Am 25. Oktober 2004 einigten sich die Finanzausgleichsverhandler von Bund, Ländern und Gemeinden in einem Paktum auf einen neuen Finanzausgleich bis 2008. Auch die nach der Einigung auf das Paktum aufgetretenen Unstimmigkeiten beim Spitalspaket konnten beseitigt werden. Die Verhandlungen gestalteten sich wie immer, insbesondere aber angesichts der knappen budgetären Mittel, schwierig. Sowohl die Länder als auch die Gemeinden erhofften sich eine Abgeltung jener Belastungen, die sich im Laufe der abgelaufenen Finanzausgleichsperiode angesammelt hatten. Besonders prekär war ja im Vorfeld der Verhandlungen die Finanzsituation der Gemeinden. Können daher mit dem Verhandlungsergebnis wirklich alle zufrieden sein? Der Beitrag geht dieser Frage auf den Grund und stellt die wichtigsten Details der Einigung in gebotener Kürze dar.
Die Maßnahmen des -Finanzausgleichs 2005 bis 2008
Die Tabelle 1 gibt einen Überblick über die finanziellen Auswirkungen der beschlossenen Maßnahmen für den neuen Finanzausgleich: (siehe Tabelle 1 »Die Maßnahmen im Überblick«).
Vereinbarte Maßnahmen Im Rahmen des Finanzausgleichs 2005 in Millionen Euro |
1 |
Maßnahmen zur Spitalsfinanzierung | maximal 300 |
Erhöhung Tabaksteuer (0,18 EUR/Packung) | 90 |
Erhöhung Krankenversicherungsbeitrag – Befristung auf vier Jahre (je 0,05 Prozentpunkte Dienstnehmer-/Dienstgeberbeitrag) |
120 |
Erhöhung Höchstbeitragsgrundlage (+ 90 EUR auf 3.540 EUR/Monat) | 30 |
Erhöhung Spitalskostenbeitrag – Kann-Regelung – Ermächtigung für Länder zur Anhebung | max. 15 |
Erhöhung Rezeptgebühr (+0,10 EUR auf 4,45 EUR, auch für Generika) | 10 |
Senkung der Zuschüsse für Sehbehelfe | 35 |
Zusätzliche Finanzmittel (je 100 Millionen EUR Länder und Gemeinden) | 200 |
Zusätzliche Transfers Landeslehrer | 12 |
Gesamtvolumen | maximal 512 |
112 Millionen Euro jährlich mehr für die Länder
Der Bund gewährt den Ländern eine jährliche Bedarfszuweisung in der Höhe von jährlich 100 Millionen Euro. Zusätzlich werden den Ländern für den Bereich der Pflichtschulen jährlich 12 Millionen Euro im Zusammenhang mit Strukturproblemen bei sinkender Schülerzahl und sonderpädagogischem Sonderbedarf zur Verfügung gestellt, wobei nach zwei Jahren eine Evaluierung stattfinden soll.
Die Mittel aus der Wohnbauförderung (1,78 Milliarden Euro jährlich) bleiben den Ländern im bisherigen Ausmaß erhalten, sie sollen jedoch verstärkt für die Erreichung der Kyoto-Ziele herangezogen werden (thermisch-energetische Sanierung im Althausbestand, Anreize für den Wärmeschutz und effiziente Energiebereitstellung im Wohnungsneubau, Einsatz erneuerbarer Energieträger und Fernwärme). Über die damit einher-gehenden Einsparungen von Treibhaus-gasen sollen in zweijährigen Abständen Evaluierungen gemacht werden. Entsprechend ihrer Verwendung werden die -bisherigen Wohnbauförderungsmittel umbenannt in »Investitionsbeitrag für Wohnbau, Umwelt und Infrastruktur«.
Der abgestufte Bevölkerungsschlüssel
Den Gemeinden gewährt der Bund eine Bedarfszuweisung von 100 Millionen -Euro pro Jahr. Gleichzeitig kommt es zu gravierenden Änderungen beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel. Für Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnern wird der untere Vervielfältiger beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel von 1? auf 11⁄2 erhöht. Das bewirkt eine Verschiebung der Finanzmasse von rund 114 Millionen Euro zu den Gemeinden bis 10.000 Einwohner. Im Gegenzug wird der Sockelbetrag (72,66 Euro/Einwohner) abgeschafft. Das bedeutet eine Gegenfinanzierung in der Höhe von 53 Millionen Euro. Dadurch schrumpft der Gewinn der Gemeinden bis 10.000 Einwohner auf 61 Millionen Euro. Das ist gleichzeitig jene Summe, die die Gemeinden über 10.000 Einwohner verlieren. Dieser Verlust wird durch die oben erwähnten Finanzzuweisungen abgegolten. Die verbleibenden 39 Millionen Euro werden vereinbarungsgemäß zwischen den Städten und Gemeinden unter 10.000 Einwohnern und über 10.000 Einwohner aufgeteilt (siehe Tabelle 2: »Vervielfacher des abgestuften Bevölkerungsschlüssels«).
Vervielfacher des abgestuften Bevölkerungsschlüssels |
2 | ||
FAG 2001-2004 | FAG 2005-2008 | Gewinne Neuregelung in Millionen Euro |
|
Gemeinden bis zu 10.000 Einwohner (EW) | 11/3 | 11/2 | 80,5 |
Gemeinden zwischen 10.001 und 20.000 EW | 12/3 | 12/3 | |
Gmeinden zwischen 20.001 und 50.00 EW | 2 | 2 | 19,50 |
Gemeinden mit über 50.000 EW | 21/3 | 2 1/3 |
Durch diese Vorgangsweise gehören zwar alle Gemeinden zu den Gewinnern der neuen Regelung, aber die Gemeinden unter 10.000 Einwohnern erhalten zusätzlich rund 80,5 Millionen Euro jährlich, während die größeren Städte über 10.000 Einwohner nur 19,5 Millionen pro Jahr bekommen.
Der neue Finanzausgleich nimmt damit nur sehr unzureichend Rücksicht auf die Finanzlage der österreichischen Gemeinden. Die Gemeinden erhalten zwar in Summe um 100 Millionen Euro mehr, aber das reicht nicht aus, um die in den letzten Jahren eingetretene Verschlechterung der Finanzlage zu kompensieren. Benachteiligt werden zudem die größeren Gemeinden und Städte, weil die Umverteilung zu den kleineren Gemeinden weiterhin anhält.
Anreize für überregionale Kooperationen
Die Erträge aus der Kommunalsteuer können durch vertragliche Vereinbarungen zwischen den Gemeinden geteilt werden. Damit wird ein Anreiz für überregionale Kooperationen gegeben. Bisher erschwerten die finanzausgleichsgesetzlichen Regelungen Betriebsansiedlungen. Belastungen und zu erwartende Einnahmen wurden immer zur Gänze der Standortgemeinde zugeordnet. Die Steuererträge verblieben aber nicht zur Gänze in der jeweiligen Gemeinde, sondern führten durch Einnahmenverluste über eine Erhöhung der Finanzkraft bzw. Mehrausgaben zu Verlusten aus dem interkommunalen Finanzausgleich. Diese Neuregelung und die damit verbundenen Anreize sind aus regionalpolitischer Sicht sehr zu begrüßen.
Siedlungswasserwirtschaft
Für die Siedlungswasserwirtschaft werden neue Zusagerahmen festgelegt. Dabei wird Bezug genommen auf die im Jahre 2003 durchgeführte Investitionskostenabschätzung für die aus der Umsetzung des Wasserrechts und der Wasserrahmenrichtlinie resultierenden Investitionserfordernisse.
Einheitlicher Verteilungsschlüssel
Die so genannten gemeinschaftlichen Bundesabgaben – mit Ausnahme der Werbeabgabe, der Grunderwerbsteuer und der Bodenwertabgabe – werden ab dem Jahr 2005 nach einem einheitlichen Verteilungsschlüssel basierend auf den Rechnungsabschlüssen 2004 erfolgsneutral aufgeteilt. Das entspricht einer langjährigen Forderung der Länder und Gemeinden. In Zukunft kommt es daher nicht mehr zu einer Verschiebung des Abgabenertrages zugunsten des Bundes und zulasten der Gemeinden und Länder, wenn der Bund im Verlauf einer Finanzausgleichsperiode Änderungen bei jenen Abgaben herbeiführt, an denen er mit einem höheren Schlüssel beteiligt war. Der Bund hat in der Vergangenheit steuerpolitische Maßnahmen wiederholt zu seinen Gunsten ausgerichtet, so etwa die Erhöhung der Mineralölsteuer im Zuge der Steuersenkung 2004.
Innerösterreichischer Stabilitätspakt
Die Finanzausgleichspartner haben im Rahmen des österreichischen Stabilitätspakts die Erreichung ausgeglichener Haushalte bis zum Jahr 2008 vereinbart. Dabei soll das Maastricht-Defizit des Bundes schrittweise von 2,4% des BIP im Jahr 2005 auf ein Defizit von 0,75% es BIP (2008) verringert werden. Im Gegenzug werden den Ländern für die Maßnahmen im Rahmen des neuen Finanzausgleichs steigende Stabilitätsbeiträge abverlangt. Die mit jeweils 0,6% des BIP auferlegten Beiträge für die Jahre 2005 und 2006 dürfen nicht unterschritten werden. Für die Jahre 2006 und 2007 erhöhen sich die Stabilitätsbeiträge auf 0,7 bzw. 0,75% des BIP. Dadurch geraten die Länder zum Teil unter erheblichen Druck. Das gilt z. B. für die Steiermark, die sich zumindest 2005 nicht in der Lage sieht, den anteiligen Überschuss zu erbringen. Sie will daher diesen Stabilitätspakt nicht unterzeichnen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass bei Fortdauer dieser Weigerung saftige Strafzahlungen im Finanzausgleichsgesetz festgesetzt wurden. Die Gemeinden müssen wie bisher länderweise ausgeglichene Haushalte haben. Die finanzielle Situation der Gemeinden wird sich dadurch weiter verschärfen (siehe Tabelle 3: »Maastrichtsalden gemäß österreichischem Stabilitätspakt«). Daraus folgt, dass die Erreichung eines ausgeglichenen Haushalts für den Gesamtstaat nicht einfach und vor allem nicht ohne Konsequenzen sein wird. Weitere Sparmaßnahmen werden zur Zielerreichung notwendig sein.
Maastrichtsalden gemäß österreichischem Stabilitätspakt 2005 bis 2008 |
3 | |||
2005 | 2006 | 2007 | 2008 | |
Bund | -2,4 | -2,2 | -1,4 | -0,75 |
Länder | 0,6 | 0,6 | 0,7 | 0,75 |
Gemeinden | 0 | 0 | 0 | 0 |
Gesamtstaat | -1,9 | -1,7 | -0,7 | 0 |
Quelle: Österreichischer Stabilitätspakt 2005, Regierungsvorlage |
Weiterhin kein aufgabenorientierter Gemeindefinanzausgleich
Durch die Änderungen beim abgestuften Bevölkerungsschlüssel wird die in den letzten Jahren zu beobachtende Nivellierungstendenz des Finanzausgleichs – also eine Umverteilung zu den kleineren Gemeinden – fortgesetzt. Völlig außer Acht gelassen werden zudem die steigenden Transferlasten der Gemeinden durch andere Rechtsträger (z. B. im Rahmen der Sozialhilfe oder bei den Krankenanstalten), die netto besonders die finanzstärkeren Gemeinden belasten. Eine Fortsetzung der Umverteilung zu den kleinen Gemeinden führt zu einer weiteren Schwächung der Finanzkraft der größeren Städte und Ballungsräume, in denen der Ausgabenbedarf für zentralörtliche und ballungsraumspezifische Aufgaben hoch ist. Gerade von diesen öffentlichen Leistungen in den Städten und Ballungsräumen profitieren auch die Umlandbewohner/-innen und Einpendler/-innen. Mit steigender Gemeindegröße steigen auch die Ausgaben für die Erledigung der Basisaufgaben an. Eine von der Arbeiterkammer Wien in Auftrag gegebene Studie1) hat einmal mehr gezeigt, dass der Finanzmittelbedarf mit der Gemeindegröße ansteigt. Mit anderen Worten: der abgestufte Bevölkerungsschlüssel hat weiterhin seine Berechtigung. Trotz dieser nicht ganz neuen Befunde orientiert sich die Finanzmittelverteilung der Gemeinden nach wie vor nicht an den tatsächlichen Aufgaben, sondern folgt der überholten Vorstellung der Einheitsgemeinde, wonach jede Gemeinde weitgehend ähnliche Aufgaben zu erfüllen hat.
Weitere Strukturreformen fehlen
Als Folge dieser Nivellierungstendenz und des Stabilitätspakts wird die Aufgabenerfüllung für die Gemeinden, insbesondere im Hinblick auf die Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge sowie im Hinblick auf deren Rolle als wichtigster Investor der öffentlichen Hand zunehmend schwieriger. Damit ist ein weiterer Rückgang der Investitionen – sie sind seit 1995 real gesunken – vorprogrammiert, und es ist mit Qualitätseinbußen bei den öffentlichen Leistungen zu rechnen.
Es fehlen aber weitere Strukturreformen, über die im Vorfeld der Verhandlungen sowie im Österreich-Konvent wiederholt gesprochen wurde. Das gilt insbesondere für die Entflechtung von Kompetenzen und Finanzierungsverantwortlichkeiten zwischen den Gebietskörperschaften. Von einer Zusammenführung der Einnahmen-, Ausgaben- und Aufgabenverantwortung fehlt jede Spur. Der Versuch des Bundes, die Steuerhoheit der Länder auszuweiten, ist kläglich gescheitert.
Das »Transferchaos« und die damit einher-gehende Tendenz zur Unwirtschaftlichkeit des Finanzausgleichs (Parallelförderungen, Ko-Finanzierungen als Mittel zur Abgangsdeckung, Tendenz zu Leistungsausweitungen) bleibt daher weiter bestehen.
Eine Änderung des Finanzausgleichs in Richtung verstärkter Ziel- und Managementorientierung war gar nicht erst Ziel der Verhandlungen.
Das Gesundheitspaket 2004
Zugleich mit dem neuen Finanzausgleich wird ein Gesundheitspaket beschlossen. Es besteht aus einem Finanzierungs- und einem Organisationsteil2). Im Rahmen des Finanzierungspakets (siehe Tabelle 1) werden den Ländern und Sozialversicherungsträgern zusätzlich 300 Mio. Euro zukommen. Die beschlossenen Maßnahmen entsprechen nicht zur Gänze dem Prinzip der solidarischen Finanzierung. Nach diesem Prinzip wäre das Gesundheitssystem über Beiträge oder Steuern zu finanzieren.
Nur einige der beschlossenen Finanzierungsmaßnahmen weisen diese solidarischen Elemente auf: die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge sowie die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage zur Krankenversicherung und der Tabaksteuer. Die Selbstbehalte (Spitalskostenkostenbeitrag, Sehbehelfe) werden von Arbeitnehmerseite wegen ihrer Verteilungswirkung (»Krankensteuer«) seit jeher abgelehnt.
Eine Zielsetzung des Gesundheits-pakets liegt darin, auch ausgabenseitige Sparmaßnahmen (Kostendämpfung, Effizienzsteigerung) im selben Umfang zu ergreifen. Die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge erfolgt daher nur befristet bis 2008. Dieses Finanzierungspaket erscheint zu knapp bemessen, bereits im Jahr 2006 ist erneut mit einer Finanzierungslücke im Gesundheitswesen zu rechnen.
In Anbetracht dieser zu erwartenden Finanzierungslücke und der gegebenen Erosion bei den Krankenversicherungsbeiträgen wären Schritte in Richtung einer Wertschöpfungsabgabe geboten. Problematisch wirkt sich auch aus, dass die Bundesregierung die gesetzliche Krankenversicherung seit einigen Jahren finanziell »aushungert«.
1) Bröthaler, J., Die Verwaltungsausgaben der österreichischen Gemeinden, Wien, Dezember 2004.
2) Auf die Organisationsreform wird hier nicht eingegangen.
I N F O R M A T I O N
Unterschiedliche Aufgabentypen von Gemeinden
Zu den Basisaufgaben zählen die von den Gemeinden aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen wahrzunehmenden behördlichen, dienstleistungsmäßigen und infrastrukturellen Kernaufgaben, die eine Grundversorgung der örtlichen Bevölkerung und der Wirtschaft gewährleisten (Kindergärten, Straßenreinigung, Kanäle etc.).
Zentralörtliche Aufgaben sind Leistungen der »zentralen Orte« für einen Nutzerkreis, der die Grenzen der Anbietergemeinde überschreitet und demnach auch Nutznießer/-innen im Umland zugute kommen (z. B. das Errichten und Betreiben von Krankenanstalten, Pflegeheimen für Betagte, Behindertenhilfe, Kinderheime, große Sportstadien, Kunst- und Kultureinrichtungen).
Die ballungsraumspezifischen Aufgaben umfassen spezielle Aufgaben der Gemeinden aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte in den Ballungsräumen. Der Nutzerkreis umfasst sowohl die Einwohner/-innen der Kernstadt als auch die des verstädterten Umlandes (z. B. Sozial- und Gesundheitsämter, Ämter der Stadtplanung, Berufsfeuerwehren, Haupt- und Sonderschulen, Mülldeponien oder regionale Kläranlagen).
B E G R I F F E
Finanzausgleich:
darunter versteht man die Verteilung der so genannten gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf die unterschiedlichen Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden). In einer ersten Stufe werden entsprechend ihren Aufgaben die gemeinschaftlichen Bundesabgaben zwischen dem Bund, der Summe der Bundesländer und der Summe der Gemeinden verteilt (vertikaler Finanzausgleich). Bisher erfolgte die Aufteilung nach fixen Prozentsätzen, ab 2005 nach einem einzigen einheitlichen Verteilungsschlüssel. In einem zweiten und dritten Schritt werden die so ermittelten Abgaben zwischen gleichrangigen Gebietskörperschaften (also zwischen Gemeinden sowie zwischen Ländern) verteilt, um einen regionalen Ausgleich zu erhalten (horizontaler Finanzausgleich). Dabei kommen verschiedene Aufteilungsschlüssel zur Anwendung (z. B.: Volkszahl, Steueraufkommen). Der Finanzausgleich wird im Finanzausgleichsgesetz geregelt. Daneben gibt es viele andere Gesetze, die für den Finanzausgleich bedeutsam sind (z. B. Umweltförderungsgesetz).
Abgestufter Bevölkerungsschlüssel:
Da die ungleiche Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur von Gebietskörperschaften gleicher Ebene Auswirkungen auf Steueraufkommen und Ausgabenbedarf haben, kommen bei der Verteilung des Steueraufkommens verschiedene Verteilungsschlüssel zur Anwendung. Die wichtigsten sind die Bevölkerungszahl und der abgestufte Bevölkerungsschlüssel, der einer Gebietskörperschaft mit höherer Bevölkerungszahl mehr Geldmittel zugesteht als einer mit niedrigerer Bevölkerungszahl. Hinter dieser Maßzahl für den Bedarf steht die mehrfach empirisch belegte Annahme, dass die Pro-Kopf-Ausgaben mit steigender Gemeindegröße zunehmen, also je Einheit öffentlicher Leistung höhere Ausgaben anfallen.
R E S Ü M E E
Der neue Finanzausgleich 2005 bringt zwar den Ländern und Gemeinden mehr Geld, gleichzeitig wird ihnen aber im Rahmen des österreichischen Stabilitätspakts ein Sparkurs verordnet, um im Jahr 2008 wieder einen ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt darstellen zu können. Bei den Ländern gehören nur jene zu den Gewinnern, die ihre bisherigen Überschüsse zur Erfüllung des österreichischen Stabilitätspakts nicht durch budgetäre Tricks erwirtschaftet haben.
Bei den Gemeinden wird die Umverteilung zu den kleinen Gemeinden unter 10.000 Einwohner fortgesetzt. Sie gehören zu den Gewinnern. Die Finanzsituation der größeren Gemeinden und Städte wird sich hingegen weiter verschärfen. Das gilt insbesondere für die im internationalen Wettbewerb stehenden größeren Städte und Ballungsräume, die bereits jetzt keinen Spielraum für Investitionen haben. Sie sind mit Sicherheit die Verlierer dieses Finanzausgleichs. Da die zusätzlichen Mittel für die Gemeinden angesichts ihrer angespannten Finanzsituation eher knapp bemessen sind und da die Spielräume bei den Gebühren bereits weitgehend ausgereizt sind, ist davon auszugehen, dass die Investitionen der Gemeinden weiter sinken werden. Das kann auf mittlere Sicht nicht ohne Konsequenzen auf die Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge und deren Qualität bleiben.
Der Finanzierungsteil des Gesundheitspakets bringt den Ländern und Sozialversicherungsträgern zwar zusätzliche Mittel, dennoch ist ab 2006 bereits wieder mit einer Finanzierungslücke zu rechnen. Die Maßnahmen des Finanzierungsteils entsprechen nur zum Teil dem Grundsatz einer solidarischen Finanzierung. Die Selbstbehalte (Spitalskostenbeitrag, Sehbehelfe) kommen einer »Krankensteuer« gleich und sind daher aus Arbeitnehmersicht abzulehnen. Eine sinnvolle Alternative bestünde in einer wertschöpfungsbezogenen Finanzierung der Krankenversicherung.
Die großen Strukturreformen sind in diesem neuen Finanzausgleich ausgeblieben. Das gilt sowohl für den seit Jahren beschworenen Grundsatz der Zusammenführung der Verantwortung für Einnahmen, Ausgaben und Aufgaben und eine damit verbundene Vereinfachung des Finanzausgleichs als auch für eine stärkere Ausrichtung an Zielen und Managementgrundsätzen. Weiters aufrecht erhalten wird die Fiktion von der Einheitsgemeinde, wonach jede Gemeinde unabhängig von ihrer Struktur ähnliche Aufgaben zu erfüllen hat. Das Prinzip, wonach jeder Bürger und jede Bürgerin gleich viel wert ist, ist zwar heute mehr denn je überholt, bleibt aber für diesen Finanzausgleich ein wichtiges Leitmotiv. Eine Verteilung der Mittel nach den tatsächlichen Aufgaben, die aus regional- und gesamtwirtschaftlicher Betrachtung weitaus sinnvoller wäre (aufgabenorientierter Finanzausgleich), wurde also weiter auf die lange Bank geschoben. Es ist wenig tröstlich, dass auch der Österreich-Konvent bei diesen wichtigen Strukturreformen keinen Konsens erzielen konnte. Es bleibt die Hoffnung auf den Finanzausgleich 2009.
Von Bruno Rossmann (Mitarbeiter der Abteilung Wirtschaftswissenschaften der AK Wien)
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