Die Arbeiterkammer Wien untersuchte auch heuer wieder den Anteil von Frauen in Führungspositionen1. Dabei wurden die Top 200 österreichischen Unternehmen genauer unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Die Frauenanteile in der Geschäftsführung2 und im Aufsichtsrat sind niedrig und stagnieren seit Jahren. In der Geschäftsführung liegt der Frauenanteil bei nur 4,6 Prozent, im Aufsichtsrat bei neun Prozent.
Gleichstellung der Geschlechter
Bei der Gleichstellung beider Geschlechter in allen Lebensbereichen kann und soll die Wirtschaft und die Führung
und Kontrolle von Unternehmen nicht ausgenommen werden. Frauen sind wichtige Stakeholder (Kunden/Kundinnen, MitarbeiterInnen, LieferantInnen etc.) von Unternehmen und müssen daher auch entsprechend bei der Besetzung von Aufsichtsräten berücksichtigt werden.
Der Aufsichtsrat ist das Kontrollorgan der Geschäftsführung und trifft wesentliche strategische wirtschaftliche Entscheidungen, die für die Zukunft jedes Unternehmens zentral sind. Im Aufsichtsrat werden große Investitionen abgesegnet, es werden Markt- und Produktentscheidungen sowie Unternehmensstrukturen diskutiert und vorbereitet – Frauen sind davon ebenso wie Männer immer auf vielen Ebenen betroffen.
Im Aufsichtsrat werden auch wesent-liche Personalentscheidungen wie die Bestellung und Abberufung des Vorstandes in Aktiengesellschaften getroffen, die dann wiederum über Führungspositionen im Unternehmen entscheiden. Bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrates sollte daher unbedingt auf unterschiedliche Qualifikationen, Blickwinkel, Kompetenzen und ein ausgewogenes Verhältnis beider Geschlechter geachtet werden.
Grafik: »Verteilung in der Geschäftsführung«: Der Frauenanteil der Geschäftsführung liegt in den untersuchten Unternehmen bei 4,6 Prozent, von 626 GeschäftsführerInnen sind nur 29 weiblich.
Best-practice-Beispiele
In mehreren europäischen Staaten3 wurden in den letzten Jahren gesetzliche und andere Maßnahmen vorbereitet bzw. umgesetzt, um die Präsenz von Frauen in Führungsgremien zu erhöhen.
So hat Norwegen als erstes europäisches Land eine gesetzliche Regelung betreffend einer Frauen- bzw. Männerquote (33,5 bis 50 Prozent) für die Verwaltungsräte von Unternehmen eingeführt. Dieses Gesetz ist mit 1. Jänner 2006 in Kraft getreten und hat den Unternehmen eine zweijährige Übergangsfrist zur Umsetzung der erforderlichen Quote gewährt. Der Verwaltungsrat, auch Board genannt, ist im Gegensatz zum österreichischen dualistischen System – Vorstand bzw. Geschäftsführung und Aufsichtsrat sind getrennte Organe – sowohl für die Geschäftsführung als auch die Überwachung und Kontrolle der Unternehmensführung zuständig.
Norwegen straft bei Nichteinhaltung
Norwegen sieht auch strenge Strafen für die Nichteinhaltung vor. Als primäre Rechtsfolge kann eine monetäre Verwaltungsstrafe gesetzt werden. Falls die Unternehmen die Bestimmungen weiterhin nicht einhalten, kann es jedoch zur Zwangsliquidation kommen. Am 1. 1. 2008 sind bereits 78 Prozent der Gesellschaften dem Gesetz nachgekommen.
Der norwegische Corporate Governance Kodex enthält eine Empfehlung zur Zusammensetzung und Unabhängigkeit des Verwaltungsrats, wobei besonderes Augenmerk auf eine ausgewogene Verteilung der Verwaltungsmandate auf beide Geschlechter zu legen ist.
Eine weitere interessante Maßnahme ist eine zertifizierte Datenbank der norwegischen Wirtschaftskammer, welche empfohlene Verwaltungsratskandidatinnen enthält. Die Unternehmen können dann bei der Nominierung auf einen umfassenden Pool an kompetenten und hochqualifizierten Frauen zugreifen.
Durch all diese Maßnahmen konnte der Frauenanteil in den norwegischen Verwaltungsräten deutlich gesteigert werden und liegt derzeit bei beachtlichen bei 40 Prozent (2004: 22 Prozent).
Weil es in Schweden im Jahr 2002 nur 6,1 Prozent weibliche Verwaltungsratsmitglieder in börsenotierten Aktiengesellschaften gab, trat die zuständige Ministerin mit der Ankündigung an, ein Gesetz nach norwegischem Muster einzuführen. Im Sommer 2006 schließlich legte die von der Regierung beauftragte Professorin Catarina af Sandeberg ihren Gesetzesentwurf vor. Dieser sieht vor, dass jedes Geschlecht mit mindestens 33,3 Prozent in den Verwaltungsräten von börsenotierten Publikumsgesellschaften und Kapitalgesellschaften, an denen der Staat eine 100-Prozent-Beteiligung hält, vertreten sein muss. Das Gesetz hätte mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten sollen. Als Sanktionsmöglichkeiten wurden eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von 16.000 Euro sowie ein Vermerk im Firmenbuch vorgesehen. Im Herbst 2006 kam es jedoch zu einem Regierungswechsel und damit wurde dieser Gesetzesentwurf auf Eis gelegt. Die neue konservative Regierung vertraut auf »Kompetenz anstatt auf eine gesetzliche Quote«.
Corporate Governance Kodex
Einen Beitrag zur Stärkung der Frauen im Verwaltungsrat leistet auch der seit
1. Juli 2005 auf börsenotierte schwedische Gesellschaften anzuwendende Corporate Governance Kodex. Er legt fest, dass die Gesellschaften eine ausgewogene Verteilung auf Frauen und Männer anzustreben haben. Außerdem müssen schwedische Kapitalgesellschaften seit 2006 im Jahresabschluss erklären, inwieweit beide Geschlechter im Verwaltungsrat, in der Geschäftsführung und unter den leitenden Angestellten vertreten sind. Beachtlich ist, dass die Ankündigung der Geschlechterquote, die begleitenden Maßnahmen und die Diskussion rund um das Thema zu einer deutlichen Erhöhung des Frauenanteils auf rund 23 Prozent geführt haben.
Selbst in Spanien wurde bereits 2007 eine gesetzliche Geschlechterquote von mindestens 40 Prozent bis maximal 60 Prozent in den Gremien von staatlichen und privaten Kapitalgesellschaften für Verwaltungsräte beschlossen. Den Unternehmen wird eine achtjährige Übergangsfrist gewährt. 2006 betrug der Frauenanteil in den Gremien nur 4,1 Prozent.
Spanien setzt auf Freiwilligkeit
In Spanien können die Unternehmen ab 2007 freiwillig auf eine ausgewogene Verteilung von Männern und Frauen in den Verwaltungsräten im Rahmen des Corporate Governance Kodex achten. In diesem Fall müssen sie eine entsprechende Erklärung (über Anteile, Gründe und eventuelle Maßnahmen, falls nur wenige oder gar keine Frauen vertreten sind) im Kodex abgeben. Die ersten Erklärungen sind für das erste Halbjahr 2008 zu erwarten.
Auch in der Schweiz, in Frankreich, Finnland und Dänemark gibt es mehr oder weniger weit gediehene Initiativen für eine gesetzliche Geschlechterquote, um die Präsenz von Frauen in den Aufsichts- bzw. Verwaltungsräten zu erhöhen.
In Europa liegt der Frauenanteil in den Aufsichts- bzw. Verwaltungsräten bei durchschnittlich 8,5 Prozent.
Grafik: »Verteilung im Aufsichtsrat«: Die Aufsichtsratsverteilung zeigt ein ähnlich trauriges Bild. Nur 9,0 Prozent der Aufsichtsratsmandate entfallen auf Frauen.
Grafik: »Frauenanteil in Geschäftsführung und Aufsichtsrat nach Sektoren«: Der Frauenanteil ist in den Sektoren Handel, Dienstleistungen und Banken & Versicherungen etwas höher als im Durchschnitt. In der Industrie ist der Frauenanteil hingegen mit 3,0 Prozent Geschäftsführerinnen und 4,8 Prozent Aufsichtsrätinnen besonders niedrig.
Österreichische Situation
Die Auswertung der Arbeiterkammer Wien von Alice Niklas vom Februar 2008 zeigt, dass die Wirtschaft immer noch fest in Männerhand ist. Dabei wurden die Top 200 Unternehmen anhand des Firmenbuchs untersucht. Auf ein Unternehmen entfallen umgerechnet durchschnittlich 3,1 GeschäftsführerInnen und 7,7 AufsichtsrätInnen. Nur in 15 der 200 größten österreichischen Unternehmen ist in beiden Gremien zumindest eine Frau vertreten. Um einige positive Unternehmensbeispiele zu nennen: Einen Frauenanteil im Aufsichtsrat von 25 Prozent und mehr hatten lediglich fünf von 200 Unternehmen und zwar Baxter AG, DCM DECOmetal GmbH, Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, H&M Hennes und Mauritz GmbH und Zürich Versicherungs AG.
Was die Geschäftsführung betrifft, gibt es 9 von 200 Unternehmen, in denen der Frauenanteil bei 25 Prozent plus liegt.
Eine gesonderte Auswertung der AK-internen Datenbank von 799 ArbeitnehmervertreterInnen im Aufsichtsrat ergibt, dass der Frauenanteil der vom Betriebsrat entsandten ArbeitnehmervertreterInnen bei 17,8 Prozent liegt. Europaweit liegt der Frauenanteil der ArbeitnehmerInnenvertretung im Aufsichtsgremium von Kapitalgesellschaften bei 17,9 Prozent.
Was tun in Österreich?
Wie ausländische Beispiele zeigen, braucht es eine Reihe von parallelen Maßnahmen, um die Präsenz von Frauen in den Aufsichts- bzw. Verwaltungsräten von Unternehmen zu erhöhen. Als besonders wirksames Instrument erweisen sich verbindliche, gesetzliche Regelungen. In einer Reihe von Staaten (Norwegen, Spanien, Schweiz, Schweden, Frankreich, Finnland, Dänemark) sind Geschlechterquoten bereits in Kraft getreten bzw. geplant. Die Quotenregelungen zur Vertretung beider Geschlechter in den Aufsichtsräten bzw. Verwaltungsräten reichen dabei von 20 Prozent bis 50 Prozent.
- Einführung einer gesetzlichen Geschlechterquote bei der Besetzung mit Aufsichtsräten. Sie sollte schrittweise und mit Übergangsfristen installiert werden. In einem ersten Schritt sollten börsenotierte Gesellschaften, Unternehmen im öffentlichen Interesse und Unternehmen, die mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören, erfasst werden, in weiteren Schritten dann alle Aktiengesellschaften und großen GmbHs.
- Sanktionen für die Nichteinhaltung sollten spürbare Strafen und eine Eintragung im Firmenbuch sein.
- Regelungen, die auf eine ausgewogene Verteilung beider Geschlechter im Aufsichtsrat abzielen, sollten jedenfalls auch im Corporate Governance Kodex verankert werden.
- Installierung einer zertifizierten öffentlichen an eine offizielle Stelle angebundene Datenbank mit qualifizierten Frauen, die für die Tätigkeit im Aufsichtsrat zur Verfügung stehen und empfohlen werden. Bei der Bestellung von Aufsichtsrätinnen steht den Unternehmen dann ein umfassender Pool an kompetenten, hochqualifizierten Frauen zur Verfügung. Zusätzlich können einschlägige Schulungen und Seminare angeboten werden.
1 AK-Auswertung 2008: Frauen in Führungspositionen – kein Fortschritt erkennbar, Ruth Naderer, Alice Niklas.
2 »Geschäftsführung« wird hier vereinfachend sowohl für GeschäftsführerInnen einer GmbH als auch für Vorstandsmitglieder einer AG verwendet.
3 Zechner Katharina, Überblick über aktuelle europäische Maßnahmen zur Stärkung der Präsenz von weiblichen Vorstands-, Aufsichtsrats- und Verwaltungsmitgliedern, Februar 2008.
WEBLINKS
AK-Auswertung 2007
www.arbeiterkammer.at/pictures/d51/Hintergrundinfo_Frauen_in_Vorstaenden.pdf
Artikel auf der Homepage der AK Wien
wien.arbeiterkammer.at/www-397-IP-33386.html
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Von Mag. Ruth Naderer (AK Wien, Abteilung Betriebswirtschaft)
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