AK Wahlen 2004: Ein Erfolg starker Interessenvertretung

Rund 1,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben gewählt und bei den AK Wahlen 2004 ein klares Signal an ihre Interessenvertretung, aber auch an die Bundesregierung abgegeben: Mit dem großen Wahlsieg der Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen wurde der politische Kurs der AK bestätigt.

Es hat sich gezeigt, dass die unsoziale Belastungspolitik der Bundesregierung bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf Widerstand stößt, der Wunsch nach einer starken Interessenvertretung war wohl das stärkste Wahlmotiv.

Flexibles Wahlsystem angenommen

Das Wahlrecht, dessen Reform der vergangenen AK Wahl 2000 vorausgegangen war, hat sich erneut bewährt.

Eine Reihe von Umständen hatten erwarten lassen, dass die Wahlbeteiligung sinken könnte. Die AK Wahlen fanden im Umfeld von zwei Landtagswahlen, der Bundespräsidentenwahl und der Europawahl statt. Die Änderung der Sozialstruktur – immer mehr AK Mitglieder arbeiten nicht in Vollzeitbeschäftigung – und das Entstehen neuer Mitgliedergruppen (wie etwa an den Universitäten) im Gefolge von Ausgliederungen aus dem Bundesdienst, die die AK und ihre Wahl noch nicht kennen, erschweren den Zugang zu vielen Mitgliedern.

Dass die Wahlbeteiligung mit 48,8 Prozent (nach 49,1 im Jahr 2000) gehalten werden konnte, ist daher als Erfolg zu werten. In absoluten Zahlen gingen sogar bundesweit 26.000 AK-Mitglieder mehr zur Wahl.

Wie schon im Jahr 2000 zeigt sich auch diesmal, dass es richtig ist, die Wahl näher zu den Mitgliedern zu bringen (mit dem Schwerpunkt auf der Betriebswahl und der Möglichkeit zur Briefwahl) und zeitlich flexibel auf die regionalen Besonderheiten abzustimmen.

Wahlsieger FSG

Eindeutiger Wahlsieger sind die Sozialdemokratischen GewerkschafterInnen, die in allen Bundesländern an Stimmen und anteilsmäßig stark dazugewannen: Die FSG hat bundesweit rund 85.000 Stimmen mehr errungen und 750.000 Stimmen erreicht, das bedeutet bundesweit eine Steigerung von 57,5 auf 63,4 Prozent. In den sozialdemokratisch geführten Kammern hat die FSG überall die Zweidrittelmehrheit zum Teil deutlich überschritten – nachdem sie bereits 2000 massiv dazu gewonnen und in sechs Kammern mehr als 60 Prozent der Stimmen erreicht hatte – und hat jetzt in den FSG-geführten Arbeiterkammern zwischen 67 und 72 Prozent.

Am stärksten ist die FSG mit 72 Prozent in Kärnten, den stärkster Zugewinn erreichte sie mit 8,6 Prozent in der Steiermark, den stärksten Zuwachs an Stimmen in Niederösterreich mit einem Plus von mehr als 23.000, gefolgt von der Steiermark und Wien mit einem Plus von je rund 14.000 Stimmen für die FSG. Auch in den ÖAAB-dominierten Arbeiterkammern in Tirol und Vorarlberg gab es deutliche FSG Gewinne – der stärkste Zugewinn überhaupt gelang der FSG in Vorarlberg mit einem Plus von 19 Prozent von 16,1 auf 35,2 Prozent (und damit weit über den Verlust von 1999 hinaus); in Tirol erreichte die FSG 24,3 Prozent (plus 5,8).

In Mandaten erreichte die FSG damit 539 der 840 Sitze aller Vollversammlungen der Länderkammern, das ist ein Zugewinn von 57 Sitzen. In der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer werden nun 51 (bisher 47) Mandate von der FSG besetzt.

"Denkzettel" gegen die Belastungspolitik

Die Fraktionen der Regierungsparteien haben beide großteils starke Verluste hinzunehmen.

Der ÖAAB – Christliche Gewerkschafter verlor bundesweit 22.000 Stimmen, österreichweit fiel der ÖAAB unter ein Viertel der Stimmen von 26,2 auf 23,7 Prozent.

Bei der Wahl 2000 konnte der ÖAAB in den von ihm geführten Länderkammern – vor allem in Tirol – noch dazugewinnen, während er in den anderen Bundesländern schon damals bis zu 5,5 Prozent verloren hatte.

Bis auf eine Ausnahme verlor der ÖAAB nun in allen Bundesländern, am deutlichsten und schmerzhaftesten in Vorarlberg, wo die Christliche Fraktion von 60 auf 46,6 Prozent (-13,4) fiel und damit die absolute Mehrheit verlor. Auch in Tirol verlor der ÖAAB rund drei Prozent oder 5000 Stimmen. Lediglich in Oberösterreich gelang es dem ÖAAB, fast 9000 Stimmen (vier Prozent) dazuzugewinnen. In den FSG-geführten Kammern betrugen die ÖAAB-Verluste zwischen 1,3 Prozent in Salzburg, 2,1 Prozent in Wien, 4,1 Prozent im Burgenland, 5,8 Prozent in der Steiermark. Eine besondere Situation war in Niederösterreich, wo sich die Liste Alfred Dirnberger vom ÖAAB abgespalten hatte und auf Anhieb drei Prozent und drei Mandate errang, hier verlor der ÖAAB drei Prozent; dramatisch ist das Ergebnis in Kärnten, wo der ÖAAB nur mehr auf 8,3 Prozent (minus 5,2) der Stimmen kam.

Auch in der Mandatsverteilung schlagen sich die Verluste deutlich nieder. In allen Vollversammlungen zusammen gerechnet hat der ÖAAB nunmehr 206 (minus 26) Mandate, in der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer nunmehr 16 (minus 2) Mandate.

Der ÖAAB selbst sah offenbar seine Niederlage als »Denkzettel« gegen die unsoziale Belastungspolitik der ÖVP-geführten Bundesregierung. Generalsekretär Amon erklärte: »Offenbar hat es bei den Wählern das Bedürfnis gegeben, der Regierung einmal die Meinung zu sagen.« (Salzburger Nachrichten vom 17. 5.)

In den Tagen nach der AK Wahl kam es deshalb zu einer heftigen Auseinandersetzung innerhalb der ÖVP, weil zahlreiche ÖAAB-Vertreter – freilich erfolglos – ein stärkeres soziales Profil der ÖVP verlangten, das führte bis zur Forderung nach einem ÖAAB-geführten Staatssekretariat.

Massiv waren die Verluste der Freiheitlichen Arbeitnehmer. Im Jahr 2000 hatten die Freiheitlichen zwar die absolute Stimmenzahl im Vergleich zur Wahl 1994 bei rund 112.000 halten können, anteilsmäßig aber (aufgrund der stark gestiegenen Wahlbeteiligung) bundesweit 4,7 Prozent verloren und waren in fünf Länderkammern unter die Zehn-Prozent-Marke gerutscht.

Nunmehr büßten die Freiheitlichen Arbeitnehmer rund die Hälfte der Stimmen von 2000 ein, nach 9,7 Prozent bundesweit im Jahr 2000 kamen sie diesmal nur auf 4,9 Prozent.

Auch in der traditionellen Hochburg Kärnten verloren die FA 2,9 Prozent und haben jetzt einen Anteil von 16,2 Prozent; in den anderen Länderkammern beträgt ihr Anteil zwischen 3,1 Prozent (Tirol) und 6,3 Prozent (Vorarlberg). In der Konsequenz verloren daher die Freiheitlichen Arbeitnehmer auch die beiden Mandate, die sie in der Hauptversammlung der Bundesarbeitskammer bisher eingenommen hatten.

Hinzugewinnen konnten die Grünen Gruppierungen, die sich erstmals bundesweit als Listenverbund verstanden und in den meisten Länderkammern unter dem Namen »Alternative und Grüne GewerkschafterInnen/Unabhängige GewerkschafterInnen (AUGE/UG)« antraten.

Sie gewannen in allen Bundesländern (außer Niederösterreich) leicht dazu, erreichten bundesweit 4,4 (plus 0,7) Prozent der Stimmen und insgesamt 33 Mandate.

In Kärnten, wo sie erstmals kandidierten, schafften sie den Einzug in die Vollversammlung mit 2 Mandaten, in Wien (5,7 Prozent) den Einzug in den Vorstand.

Bei dieser Wahl sind keine neuen Gruppen (mit Ausnahme der Liste Dirnberger in Niederösterreich und einer Abspaltung der Freiheitlichen Arbeitnehmer in Salzburg) zur Wahl angetreten, wohl aber haben die meisten der kleinen Fraktionen erneut kandidiert und sich im wesentlichen behaupten können.

Arbeiterkammer gestärkt

Bei allen Unterschieden und regionalen Besonderheiten zeigen die AK Wahlen doch einen gemeinsamen Trend: Die WählerInnen stimmten gegen die Auswirkungen der Regierungspolitik, wo sie als ArbeitnehmerInnen betroffen sind, und honorieren eine klare und konsequente Interessenpolitik. Eine bundesweite Wählerbefragung liegt nicht vor, stellvertretend können aber die Hauptergebnisse einer Nachwahlanalyse des Meinungsforschungsinstituts SORA Aufschluss über die wichtigsten Wahlmotive geben:

    * Als stärkstes Wahlmotiv gaben 94 Prozent aller WählerInnen an, mit ihrer Stimme »die Arbeiterkammer stärken« zu wollen.
    * 83 Prozent wünschen sich, dass die Regierung mehr auf die Arbeiterkammer hört.
    * 69 Prozent der Befragten geben als ihre Überzeugung an, dass die Regierung einseitig die ArbeitnehmerInnen belastet.

Wesentlich ist aber nicht nur die Kritik an Maßnahmen, die sich gegen die ArbeitnehmerInnen richten. Interessenpolitik bedeutet vorrangig die Entwicklung von Vorschlägen und Forderungen zur Lösung von gesellschafts-, wirtschafts- und sozialpolitischen Herausforderungen.

Die AK hat immer – und in den letzten Jahren verstärkt – an dieser ihrer Kompetenz gearbeitet und Programme vorgelegt. In den letzten Jahren standen Fragen der Arbeitsmarktpolitik, der Aus- und Weiterbildung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Vordergrund. Die Nachwahlbefragung zeigt, dass die WählerInnen dies (und die Kontinuität in der Interessenpolitik) honorieren:

Befragt nach den für sie wichtigsten Themen nennen die ArbeitnehmerInnen das Engagement für Arbeitsplätze (93 Prozent) und Weiterbildung (92 Prozent), insbesondere auch für jüngere Arbeitnehmer (96 Prozent) als die vorrangigsten Aufgaben, wo sie sich auch von der AK klare Interessenvertretung erwarten. Für 91 Prozent der ArbeitnehmerInnen ist auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein wichtiges Anliegen.

Vertrauen in AK ist gewachsen

Ein gleiches Pensionssystem für alle, Maßnahmen gegen das Schwarzunternehmertum, das Verhindern von Selbstbehalten im Gesundheitswesen und Maßnahmen gegen Lohndruck sind Anliegen, bei denen jeweils mehr als zwei Drittel der Mitglieder die Forderungen der Arbeiterkammer unterstützen.

Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass das Ansehen der AK in der Bevölkerung und die Anerkennung des Leistungsspektrums durch die Mitglieder wachsen. Ein (nicht von der AK in Auftrag gegebenes) Monitoring des Vertrauens der Bevölkerung in Institutionen der österreichischen Gesellschaft zeigt, dass das Vertrauen in die AK wächst, mehr als 60 Prozent stimmen dem zu, die AK liegt damit deutlichst zum Beispiel vor der Bundesregierung.

Eine AK-Umfrage unter den Mitgliedern hat 2001 gezeigt, dass die Zufriedenheit mit der Höhe des Mitgliedsbeitrags und den vorhandenen Leistungen gegeben ist. Mit dem Programm AK plus haben die Arbeiterkammern bundesweit ihren Leistungskatalog an neue Bedürfnisse angepasst und sind damit auf positives Echo gestoßen: Die neuen (und alten) Leistungen der AK, insbesondere in der Beratung, im Konsumentenschutz und in der Weiterbildung, werden von Jahr zu Jahr noch mehr in Anspruch genommen.

Dieser Kurs der AK – klare und konsequente Interessenvertretung und gleichzeitig ausgebaute direkte Leistungen für die Mitglieder, damit die ArbeitnehmerInnen nicht nur Rechte haben, sondern auch Recht bekommen – dieser Kurs ist bei den AK Wahlen 2004 bestätigt worden. Damit haben ihn die Wählerinnen und Wähler auch erneut als Auftrag formuliert.

Von Werner Muhm (Direktor der Bundesarbeitskammer und der AK Wien)

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .

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