Kombilohn aus volkswirtschaftlicher Sicht | Wo fängt das Ganze an und wo hört es auf?

Für ältere Arbeitnehmer im Zuge der Budgetbegleitgesetze 2003 die Dienstgeberbeiträge zur Unfallversicherung, zum Familienlastenausgleichsfonds, zum Insolvenzentgeltfonds und zur Arbeitslosenversicherung gesenkt. Das bringt Unternehmern zusammen jährlich rund hundert Millionen Euro. Zur behaupteten Verbesserung der Situation älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt haben diese Vergünstigungen nicht geführt.

Lehrlinge

Auch bei Lehrlingen gab es massive Senkungen, durch die keine einzige Lehrstelle geschaffen wurde: Entfall des Krankenversicherungsbeitrags für die ersten zwei Lehrjahre, begünstigter Krankenversicherungsbeitrag im 3. und 4. Lehrjahr, gänzlicher Entfall des Unfallversicherungsbeitrags sowie des Insolvenzentgeltsicherungs-Zuschlags zur Arbeitslosenversicherung, Rückerstattung der Kommunalsteuer.

Der nun vorgeschlagene Kombilohn ist ein weiterer Schritt auf diesem falschen Weg.

61.000

In den letzten fünf Jahren gingen in Österreich 61.000 Vollzeitarbeitsplätze verloren.

Auf eine offene Stelle kamen im Jahr 2000 vier Arbeit Suchende, heute sind es leider bereits neun. Das zeigt die Dringlichkeit des Problems.

Die Hauptursache liegt in der verfehlten Wirtschaftspolitik der derzeitigen Bundesregierung. Sie hat mitten in einem weltweiten Konjunkturabschwung diese negative Entwicklung durch ihre Belastungspolitik verstärkt und hat es versäumt, Impulse zur Steigerung der Inlandsnachfrage zu setzen.

Zu spät und zu wenig

Alles, was sie jetzt an Maßnahmen vorschlägt, kommt zu spät und ist zu wenig.

Lohn-Subventionen leben von der verführerischen Vorstellung, subventionierte Beschäftigung ist besser als Nichtbeschäftigung. Oder wie die Regierung es ausdrückt: »Sozial ist, was Arbeit schafft.« Dabei wird aber übersehen, welche negativen Mitnahmeeffekte mit einer solchen Kombilohn-Politik verbunden sein können. In der Endphase besteht die Gefahr, dass ganze Lohngruppen damit ins Rutschen kommen.

Mc-Jobs

Es ist nicht sinnvoll, Billig-Arbeitsplätze mit entsprechend niedrigen Qualifikationsanforderungen pauschal durch Mittel der Arbeitsmarktpolitik zu subventionieren. Die vorhandenen Mittel sind insbesondere in Höherqualifizierungen zukunftsgerichtet zu investieren und nicht in Lohnsubventionen von Mc-Jobs, die ohnedies in aller Regel auch ohne Subventionierung angeboten worden wären.

Lohnsubventionen sind nur gezielt und vorübergehend sinnvoll. Wenn ein Betrieb einen Langzeitarbeitslosen einstellt oder ein Mitglied einer anderen Problemgruppe, das eine Zeit lang braucht, um die auf dem Arbeitsplatz geforderte Arbeitsleistung zu erbringen, kann diese Einstiegsphase aber jetzt schon durch die Eingliederungsbeihilfe des AMS unterstützt werden.

Dabei kann aber der AMS-Berater in jedem Einzelfall entscheiden, ob die Beihilfe tatsächlich die Einstellung ermöglicht und wie lange sie erforderlich ist.

Das Modell beruht auf der Illusion, dass es genügend Arbeitsplätze gäbe, um alle Arbeit Suchenden unterzubringen. Tatsache ist aber, dass auf eine offene Stelle neun Arbeit Suchende kommen und die Zukunft der heimischen Arbeitsplätze nicht im Niedriglohnsektor zu suchen ist.

Das Modell der Lohnsubvention beruht auf der Illusion, dass es genügend Arbeitsplätze gäbe, um alle Arbeit Suchenden unterzubringen.

Tatsache ist aber, dass auf eine offene Stelle neun Arbeit Suchende kommen und die Zukunft der heimischen Arbeitsplätze nicht im Niedriglohnsektor zu suchen ist. Einen Lohnwettbewerb nach unten werden wir sicher nicht gewinnen.

Was wir jetzt brauchen, ist eine Belebung der Nachfrage und damit der Kaufkraft und der Investionen. Nur wenn es den ArbeitnehmerInnen wieder besser geht, kann es auch mit der Wirtschaft bergauf gehen.

Von Georg Kovarik (Leiter des Referats für Volkswirtschaft im ÖGB)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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