Mit ihren Sorgen ist Sonja nicht allein. Viele bekommen den Druck in der Arbeitswelt schon früh zu spüren. Was Sonjas Sorgen mildert: Sie ist seit Beginn ihrer Berufstätigkeit Mitglied in der Gewerkschaft. Es sei „ein gutes Gefühl“, wie sie sagt, wenn man jemanden an seiner Seite habe und wisse, dass man gemeinsam mit vielen Verbündeten Verbesserungen durchsetzen kann.
Ein gutes Leben für alle – Wohlstand, Gerechtigkeit, Mitbestimmung, Sicherheit, Freiheit und Frieden – gibt es nur in stabilen Demokratien. Dafür braucht es die gewerkschaftliche Solidarität, dafür braucht es starke Gewerkschaften. Dass Österreich sich in den vergangenen 80 Jahren zu einem der reichsten Länder der Welt entwickeln konnte, dass es eine gute Absicherung und einen starken Sozialstaat gibt, daran hatte der im April 1945 gegründete großen Anteil. Er ist heute das gemeinsame Dach der Gewerkschaft GPA, der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD), der younion_Die Daseinsgewerkschaft, der Gewerkschaft Bau-Holz, der Gewerkschaft vida, der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten und der Produktionsgewerkschaft PRO-GE.
Wenn es eine Pensionsreform gibt,
die dazu führt, dass ich länger arbeiten muss,
dann gehe ich sofort auf die Straße.
Sonja
Und auch 80 Jahre nach seiner Gründung gibt es noch viel zu tun: etwa Österreich (wieder einmal) aus der Krise zu führen und auf Erfolgskurs zu bringen. Wie das gelingen kann, hat der ÖGB in einem 10-Punkte-Plan für Wirtschaft und Beschäftigung dargelegt. Gerade jetzt benötigen wir sinnvolle und langfristige Investitionen statt planloser Kürzungen. Besonders wichtig sind Investitionen in erneuerbare Energien, in leistbares Wohnen, in Bildung und Pflege sowie in ein öffentliches Verkehrsnetz. Mehr Mittel für den Klimaschutz helfen, Arbeitsplätze zu sichern und den Standort Österreich zu stärken. Ein Sparprogramm wird hingegen Investitionen bremsen und der Wirtschaft schaden.
Für Gerechtigkeit
„Was man in der Arbeitswelt nicht geschenkt bekommt, muss erkämpft werden, vor allem für uns Frauen“, ist Sonja überzeugt. Sie war schon bei vielen Aktionen und Demonstrationen des ÖGB mit dabei. „Mit Erfolg“, erzählt sie stolz: „Immer wieder konnten wir wichtige Zugeständnisse und Verbesserungen durchsetzen.“ Anlass zum Protest gibt es allemal: Immer wieder drohen – wie auch aktuell – Rückschritte und Einschnitte bei den Rechten von Arbeitnehmer:innen. Steuergerechtigkeit ist noch nicht erreicht, Gleichberechtigung in allen Bereichen ebenso wenig.
Auch im Arbeitsleben besteht noch viel Verbesserungsbedarf: Obwohl Diskriminierung im Arbeitsalltag verboten ist, gibt es in Österreich immer wieder Probleme. Im Durchschnitt verdienen Männer deutlich mehr als Frauen. Die Schließung dieser Lohnschere bleibt ein wichtiges Daueranliegen der Gewerkschaften. Es liegen bereits konkrete Vorschläge auf dem Tisch, was Politik und Unternehmen tun müssten, um diese zu erreichen: vor allem mehr und bessere Kinderbetreuungseinrichtungen sowie mehr Transparenz bei den Gehältern schaffen, damit Ungleichbehandlungen in Unternehmen sichtbar werden. Schließlich gelingt eine gerechtere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern auch in anderen Ländern, wie etwa in Skandinavien.
Für mich ist es wichtig zu wissen,
dass man nicht allein ist,
egal welche Schwierigkeiten man hat.
Alexandra
Auch für Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt oft benachteiligt werden, etwa ältere Arbeitnehmer:innen oder Menschen mit Behinderungen, setzen sich die Gewerkschaften ein. Sie kämpfen dafür, dass Barrieren im Job abgebaut werden und dass auch im Alter gute Arbeitsbedingungen gewährleistet sind. Zudem wird auf die Wichtigkeit von ausreichend Zeit zur Genesung im Krankheitsfall geachtet und darauf, dass Arbeit nicht krank macht.
„Für mich ist es wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist, egal welche Schwierigkeiten man hat“, sagt Alexandra. „Und dass ich weiß, es gibt jemanden, der mir helfen kann und meine Rechte sowie meine soziale Sicherheit stärkt.“ Die 32-Jährige ist als Lehrling Gewerkschaftsmitglied geworden. Mittlerweile hat sie eine Tochter, die in die Volksschule geht. Die bessere Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, auch für Väter, ist für sie ein wichtiges Thema. Besonders gut gefällt Alexandra die Idee der Familienarbeitszeit, also dass beide Elternteile ihre Arbeitszeit bis zum vierten Geburtstag des Kindes reduzieren können und dafür einen Bonus erhalten. „Mit der Gewerkschaft bin ich Teil von etwas Größerem, und das taugt mir“, sagt Alexandra.
Für Gemeinschaft
Für Gerhard, 51, ist Mitbestimmung im Betrieb ein zentrales Thema. Betriebsratsmitglieder leisten wertvolle und gute Arbeit, sogar ehrenamtlich, erzählt er: „In Firmen mit Betriebsrat läuft der Laden besser, und die Beschäftigten sind zufriedener.“ Dafür braucht es auch den nötigen Rückhalt: Die Gewerkschaften und Arbeiterkammern unterstützen mit Rat und Tat die tägliche Arbeit von Zehntausenden Belegschaftsvertreter:innen. Sie sind auch enorm wichtig, wenn es darum geht, unsere Demokratie und Mitbestimmung zu sichern.
Heute vor 80 Jahren wurde der ÖGB gegründet. Seit damals setzen wir uns für faire Löhne, sichere Jobs und soziale Gerechtigkeit ein.
Was wir erreicht haben – und was noch vor uns liegt – erklärt @wolfgangk.bsky.social in diesem Video.
#80JahreÖGB
Gerade in politisch unsicheren und wirtschaftlich herausfordernden Zeiten ist das Sicherheitsnetz, das Gewerkschaften bieten, von großer Bedeutung. Und dass jemand den Unternehmen auf die Finger schaut, wenn sie ausbeuterische Praktiken anwenden oder Lohn- und Sozialdumping betreiben. „Alle müssen sich an die Regeln halten“, meint Sibylle. „Ich kann ja auch nicht bei meiner Arbeit kommen und gehen, wie es mir passt. Daher erwarte ich, dass die Arbeitgeber:innenseite das auch nicht tut“, findet die Lehrerin aus Tirol. „Ich bin froh, dass es eine Stelle gibt, die Ungerechtigkeiten bekämpft bzw. verhindert.“
Auch Wolfgang aus Oberösterreich teilt viele der genannten Anliegen. Er arbeitet bei einer Bank und spart gerne. Deshalb ist er immer wieder dankbar für die Ermäßigungen, die er durch seine Gewerkschaftsmitgliedschaft erhält. „Mein Beitrag ist eine wirklich gute Investition“, findet er, „für mich selbst, für meine Familie, aber vor allem, weil ich auch dazu beitrage, Österreich zu verbessern.“ Und weil er gerne den gemeinsamen Zusammenhalt spürt.
Weiterführende Artikel
Wie wir die Demokratie aufwerten – Arbeit&Wirtschaft