Männer bezahlt zu werden“, sagt Ruprecht.
Das ausgeschriebene Einkommen dient aber nur zur Orientierung: Sonderzahlungen müssen im Inserat nicht angegeben werden. Daher gilt nach wie vor: Wer richtig verhandelt, wird besser bezahlt.
Wenn das gewünschte Einkommen aber nicht von Beginn an durchgesetzt werden kann, gibt es die Möglichkeit, Neuverhandlungen nach einer festgelegten Probezeit zu vereinbaren. Vorab am besten beim Betriebsrat darüber informieren, welches Einkommen im Unternehmen üblich ist. 

Weitere Tipps zu Einkommensverhandlungen sind im Beitrag auf der ÖGB-Website unter „Downloads“ zu finden.

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Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/2012.

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