Kurzsichtige Forderung
Höhere Mieten für BesserverdienerInnen im kommunalen und gemeinnützigen Wohnbau sind zudem sehr kurzsichtig, weil dies dazu führen wird, dass die Wohnungen an Menschen mit geringerem Einkommen gleich gar nicht vermietet werden. Kommunale, gemeinnützige und private, mit Fördermitteln agierende Wohnbauunternehmen könnten Mieteinnahmen optimieren und tendenziell an Besserverdienende vermieten – und müssten dies aus aufsichtsbehördlichen, budgetoptimierenden und betriebswirtschaftlichen Zwängen sogar. Somit haben gerade jene Menschen, für die geförderte Wohnungen eigentlich errichtet wurden, weniger Zugang zu günstigem Wohnraum. Viel sinnvoller ist da die bisherige Praxis, dass alle MieterInnen prinzipiell einen gleich hohen Mietzins bezahlen, jedoch die einkommensschwächeren Haushalte Wohnbeihilfe zur effektiven Wohnkostensenkung erhalten. Damit bezahlen BesserverdienerInnen im kommunalen und gemeinnützigen Wohnbau schon derzeit im Endeffekt mehr.
Immerhin, für die Menschen, die sich Eigentum leisten können, soll es finanzielle Erleichterungen geben. Das Regierungsprogramm wird dazu blumig: Familien sollen sich „ihren Traum von den eigenen vier Wänden wieder einfacher erfüllen können“. Die Begründung: „Eigentum ist eine wichtige Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben.“ Konkret ist darin das Vorhaben verankert, dass „staatliche Gebühren und Steuern im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb“ wegfallen sollen. Klingt ja alles wunderbar, zumindest in der Theorie. Denkt man diesen Vorschlag aber durch, werden sich Familien ihren Traum von den eigenen vier Wänden doch nicht einfacher (= kostengünstiger) erfüllen können, wie die Koalitionspartner glauben machen wollen. Im selben Ausmaß, wie sich die Steuern und Gebühren vermindern, werden die Kaufpreise der Eigentumswohnungen und Eigenheime steigen. Die Kaufpreise am freien Markt bilden sich ja je nachdem, welche Kostenbelastung sich Menschen insgesamt beim Kauf einer Immobilie leisten können. Bauträger werden die Verbilligung der Kaufnebenkosten also schlichtweg „aufsaugen“. Das bedeutet mehr Gewinne für Bauträger auf Kosten des Staates, also der Allgemeinheit.
„Bauland mobilisieren“: Dieses Stichwort im neuen Regierungsprogramm ist nicht neu. Schon in der alten Regierung war vereinbart, dass „Vorbehaltsflächen für den förderbaren Wohnbau“ bei Umwidmungen von Grundstücken der öffentlichen Hand in Bauland geschaffen werden sollen. Mehr ist mit der ÖVP offensichtlich nicht möglich. Man fragt sich aber zu Recht, warum dies nur für Grundstücke der öffentlichen Hand gelten soll?
Kann man es von einem privaten Grundeigentümer nicht verlangen, dass er einen Teil seines Grundstücks zu einem sozialen Preis für den geförderten Wohnbau zur Verfügung stellen muss, wenn er nicht durch eigene Leistung, sondern durch die Baulandwidmung der öffentlichem Hand zum Millionär wird?
ArbeitnehmerInnen ignoriert
Schon StadtforscherInnen des Kollektivs urbaniZm haben nachgewiesen, dass die Regierung die Forderungen der Immobilientreuhänder und institutionellen Anleger wie Banken, Versicherungen oder ausländische Investmentfonds im Regierungsprogramm zu den ihrigen gemacht hat. Schwarz-Blau will also offensichtlich deren Interessen fördern, die Nöte der ArbeitnehmerInnen und KonsumentInnen spielen offensichtlich keine Rolle. Für die mittleren und einkommensschwächeren Haushalte wird nichts getan, ganz im Gegenteil: Für ein großes Wohnungssegment, das meist von Durchschnitts- und GeringverdienerInnen bewohnt wird, werden die Mieten noch teurer.
Linktipp:
„Wie sich die Immobilienwirtschaft in das Regierungsprogramm eingebracht hat“
Walter Rosifka
Abteilung KonsumentInnenschutz der AK Wien
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 3/18.
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