Manches Mal wird das aus eigener Kraft gelingen, meist werden die anderen mithelfen müssen und ihre TeamkollegInnen durch das Netz durchreichen. Die Problemstellung ist eine sehr komplexe: Wer macht den Anfang, wenn noch niemand auf der anderen Seite steht? Wer steigt als Letzter oder Letzte durch das Netz? Wenn jede Öffnung nur von einer Person genutzt werden darf: Wer passt wo durch, wer braucht dabei welche Hilfestellung? Zudem darf keine der Schnüre bei all diesen Manövern berührt werden, sonst heißt es: Zurück zum Start.
Teamgeist beleben
Peter Schissler, Bundessekretär für Bildung und Personalentwicklung der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE), eta-blierte in den vergangenen Jahren Workshops, in denen Erlebnispädagogik großgeschrieben wird, für BetriebsrätInnen, die von der PRO-GE betreut werden. Er selbst hat die Ausbildung zum Diplomierten Outdoor-Trainer vor rund zehn Jahren absolviert. Inzwischen wurden KollegInnen, meist betreuende SekretärInnen, ebenfalls zu TrainerInnen ausgebildet, 16 weitere sind gerade in Ausbildung.
Übungen wie jene mit dem Spinnennetz helfen, den Teamgeist im Betriebsrat zu stärken und aus EinzelkämpferInnen TeamspielerInnen zu machen.
Übungen wie jene mit dem Spinnennetz helfen, den Teamgeist im Betriebsrat zu stärken und aus EinzelkämpferInnen TeamspielerInnen zu machen. Schissler und seine TrainerkollegInnen sondieren im Vorfeld des Seminars, worin das Problem in dem konkreten Betriebsratsgremium besteht. Oft ist es eine Übergabe vom bisherigen an den neuen Vorsitzenden. Häufig gibt es auch ein Kommunikationsproblem unter den Mitgliedern des Betriebsrats. Dieses wird dann mit einem Mix von erlebnispädagogischen Übungen und anschließendem Überleiten zu Lösungsansätzen bearbeitet. Am Ende der Klausur wird der weitere Fahrplan festgelegt, der Ziele definiert.
Gewinn für alle
Die Resonanz von jenen BetriebsrätInnen, die bereits einen solchen Workshop absolviert haben, sei positiv, erzählt Schissler. „Fast immer hat sich danach die Arbeitsteilung und die Arbeitsstruktur verändert. Am Ende gewinnen alle.“
Es war klar, dass die ArbeitnehmerInnenschaft in ihrer Gesamtheit ihre Rechte nicht wahrnehmen kann, sondern Vertreter braucht.
Martin Müller, Leiter des Referats Rechts- und Kollektivvertragspolitik im ÖGB
Dass diese VertreterInnen nach der Intention des Gesetzes, das inzwischen Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes ist, bis heute die Kollektivinteressen der gesamten Belegschaft zu vertreten haben, sei allerdings vielen nicht mehr bewusst, kritisiert der Jurist. Zutage gebracht habe das in den vergangenen Jahren ausgerechnet das Bemühen um eine gendergerechte Sprache. Nun ist auch in Betrieben und Gewerkschaften die Rede von BetriebsrätInnen. „Der Betriebsrat ist aber immer das Kollegialorgan. Wenn ich die Einzelperson meine, ist das das Betriebsratsmitglied“, findet der Gewerkschafter.
In der Wahrnehmung der Beschäftigten ist jedoch auch die Aufgabenstellung von Betriebsratsmitgliedern eine andere als die eigentlich intendierte. „Sie gehen zu ihrem Betriebsrat wie zum Klassensprecher. Das ist das einzelne Mitglied aber nicht, auch nicht der oder die Vorsitzende“, bedauert Müller. „Die einzelnen Betriebsratsmitglieder sind eben nicht die AnwältInnen der einzelnen ArbeitnehmerInnen. Ganz im Gegenteil. Es geht nicht um Partikularinteressen, es geht um das Kollektivinteresse. Und das haben alle Betriebsratsmitglieder gemeinsam wahrzunehmen.“
Müller illustriert das ideale Wirken von Betriebsräten mit Sportarten, bei denen ein Ball über ein Netz gespielt wird. „Viele begreifen die Betriebsratsarbeit als Tennisspiel. Die SpielerInnen bestreiten dabei das Match alleine, auch wenn sie etwa Teil des Davis Cup Teams sind, sind sie doch EinzelkämpferInnen. Die eigentliche Absicht des Betriebsrätegesetzes war aber, dass der Betriebsrat ein Volleyballteam ist, das gemeinsam versucht, den Ball im Spiel zu halten und über das Netz zu bringen. Es kann im Betriebsrat unterschiedliche Fraktionen geben, aber am Ende ist es ein Betriebsrat.“