Minimallohntarif schaffen

Del. Papier (Innsbruck): Sehr geehrte Delegierte! Ich spreche im Namen der Innsbrucker Gehilfenschaft und kann gegenüber meinen Vorrednern etwas günstiges berichten … Der Gehilfenausschuss setzt sich für die Kollegenschaft ein und so haben wir eine geregelte Arbeitszeit von 7 Uhr früh bis 8 Uhr abends mit Ausnahme Samstag; an Sonntagen ist die Sperrstunde das ganze Jahr über 12 Uhr, ebenso wird bei Normatagen am zweiten Feiertage überhaupt nicht aufgesperrt. …
Unseren Bemühungen ist es nun nach längeren Verhandlungen gelungen, im Einvernehmen mit den Prinzipalen folgenden Minimallohntarif zu schaffen, welcher am 15. August in Wirksamkeit trat:
Minimallohntarif:
Drei Jahre nach der Auslehre K 70,-
Von drei bis sechs Jahren K 80,-
Nach sechs Jahren K 90,-
(Fixer Lohn)
… Diesen Minimallohn durchzusetzen, ist uns nur gelungen, nachdem die Meister gesehen haben, dass die Kollegen stramm zusammenhalten. Ich appelliere deshalb an Sie, schreiten Sie in der Provinz an die Gründung der Organisation, und setzen Sie sich dann mit der Zentrale ins Einvernehmen, denn nur dann wird es möglich sein, den Friseurgehilfenstand zu heben. Sie können an unserer Organisation, welche am 1. Juni gegründet wurde, ersehen, welchen Vorteil wir durch dieselbe erzielen können. (Lebhafter Beifall.)

Die mühsamen ersten Schritte zu überbetrieblichen Kollektivvertragsverhandlungen für das Gewerbe wurden vor dem Ersten Weltkrieg im Rahmen der Gehilfenausschüsse der Zwangsgenossenschaften getan. Rechtsgrundlage dafür war eine Bestimmung der Gewerbeordnung, die es diesen Ausschüssen erlaubte, mit den »Prinzipalen« (also den ArbeitgeberInnen, die in den Genossenschaften das Sagen hatten) verbindliche Vereinbarungen abzuschließen. Das gelang in der Praxis immer erst, wenn sich die Mehrheit der Gehilfen einer Gewerkschaft angeschlossen hatte (Frauen waren bis 1918 nicht zugelassen).
Ausgewählt und kommentiert von Dr. Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

Von Ausgewählt und kommentiert von Dr. Brigitte Pellar

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/2009.

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