AK/ÖGB: Zu wenig Zeit für Lehrlinge

Während die duale Ausbildung zunehmend zum Exportschlager avanciert, streben hierzulande immer weniger Jugendliche eine Lehre an. Um diesem Widerspruch auf den Grund zu gehen, haben Arbeiterkammer und der ÖGB eine umfassende Befragung beauftragt: den ersten österreichweiten Lehrlingsmonitor. Die Ergebnisse sollten den Unternehmen zu denken geben: „Zwei von fünf Lehrlingen sehen ihren Ausbildner, ihre Ausbildnerin nur manchmal oder sie kennen ihn/sie gar nicht. Ein ähnlich hoher Anteil bekommt nur kaum oder gar keine Rückmeldung zum Ausbildungsfortschritt. Jeder dritte Lehrling gibt sogar an, immer oder häufig für ausbildungsfremde Tätigkeiten eingesetzt zu werden“, zitiert Autor Peter Schlögl zentrale Erkenntnisse der Studie.

Weitere Punkte im Sündenregister: „Nicht einmal zwei Drittel der Lehrbetriebe (61 Prozent) interessieren sich dafür, was die Jugendlichen in der Berufsschule lernen – und jeder zweite Lehrling sagt, dass es bei neuen Arbeitsaufgaben nicht genug Zeit zum Ausprobieren gibt.“ Ausgerechnet jene Branchen, die am lautesten nach Lehrlingen schreien, sind im Übrigen auch jene, in denen die Jugendlichen nicht bleiben wollen. „Die Jugendlichen wollen keine unfreiwilligen Überstunden machen, um den Betrieb aufrechtzuerhalten“, hält Vanessa Radu, Bundesjugendsekretärin der vida, fest. „Die Aufgabe der Betriebe ist es, die Lehrlinge auszubilden und sie auf ihrem Weg zur Lehrabschlussprüfung zu begleiten.“ „Was im schulischen Bereich unvorstellbar wäre, ist in der Lehrlingsausbildung der Normalfall: Es wird nicht kontrolliert, wie gut oder schlecht die Jugendlichen ausgebildet werden“, kritisiert ÖGJ-Vorsitzender Sascha Ernszt. „Das zu ändern muss eine Lehre aus dem ersten Lehrlingsmonitor Österreichs sein.“ Auch AK-Präsident Rudi Kaske hält fest: „Derzeit ist die Lehrabschlussprüfung der einzige Gradmesser für die Qualität der praktischen Ausbildung in den Betrieben. Es gibt in den meisten Betrieben keine weitere Überprüfung, und das soll sich ändern.“ ÖGB-Präsident Erich Foglar wiederum betont: „Da Arbeits- und Ausbildungsbedingungen maßgeblich für die Zukunft der ArbeitnehmerInnen sind, gehört für uns eine umfangreiche Ausbildung für die LehrlingsausbildnerInnen in den Betrieben sowie ständige Weiterbildung der AusbildnerInnen dazu. Die Lehrlinge können nur so gut sein, wie jene, die sie ausbilden.“ Von nun an wollen Gewerkschaften und AK alle zwei Jahre aus Sicht der Lehrlinge Vergleiche und Rückschlüsse ziehen, ob die Lehrausbildung einen Schritt nach vorn oder zurück macht.

Infos unter www.lehrlingsmonitor.at

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Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 10/15.

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