Das Märchen vom Sparen – eine weitere Stilblüte des Zeitdrachen

Auch die einleitenden Worte hier sind kein Trick, der uns darüber hinwegtäuschen soll, dass es sich insgeheim doch um eine Werbeschaltung handelt.

Der Schriftsteller Mario R. Lackner ist aus dieser Welt der Manipulation und subtilen Verführung ausgestiegen. Er, also ich, braucht nicht marktkonform auf die Asta-Romantrilogie aufmerksam zu machen.
Die ersten beiden Bände und meine Lese-Shows daraus haben bereits genügend Anklang zwischen Bayern und Bosnien gefunden. „Danke, genug. Ich habe alles, was ich brauche“ – das passt nicht in die vorherrschende Marktlogik, die Idee von ständigem Wirtschaftswachstum.
Das widerspricht der kapitalistischen Wohlstandsdefinition über materiellen Besitz und Anhäufung von schwarzen Zahlen auf dem Bankkonto.
Pursuit of happiness – das Streben nach Glück, wie es in der Unabhängigkeitserklärung der USA als zentraler Inhalt einer demokratischen Gesellschaft modernen Typus postuliert wird – kann es auch anders definiert werden als über Geld, Geld und noch mal so viel Geld?
In den etwas mehr als zwei Jahren seit der Veröffentlichung meines Debütromans „Asta im Winterwald“ und einige Monate nach der Fortsetzung „Asta in den Sommerbergen“ haben der Verlag Berger und ich die Gewinnzone, den Break-even-Point, erreicht – warum ist das, finanzieller Erfolg, eigentlich wichtig? Weshalb muss jedes Projekt mehr Geld einbringen, als dafür ausgegeben wird, um als „erfolgreich“ zu gelten?
Erfolg und (finanzieller) Reichtum feiern Hoch-Zeit in unseren Köpfen, in denen Ziele umher(schw)irren, die immer weniger Menschen erreichen können.

In globalisierten Gesellschaften, in denen die Schere zwischen „Arm“ und „Reich“ weiter und weiter auseinanderklafft, geht sich der American Dream einfach für kaum jemanden aus. Er ging sich für die konsumierenden Massen seit der industriellen Revolution in Wirklichkeit nie aus, aber allein schon die Hoffnung, er könnte sich einst für dich und mich bis zur Pension oder zumindest für unsere Kinder oder Enkelkinder ausgehen, macht viele in „Krisenzeiten“ immer noch gefügig für Parolen wie:

„Wir müssen den Gürtel enger schnallen!“

„Jetzt gilt es zusammenzustehen. Jede/r muss seinen Beitrag leisten!“

„Die Zeiten sind hart, aber die einschneidenden Sparmaßnahmen machen uns wieder fit für die Zukunft, ermöglichen neues Wirtschaftswachstum!“

„Wachstum, Wachstum, Wachstum“, wie es ALDE-Spitzenkandidat Guy Verhofstadt bei der TV-Livedebatte der EU-KommissionspräsidentschaftskandidatInnen im April 2014 auf Euronews zu seinem wichtigsten Ziel für Europa erklärt hat, ist demnach also die universelle Lösung für alle Probleme weltweit.
Selbst manch sozialdemokratische Partei heftet sich „Wachstum“ auf die Fahnen und schreibt es sich selbst ins Parteiprogramm.
Das Wort hinterlässt zurzeit auch über Plakate und Facebook-Banner der SPD seine Spuren in unseren Gehirnwindungen. Langsam glaubt das kapitalistische Ammenmärchen ein jedes Kind.

Doch gerade unsere Kinder sollten etwas anderes von uns als Gutenachtgeschichten erzählt bekommen:
Mitgefühl, Solidarität, Verantwortungsbewusstsein und Vertrauen. 
Vertrauen – ist die aktuelle Banken- und Wirtschaftskrise nicht in erster Linie eine globale Vertrauenskrise? Einander blind vertrauen … nichts Böses ahnen und das Gute im Gegenüber vermuten … wer ist bitte noch so naiv?

Asta. Asta Maria Burat ist es, so die Antwort meiner Romantrilogie, deren Abschlussband „Asta im Jahreszeitenland“ im Herbst erscheinen wird.
Asta wanderte 1995 in ihrem sechsten Lebensjahr mit ihren Eltern nach Russland aus, wo ihr Vater Wirtschaftskontakte zwischen großen Firmen in Ost und West knüpfen sollte.
Als ihm die korrupten Machenschaften innerhalb der Konzerne unerträglich wurden, machte er sich mit einem Arbeitskollegen selbstständig, doch so richtig erfolgreich (im kapitalistischen Sinne) ist er nicht dabei. Daher bleibt der Traum, in die Hauptstadt Moskau zu ziehen, ein unerfüllter, sein unerfüllter, denn seine Frau hat sich längst in eine Depression geflüchtet und die Tochter – Asta – lebt in ihrer ganz eigenen Märchenwelt, auch noch 2003, als sie als 13-jährige in einem mysteriösen Wintersturm ohnmächtig wird.
Das Erwachen – tatsächlich in einer anderen Welt, im Jahreszeitenland, genauer gesagt in der Datscha von Väterchen Frost, am Rande des Winterwaldes.

„Asta im Winterwald“ – Teil 1 der Trilogie – erzählt die Abenteuer, die das Mädchen dort erlebt, aber auch das Drama seiner Eltern, denn wie verändert das Verschwinden des Kindes die Beziehung zwischen Mann und Frau? Und was hat diese Geschichte voller Motive aus der Mythenwelt Ost- und Westeuropas mit unserer Wirklichkeit zu tun?
Eine erste Antwort gibt der zweite Teil der Trilogie, der im Herbst 2013 erschienen ist: „Asta in den Sommerbergen“ ist erwachsener, konkreter. Asta ist mittlerweile zur jungen Frau herangewachsen und widmet sich auch dem Zustand unserer Demokratie.
Eine (Post-)Demokratie, die vielen in Zeiten von Überwachungsprogrammen wie PRISM und TTIP-Geheimverhandlungen als eine leere Worthülse, ein Potemkinsches Dorf erscheint.

Die gesamte Asta-Trilogie ist nur auf den ersten Blick ein harmloses, faszinierendes Märchen für Erwachsene. Der Romandreiteiler verknüpft Fantasie mit Realität, uralte Legenden mit dem globalen Zerwürfnis hier und jetzt, dem wir insbesondere in modernen Informationsgesellschaften westlicher Prägung ausgesetzt sind. Dank Vormarsch technischer „Hilfsmittel“ wie Computer, Smartphones und Internet wächst der Kontaktverlust mit der Natur, auch mit unserer ureigen menschlichen.
Unser Weltwirtschaftsfinanzsystem samt globaler Schuldenkrise ist Ausdruck des großen zwischenmenschlichen Mankos unserer Zeit. Es zeigt sich nicht nur durch Post-Demokratie sowie steigenden Kontroll- und Überwachungswahn. Dieses Manko ist auch das Thema, das sich quer durch unsere persönlichen Beziehungen zieht.

Hier eine gekürzte Passage dazu aus „Asta in den Sommerbergen“:

Ich liebe die Stille der Nacht, in die sich das stetige Rauschen der Zentralheizung einbettet. Die letzten E-Mails sind versendet, alle Agitationen für Marios gesellschaftspolitische Karriere abgeschlossen. Karriere – ein drolliges Wort mit null Inhalt.

Klingt wie eine Mischung aus „Karikatur“ und „Habe die Ehre“. Er, also Mario, wird ohne mich gut zurechtkommen, wie auch schon vor unserem Kennenlernen, und ich muss endlich nicht mehr ins unfassbare Internet.

Der Zeitdrache hat sich auch dort breitgemacht und verführt mich und all die anderen zu gern zum dortigen Verweilen, lenkt von den wirklich wichtigen Dingen ab. […]

Schaust du nicht auch viel zu oft in den Bildschirm anstatt in die Augen eines Menschen, der dir etwas bedeutet? Bedeutungslos schweift unser Blick bedeutungsschwanger von einer Website zur nächsten. Wie gebannt sind wir und machen uns vor, dass wir das Internet nutzen … dabei nutzt das Internet, genauer gesagt der Zeitdrache, uns. […]

Der Zeitdrache ist ein Meister der Strategie, der subtilen Verführung. Ich muss für ihn unsichtbar werden, so wie meine Tochter.

Ich gehe also offline, entferne die Zeitanzeige auf meinem Computer und nehme mich heraus aus seinem Kontrollsystem. Soziale Netzwerke im Internet, kostenlose E-Mail-Kontos, Fernsehen, Smartphones […] – sie halten uns in Schach, lenken uns von unserer wahren Schönheit ab, schenken uns eine Illusion von Verbundenheit. […]

Möchte ich Teil einer Gesellschaft sein, die den Kontakt zu sich selbst und zum Rundum verloren hat? Eine Welt, in der Vertrauen zu einer leeren Floskel der PR-Maschinerie von Banken und der von ihnen abhängigen Parteien und Firmen geworden ist? Möchtest du das, der/die du diese Zeilen liest?

Möchten Sie weiterlesen? Keine Antwort an dieser Stelle, denn ansonsten wird das hier doch noch das, was es nicht ist: ein Promo-Artikel,

meint Mario R. Lackner.

Mario R. Lackner, geb. im Dezember 1978 in Steyr, aufgewachsen im oberösterreichischen Zentralraum. Er lebt in Langau im Waldviertler Grenzland zu Südmähren und ist Mitgesellschafter des Kreativbetriebes Traumsieberei OG, Karrierecoach für BFI-Kursteilnehmende und Chefredakteur des politischen Online-Magazins GrenzlandDemokratie.

Von Mario R. Lackner

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/14.

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