Alles im Griff, kein Jugendlicher müsse auf der Straße stehen, so hört man es von Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein gebetsmühlenartig jeweils nach dem Bekanntwerden der aktuellen Arbeitsmarktdaten. Außerdem, so der Standardsatz der Regierung, stehe Österreich mit seinen Daten im Europavergleich noch immer hervorragend da. Ein schwacher Trost für jeden einzelnen betroffenen österreichischen Jugendlichen, der eine Lehrstelle oder Beschäftigung sucht.
»200 Bewerbungen um eine Lehrstelle als Sekretärin habe ich geschrieben«, schildert Bettina ihre Erfahrung als Lehrstellen Suchende nach dem Pflichtschulabschluss. »Nicht einmal die Hälfte der angeschriebenen Firmen hat geantwortet, Lehrstelle gabs keine.« Dann hat sie der Vater zum Arbeitsmarktservice (AMS) geschickt. Jetzt sitzt sie über AMS-Vermittlung in einem zehnmonatigen Auffangnetz-Lehrgang, der gemäß Jugendausbildungssicherungsgesetz (JASG) abgewickelt wird. Dieses Schicksal teilt sie mit rund 5000 anderen Lehrstellen Suchenden: Arbeitslosmeldung beim AMS, Lehrstellensuche mit Hilfe des AMS, bei Nichterfolg Berufsorientierung und Coaching, und danach Besuch eines Auffang-Lehrgangs, der auf die Lehrzeit angerechnet wird. Während dieser Zeit sind die Jugendlichen beim jeweiligen Lehrgangträger sozialversichert, besuchen die Berufsschule wie in der Lehre und machen ein Praktikum in Betrieben.
Bettina ist froh, einen solchen Lehrgangsplatz erhalten zu haben. Sie absolviert ihn bei »Jugend am Werk« (»JaW«) und lässt sich zur Immobilienkauffrau ausbilden. Wenn sie nach diesem ersten Lehrgang noch immer keine Lehrstelle in einem Betrieb findet, hofft sie auf einen Fortsetzungslehrgang.
»Das kannst gleich vergessen!«
Tatsächlich liegen die Vermittlungsquoten – unterschiedlich nach Lehrberuf – zwischen 30 und 50 Prozent. Für die Bautechnischen Zeichner, die z. B. bei »Jugend am Werk« ausgebildet werden, gibt es bereits einen JASG-Folgelehrgang, der das zweite Lehrjahr ersetzt. Da die Aussichten, in einem Betrieb die Bautechnikerlehre zu beenden, nicht rosig sind, ist es möglich und vorgesehen, über die »Qualifizierung zur Lehrabschlussprüfung« die Jugendlichen zum Ausbildungsabschluss zu führen, weiß Ausbildungsleiter Dieter Augustin von »Jugend am Werk«.
Neben den 5000 Jugendlichen, die wegen der fehlenden betrieblichen Lehrstellenplätze in Auffangkursen ausgebildet werden, gibt es zusätzlich rund 9000 Jugendliche, die entweder ganz aktuell eine Lehrstelle suchen oder kurzfristige AMS-Kurse absolvieren und daher auch einen Lehrplatz brauchen.
So auch Eric: »Das Zeugnis musst gleich mitschicken. Wenn du keine guten Noten hast, kannst es gleich vergessen«, drückt er seinen Frust aus der Bewerbungszeit aus, denn Antwort oder gar eine Lehrstelle hat er nicht bekommen. Jetzt ist er seit einem Monat im Lehrgang Elektrotechnik des Wiener Berufsförderungsinstituts (bfi) in Wien-Favoriten und hofft, dass es durch Ausbildung und Betriebspraktikum nach neun Monaten besser klappt.
»Es ist schlimm «
»Es ist schlimm, wenn der erste Weg von Jugendlichen nach der Schule zum Arbeitsmarktservice statt in die Arbeitswelt führt«, beklagt Wolfgang Dikovics, Abteilungsleiter Jugendmaßnahmen des bfi, die Situation: »Pro Jahr verschwinden allein Wien 300 bis 400 Lehrstellen. Dabei wird die Lehrstellennachfrage erst 2007 ihren Höhepunkt erreichen und noch 2011 auf dem Stand von heute sein.« Dass hier schnell etwas passieren muss, ist auch für Manfred Jank, Leiter der Berufslehrgänge des 1. Lehrjahres im bfi, klar: »Hatten wir 2000 noch einen Kurs pro Jahr, so sind es jetzt schon drei Starttermine im Jahr. Ewig werden wir aber mit solchen Notlösungen nicht durchkommen.«
Das bfi ist – neben »Jugend am Werk«, WIFI, BPI (Berufspädagogisches Institut) Weidinger & Partner, oder dem Fachausschuss der Friseure der Gewerkschaft Hotel, Gastgewerbe und Persönliche Dienstleistungen (HGPD) – Träger von Lehrlingslehrgängen nach dem JASG.
Fachausbilder mit Meisterprüfung und mindestens zweijähriger Erfahrung in Jugendausbildung, LehrerInnen für den Stütz- und Förderunterricht in der Berufsschule, SozialarbeiterInnen, die bei etwaigen Problemen mit Familie, Wohnung, Geld, Drogen oder Berufsschule helfen, sowie Coaches (Psychologen, Pädagogen, ausgebildete Trainer), die in Richtung Lehrstellenvermittlung und Bewerbungsunterstützung tätig sind, stehen den jungen Berufseinsteigern bei den Trägerorganisationen zur Seite.
Qualifikation?
Neben dem Umstand, dass bis zum Kursjahr 2002/2003 die JASG-Lehrgänge jährlich neu durchgesetzt werden mussten und damit die Planung extrem erschwert wurde, entstand ab 2003 ein zusätzliches Problem: Anstelle des bis dahin geltenden Verhandlungsverfahrens werden seither die Kurse gemäß Bundesvergabegesetz nach dem »Bestbieterprinzip« ausgeschrieben. »Das führt zu einem Wettbewerb der verschiedenen bestehenden und neu auftretenden Anbieter«, schildert Reinhold Bauer, Leiter des Bereichs Berufsbildung Jugendlicher von »Jugend am Werk«, die gegenwärtige Situation: »Mit dem dadurch in Gang gekommenen Preiskampf konzentrierten sich viele Anbieter nur auf Coaching und Vermittlung und damit weniger auf die eigentliche Qualifikation der Jugendlichen. Verstärkt wird mit freien Trainern gearbeitet, die zwar über hohe Kompetenzen im Coaching aber selten über praktische Kompetenzen im Berufsfeld verfügen.« Konkurriert wird hauptsächlich um Berufe im Bürobereich, im Einzelhandel, in der EDV-Technik und im Gastgewerbe, weil die Ausbildung in handwerklichen Berufe hingegen mit hohen Fixkosten (Maschinen, große Räumlichkeiten, Fixpersonal) verbunden ist.
Die Entwicklung am Jugendbeschäftigungs- und speziell am Lehrstellenmarkt war und ist seit Jahren absehbar. Seit 1980 ist die Zahl der Lehrstellen von 194.000 auf heute 120.000 zurückgegangen. Die Ursachen für die Krise am Lehrstellenmarkt sieht Arthur Baier, Leiter der Abteilung Lehrlings- und Jugendschutz der AK Wien, vor allem im Auslassen von Industrie und Handel, die heute etwa zwei Drittel weniger Lehrlinge ausbilden als früher. Im Zuge von Rationalisierungen, Liberalisierung und Globalisierung wurden Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sowie Lehrwerkstätten in den großen Industriebetrieben geschlossen. Im Einzelhandel kam es zu den bekannten Konzentrationen, die ebenso Lehrplätze kosteten. Gleichzeitig hat die konjunkturelle Krise besonders das Gewerbe getroffen, das traditionell Lehrlinge ausbildet. Dies alles hat auf den gesamten Lehrstellenmarkt durchgeschlagen, sodass es heute gerade noch in der Tourismusbranche kleine Zuwächse gibt.
Jahrelange Gehirnwäsche
Hinzu kommt, so Alexander Prischl, Leiter des Referates für Berufsbildung im ÖGB, dass die »jahrelange Gehirnwäsche der Wirtschaftskammer, dass die Lehrlingsausbildung zu teuer sei, bei ihren Mitgliedsbetrieben durchaus erfolgreich war. So haben wir jetzt die Wirkung, dass sie immer weniger Fachkräfte ausbilden, gleichzeitig aber den Mangel und den Qualitätsverlust beklagen.« Dabei waren Lehrlinge noch nie so billig. Erhielt ein Betrieb 2003 pro Lehrling und Jahr rund 700 Euro, sind es heuer ca. 1000 Euro und im nächstes Jahr schon ca. 1340 Euro. Selbst ohne Berücksichtigung von Lehrlingsprämie und diversen kommunalen Förderungen, aber sehr wohl unter Einrechnung der geringeren Anwesenheitszeit durch den Berufsschulbesuch, kostet beispielsweise ein Lehrling im Einzelhandel über die gesamte Lehrzeit dem Betrieb bloß 63 Prozent einer Fachkraft und 68 Prozent einer Hilfskraft, rechnet Prischl vor.
Spießrutenlauf
1993 gab es das letzte Mal mehr offene Lehrstellen als Lehrstellen Suchende. Seitdem geht die Schere von Lehrstellenangebot und Lehrstellennachfrage jährlich weiter auseinander. Selbst als 1998 mit dem JASG die Notbremse gezogen wurde und erstmals 3500 Jugendliche in den neu geschaffenen Lehrlingsstiftungen untergebracht werden konnten, stieg die Zahl der Suchenden weiter an.
Trotzdem wurden mit Antritt der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 die erfolgreichen Lehrlingsstiftungen, die Jugendliche bei Bedarf bis zum Lehrabschluss besuchen konnten, gestrichen und durch bloß zehnmonatige Lehrgänge ersetzt. Diese müssen jedes Jahr neu bewilligt werden. Das machte für Jugendliche und Lehrgangsträger die Berufs- bzw. Ausbildungsplanung zum Teil zum Spießrutenlauf. Denn es war für die Jugendlichen nicht mehr absehbar, ob sie im Fall der Nichterlangung einer Lehrstelle in einem weiterführenden Lehrgang unterkommen oder nicht und ob sie überhaupt einen Lehrabschluss erlangen konnten.
Verschärft wurde die Situation noch dadurch, dass die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung bereits ab 2000 die Probezeit für Lehrlinge in Betrieben auf drei Monate ausdehnte und die Behaltefrist von vier auf drei Monate verkürzte. Ergebnis: Lehrverträge werden leichter gelöst und Jugendliche, besonders im Handel und in Saisonbetrieben (Tourismus), als billigste Hilfskräfte eingesetzt statt ausgebildet.
Die Statistik für das Jahr 2003 zeigt, dass über 1400 oder fast ein Viertel der in Wien jährlich eingegangenen Lehrverhältnisse bereits in der Probezeit gelöst werden. 70 Prozent davon allein in den Branchen Haar- und Körperpflege (Friseur, Kosmetik, Fußpflege), Gastronomie und Hotellerie, Handel und verwaltende Berufe (z. B. Bürokaufmann/frau). Insgesamt werden z. B. in Wien ca. 20 Prozent aller derzeit bestehenden 17.000 Lehrverträge vorzeitig aufgelöst. Formal handelt es sich dabei in den meisten Fällen um »einvernehmliche« Lösungen.
»Leben schwer gemacht «
»Weil diese Zahl früher nicht so hoch war, aber in den letzen Jahren sichtbar gestiegen ist«, vermutet Arthur Baier von der AK, »dass vielen Lehrlingen das Leben so schwer gemacht wird, bis sie von selbst gehen.« Diese Menschen drängen zusätzlich auf den Lehrstellenmarkt. Besonders erschwerend kommt in diesen Fällen hinzu, dass es extrem schwierig ist, für die Restlehrzeit eine neue Lehrstelle und einen Lehrabschluss zu bekommen.
Natürlich ist es wichtig für die Lehrstellensucher, dass es wenigstens das bestehende, wenn auch leider sehr flickwerkartige Auffangnetz gib. Weil es aber in den Kursen keine durchgängige Ausbildung zum Lehrabschluss gibt, ist ein enormer Verdrängungswettbewerb unter den Lehrstellenbewerbern entstanden. Arthur Baier: »Die potentiellen Lehrherren holen sich natürlich lieber die bereits Vor- und Höherqualifizierten aus den JASG-Lehrgängen als Lehrlinge in das Unternehmen. Die neuen Schulabgänger haben da nur wenig Chancen, direkt im Anschluss eine Lehrstelle zu ergattern und kommen in die Warteschlange.«
Spirale nach unten
So dreht sich die Spirale nach unten weiter: Die Auffangnetze laufen Gefahr zum Regelfall des Lehreinstiegs zu werden. Den derzeit österreichweit durchschnittlich für das erste Lehrjahr abgeschlossenen 35.000 Lehrverträgen stehen nach Schätzungen der AK rund 51.000 eine Lehrstelle suchende Jugendliche gegenüber. 2004/2005 werden maximal 7000 Jugendliche in die JASG-Auffanglehrgänge untergebracht werden können. Rund 4500 Schulabgänger werden in kurzfristigen Schulungsmaßnehmen des AMS unterkommen. Den restlichen geschätzten 4500 Jugendlichen, die sofort eine Lehrstelle suchen, stehen nur 2000 bis 2500 offene Lehrstellen für sofort zur Verfügung.
Erst seit Herbst 2003 schuf der Gesetzgeber aufgrund des weiter extrem gesunkenen Lehrstellenangebotes und wegen des Protestes und Drängens von Gewerkschaften und Arbeiterkammern die Möglichkeit, die Ausbildung auf ein weiteres Jahr zu verlängern. Zusätzlich konnte seit diesem Zeitpunkt auf Initiative der Sozialpartner die integrative Berufsausbildung durchgesetzt werden. Damit wird benachteiligten (z. B. Sonderschulabgänger, Jugendliche ohne Pflichtschulabschluss) und behinderten Personen eine neue Chance eröffnet. Sie ersetzt die Vor- und Teillehre und sieht die Berufsausbildung entweder in einem Lehrberuf mit einer um bis zu zwei Jahren verlängerten Lehrzeitdauer oder in einer Teilqualifikation eines Lehrberufes in einer Zeitdauer von ein bis drei Jahren vor. Zur Unterstützung wurde die Berufsausbildungsassistenz eingeführt, die als Drehscheibe zwischen diesen Jugendlichen, der Berufsschule und dem Lehrbetrieb dient.
Effektive Maßnahmen!
Überdies konnte in Wien bei einem Arbeitsmarktgipfel im April 2004 Übereinstimmung erzielt werden, dass für 800 Jugendliche aus der Region in sozialökonomischen Betrieben eine Beschäftigungsmöglichkeit geschaffen werden soll.
Wenn sich die Wirtschaft immer weniger der Verantwortung der Fachausbildung der Jugendlichen stellt, dann sollte das nicht zusätzlich zu Lasten der Jugendlichen gehen. Daher fordern AK, Gewerkschaften und Lehrgangsträger Maßnahmen, die eine systematische Lehrlingsausbildung und Jugendbeschäftigung ermöglichen. An erster Stelle steht dabei die Forderung nach effektiven Maßnahmen zur Erhöhung des betrieblichen Lehrstellenangebots, etwa durch eine Ausbildungsfinanzierung über einen Berufsausbildungsfonds. In diesem Fonds sollen nicht ausbildende Betriebe für ausbildende Unternehmen verpflichtend einzahlen und daraus auch überbetriebliche Ausbildungseinrichtungen finanziert werden. Dies würde einen Lastenausgleich zwischen Lehr- und Nichtlehrbetrieben ermöglichen.
Förderung verdoppelt
Die Wirtschaft beklagt in diesem Zusammenhang immer, dass dafür kein Geld da sei und pocht auf freiwillige Lösungen. Doch trotz der massiven Lehrlingsförderungen haben die Unternehmen bisher keinen flächendeckenden Lehrlingsfonds auf freiwilliger Basis zustande gebracht. Die Firmen haben noch nie so viel an Lehrlingsförderung erhalten wie heute: Letztes Jahr waren es in Summe 83 Millionen Euro, heuer werden es 121 Millionen Euro und im Jahr 2005 schon 159 Millionen Euro sein, die sich aus 1000 Euro Prämie pro Lehrling, aus der Streichung der Arbeitgeberbeiträge zur Kranken- und Unfallversicherung und des Zuschlags zur Arbeitslosenversicherung sowie aus AMS-Förderungen zusammensetzen. Das bedeutet eine Verdoppelung der Förderungen innerhalb von nur zwei Jahren. »Trotzdem werden von Jahr zu Jahr weniger Lehrlinge ausgebildet«, stört Jürgen Eder, Vorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), die Blauäugigkeit der Unternehmen: »Statt mit der Gießkanne Geld zu verteilen, müssen Förderungen an überprüfbare Qualitätskriterien gebunden sein und in einen Ausbidlungsfonds einfließen.«
Weiters sollte mangels betrieblicher Ausbildungsplätze die flächendeckende qualifizierte Ausbildung zu einem Lehrberuf und der Lehrabschluss auch in außerbetrieblichen Ausbildungsstätten eingeführt werden und Ausbildungsverbünde mit Betrieben, die nicht die gesamte Palette einer Lehrberufsaubildung abdecken, verstärkt werden. Die JASG-Lehrgänge müssen langfristig zu- und abgesichert werden sowie eine ausreichende Finanzierung für 9000 Plätze sichergestellt sein.
BHS-Schulabbrecher
Mehr Mittel (24 Millonen Euro) und Plätze (4000) sind auch für Anfänger in den heillos überfüllten berufsbildenden Schulen (HAK, HTL, Fachschulen) nötig. Geld-, Lehrer- und Raummangel und damit erhöhter Druck auf die Schüler führen dazu, dass ein Fünftel der Besucher einer berufsbildenden höheren Schule (BHS) bereits nach einem Jahr wieder aussteigen muss; bis zur Matura schaffen es nur drei von fünf Schülern. Diese hohe Zahl an Schulabbrechern drückt ebenfalls auf den Lehrstellenmarkt.
Daraus resultierend ist nicht zuletzt die Finanzierung der »zweiten Chance« ein Muss. Denn derzeit ist der zweite Bildungsweg fast zur Gänze privat von den Betroffenen zu bezahlen und für diese Gruppe von Berufsanfängern alleine kaum aufzubringen. So sind für das Nachholen eines positiven Hauptschulabschlusses 700 Euro (für über 18-Jährige), für die Vorbereitung auf die außerordentliche Lehrabschlussprüfung 610 Euro sowie für die Vorbereitung auf die 1997 eingeführte Berufsreifeprüfung zwischen 2000 und 4000 Euro zu bezahlen.
Investition in »Zweite Chance«
Diese Investitionen der öffentlichen Hand würden sich jedenfalls bezahlt machen, sind AK und ÖGB überzeugt. Denn wer keinen oder nur einen Pflichtschulabschluss hat, hat ein extrem höheres Risiko arbeitslos zu werden als entsprechend ausgebildete und qualifizierte junge Menschen. Tatsächlich haben laut AMS-Arbeitslosenstatistik zwei Fünftel der 20- bis 24-Jährigen keinen positiven oder nur einen Pflichtschulabschluss.
Wer den Elan gesehen hat, mit dem sich die Jugendlichen in den verschiedenen Lehrgängen einlassen, dass sie trotz des schwierigen Umfeldes ihre Witzigkeit und ihren Humor nicht verloren haben, der müsste sich schämen, den Lehrlingen keine besseren Rahmenbedingungen und keine bessere Perspektive für ihre berufliche und persönliche Zukunft zu bieten.
»Wer unserer Jugend vertraut, und ihr das auch beweist, wird von ihr nicht enttäuscht.« Diesem Leitsatz zur Ausbildungsphilosophie des Regierungsbeauftragten für Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung, Egon Blum, ist voll und ganz zuzustimmen. Auch die Aufforderung, in die Jugend zu investieren, weil das Investitionen in die Zukunft sind, hört man immer wieder bei offiziellen Anlässen zum Thema Lehrlingsausbildung und Jugendbeschäftigung. In der Realität wird der Jugend jedoch diese notwendige zukunftsträchtige Investition bislang verweigert. Wer so handelt, darf sich nicht wundern, dass er (bei Wahlen) die Jugend verliert, die ihm die Rechnung für die Chancenverweigerung präsentiert.
R E S Ü M E E
Jugendbeschäftigung ist zu Schulschluss zwar in aller Munde, die Hoffnung auf eine Lehrstelle oder auf einen geeigneten Schulplatz geht aber nur für einen Teil der Jugendlichen in Erfüllung. Neben den 5000 Jugendlichen, die wegen der fehlenden betrieblichen Lehrstellenplätze in Auffangkursen ausgebildet werden, gibt es zusätzlich rund 9000 Jugendliche, die entweder ganz aktuell eine Lehrstelle suchen oder kurzfristige AMS-Kurse absolvieren und daher auch einen Lehrplatz brauchen. AK und ÖGB fordern daher vor allem die Erhöhung des betrieblichen Lehrstellenangebots durch eine Finanzierung über einen Berufsausbildungsfonds sowie mehr Mittel und Plätze für Anfänger in den heillos überfüllten berufsbildenden Schulen.
Von Wilfried Leisch (Freier Journalist in Wien)
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .
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