Arbeitszeitverkürzung: Ewig grüßt die Vier-Tage-Woche

Eine Frau pflanzt in einem Gewächshaus eine Blume. In Spanien wird die 4-Tage-Woche getestet. Arbeitszeitverkürzung in Öösterreich.
Spanien testet die 4-Tage-Woche erneut. Die Ergebnisse werden wieder positiv sein. | © Adobestock/Alessandro Biascioli
Auch Spanien testet jetzt zwei Jahre lang die 4-Tage-Woche. Der Staat fördert eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Ein weiterer Test eines bereits erfolgreichen Modells.
Nach einem ersten Versuch im Jahr 2021 testet Spanien die 4-Tage-Woche erneut. Beschäftigte kleinerer und mittlerer Unternehmen sollen eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich bekommen. Der Versuch wird zwei Jahre lang laufen und wird vom Staat mit 9,6 Millionen Euro subventioniert. Ein Drittel der Belegschaft in Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern kann zehn Prozent weniger arbeiten, bekommt aber das volle Gehalt. Es ist ein weiterer Testballon zur Arbeitszeitverkürzung, die sich schon in so vielen Projekten zuvor als trag- und zukunftsfähig bewiesen hat.

Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung in Österreich auf dem Vormarsch

In Island ist die 4-Tage-Woche bereits üblich. In Großbritannien hat ein entsprechendes Experiment zu sehr gutem Feedback geführt ­– sowohl von Arbeitgeber:innen als auch von Arbeitnehmer:innen. Hier teilten 56 von 61 Unternehmen nach Ende der Testphase mit, die Vier-Tage-Woche beibehalten zu wollen. 18 bestätigten sogar, dass sie das Konzept bereits eingeführt hätten. Was wohl nicht nur aus Fürsorge für die Beschäftigten passiert, sondern auch an der Umsatzsteigerung gelegen haben könnte. Und auch in Belgien ist die 4-Tage-Woche bereits gesetzlich verankert. Auch eine Arbeitszeitverkürzung in Österreich wäre überfällig.

Eine Frau am Schreibtisch überarbeitet ihren Kalender. Symbolbild für die Arbeitszeitverkürzung in Österreich,
Eine 4-Tage-Woche ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn sie mit einer Arbeitszeitverkürzung in Österreich bei vollem Gehalt einhergeht. | © Adobestock/NicoElNino

Auch in Österreich hat die Debatte wieder an Fahrt aufgenommen. Aus Sicht der Gewerkschaften wäre eine Arbeitszeitverkürzung eine geeignete Möglichkeit, Arbeitsplätze attraktiver zu gestalten. „Betriebe müssen sich mehr anstrengen und attraktive Arbeitsplätze anbieten, wenn sie die besten Arbeitskräfte wollen. Das Angebot muss stimmen“, kommentiert Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes beispielsweise das aktuelle Ringen um Arbeitskräfte. Diese könnten nur mit besseren Arbeitsbedingungen, ordentlichen Gehältern und Löhnen, attraktiven und planbare Arbeitszeiten gewonnen werden.

Doch es gibt für eine Arbeitszeitverkürzung in Österreich auch sehr viel handfestere Gründe. Viele Berufe lassen sich aus körperlichen oder psychologischen Gründen nicht an 40 Stunden in der Woche ausüben. Das zeigen die hohen Teilzeit-Quoten in bestimmten Sektoren. Zum Beispiel in der Pflege oder im Gesundheitsbereich. Hier könnten die Arbeitgeber:innen mit der ersten deutlichen Arbeitszeitverkürzung seit einem halben Jahrhundert ein starkes Zeichen setzen. Wider besseres Wissen der Arbeitgeber:innen liefen die KV-Verhandlungen in dieser Branche dennoch schleppend.

Vier-Tage-Woche und Arbeitszeitverkürzung sind nicht das gleiche

Wichtig ist, dass bei den Beschäftigten auch tatsächlich eine Arbeitszeitverkürzung ankommt. Im europäischen Vergleich gehören Österreichs Beschäftigte mit 42,1 Arbeitsstunden pro Woche zu den Arbeitnehmer:innen, die für ihr Geld am längsten arbeiten müssen. Trotz der hohen Produktivität. In Deutschland liegt die wöchentliche Arbeitszeit durchschnittlich nur bei 40,5 Stunden. Ein Symptom dieser Statistik ist die enorme Menge unbezahlter Überstunden in Österreich. Insgesamt 47 Millionen Überstunden haben Österreichs Unternehmen im Jahr 2022 nicht vergütet. Den Beschäftigten entgingen so 1,2 Milliarden Euro.

Es gibt verschiedene Modelle der Vier-Tage-Woche. In Belgien müssen die Beschäftigten beispielsweise weiterhin 40 Stunden arbeiten, dürfen die Arbeitszeit aber an vier Tagen leisten. Beim extrem erfolgreichen Test in Großbritannien handelte es sich um eine echte Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Das Ergebnis: Die Beschäftigten nahmen um 65 Prozent weniger Krankheitstage und die Zahl der Mitarbeiter:innen, die das Unternehmen verließen, sank um 57 Prozent.

Auch das Modell in Spanien zielt darauf ab, dass die Arbeitnehmer:innen tatsächlich weniger arbeiten. Unternehmen sind während der Testphase auch dazu angehalten, neue Modelle der Arbeitszeitverkürzung auszutesten.

 

Sogenannter Fachkräftemangel ist ein Trugschluss

Einem Mantra gleich wiederholen Vertreter:innen der Wirtschaft, dass aufgrund des sogenannten Fachkräftemangels eine Arbeitszeitverkürzung in Österreich kontraproduktiv sei. Dennis Tamesberger, Leiter des Teams Sozialpolitik der Arbeiterkammer Oberösterreich, hält dieses Argument um Gespräch mit Arbeit und Wirtschaft für vorgeschoben. „Von einem generellen massiven Arbeitskräftemangel, wie er von Unternehmer:innenseite plakativ beklagt wird, sind wir weit entfernt.“ Schließlich hätten im  Jahresdurchschnitt 2022 rund 333.000 Menschen eine Stelle gesucht und rund 40 Prozent der offenen Stellen würden keinen Abschluss oder maximal einen Pflichtschulabschluss voraussetzen.

Alle Experimente zur Vier-Tage-Woche endeten mit dem gleichen positiven Ergebnis. Die Zufriedenheit stieg, die Produktivität blieb gleich oder stieg. Von einer Arbeitszeitverkürzungen in Österreich würden Unternehmen ebenso profitieren wie die Beschäftigten. Auch Spanien wird in einem Test voraussichtlich zu diesem Ergebnis kommen.

Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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