Die Vermögen der privaten Haushalte sind in den letzten Jahrzehnten erfreulicherweise stetig gestiegen, sie betragen in Österreich mit 1.250 Milliarden Euro etwa das Vierfache der jährlichen Wirtschaftsleistung, so eine Schätzung der Universität Linz auf Basis der Daten des Household Finance and Consumption Survey der Europäischen Zentralbank. Allerdings liegt dieses Vermögen in den Händen weniger: Die obersten fünf Prozent der Haushalte besitzen mehr als 60 Prozent davon. Österreich weist das zweithöchste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf aller 28 EU-Länder auf. Doch der Anteil leistungsloser Vermögenseinkommen steigt laufend, jener der Leistungseinkommen aus Arbeit geht zurück. Gleichzeitig finanzieren wir unseren Staatshaushalt in immer größerem Ausmaß durch Abgaben auf Arbeit, während Österreich bei den Steuern auf Vermögensbesitz zu den Schlusslichtern in der EU gehört.
Lohnsteuer-Tendenz steigend
Trotz des schwachen Anstiegs der Lohneinkommen steigt das Aufkommen an Lohnsteuer kräftig, heuer beträgt es bereits mehr als 25 Milliarden Euro. Damit übersteigt es erstmals jenes der Mehrwertsteuer, das wegen der schwachen Konsumnachfrage kaum wächst. Steuern auf Vermögen machen hingegen in Österreich nur 1,4 Prozent aller Abgaben aus, während der Anteil im Durchschnitt der EU-Länder bei mehr als fünf Prozent liegt. Das ist sozial ungerecht und wirtschaftlich falsch.
Leistung honorieren
Wir brauchen ein Steuersystem, das die Leistung der ArbeitnehmerInnen honoriert und so Anreize zu Arbeitsaufnahme bietet, statt sie wegzusteuern. Wir brauchen ein Steuersystem, das die unteren und mittleren konsumfreudigen sozialen Schichten entlastet und so für Nachfrage und Beschäftigung sorgt. Wir brauchen ein Steuersystem, das den stark steigenden Reichtum an der Finanzierung des Sozialstaates gerecht beteiligt und so für soziale Stabilität sorgt. Wir brauchen ein Steuersystem, das einen Beitrag zu einer gerechten Verteilung unseres Wohlstandes leistet, aus sozialen wie wirtschaftlichen Gründen.
Gleichzeitig sind wir uns dessen bewusst, dass ein guter Sozialstaat österreichischer Qualität auf einer soliden finanziellen Basis stehen muss. Wir erteilen jenen konservativen Professoren und Wirtschaftsforschern eine klare Absage, die zunächst einer drastischen Senkung der gesamten Abgabenlast in Österreich das Wort reden, um dann „ein Zurückschrauben der Ansprüche an den Sozialstaat“, also Sozialabbau begründen zu können. Die österreichischen ArbeitnehmerInnen haben über Jahrzehnte diesen Sozialstaat aufgebaut. Wir werden ihn auch verteidigen. Der Wohlstand unserer Gesellschaft und die hohe Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft belegen, dass der Sozialstaat finanzierbar ist, wenn wir die Weichen richtig stellen.
Belastung verringern
Allerdings muss die Art seiner Finanzierung überdacht werden. Was liegt näher, als die rasch wachsenden Vermögen stärker zu beteiligen? Das schaffen auch andere Länder! Was liegt näher, als die übermäßige Belastung der ArbeitnehmerInnen zu verringern? Das gelingt auch in anderen Ländern! Deshalb fordert der ÖGB eine kräftige Senkung der Lohnsteuer, von der alle ArbeitnehmerInnen, aber auch die Pensionistinnen und Pensionisten profitieren sollen. Wir wollen daher einen fairen Beitrag von Millionenvermögen, das ist sozial gerecht und wirtschaftlich sinnvoll. Auch weil es die Ungleichheit verringert und damit Demokratie und sozialen Frieden sichert.
Wenn Sie die Kampagne unterstützen möchten, können Sie hier online unterschreiben: www.lohnsteuer-runter.at.
Von Erich Foglar, Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbunds
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 6/14.
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