Oxfam warnt: Wie Superreiche unsere Demokratie aushebeln

Ein obdachloser Mensch bettelt in der Straße um Geld.
Die Ungleichheit wächst – die Maßnahmen der Politik verstärken den Trend mehr, als dass sie gegensteuern. | © Adobestock/Photographee.eu
Ein aktueller Oxfam-Bericht zeigt, welche Maßnahmen die Ungleichheit verhindern, die Demokratie stärken und Armut verringern. Doch die Politik einer möglichen FPÖ-ÖVP- Regierung könnte in eine ganz andere Richtung steuern.
Der aktuelle Oxfam-Bericht „Milliardärs-Macht beschränken, Demokratie schützen“ bringt die aktuelle Ungleichheit in der Welt auf den Punkt. Im Jahr 2024 ist das Gesamtvermögen der Milliardär:innen um zwei Billionen US-Dollar gestiegen. Gleichzeitig hungern 733 Millionen Menschen aufgrund von Armut. Die Ungleichheit nimmt vielerorts weiter zu, weil Regierungen die Budgets für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung kürzen und Steuervorteile für Vermögende einführen.

Budgetpläne der kommenden Bundesregierung

Auch Österreich könnte diesem Muster folgen, wie die Sparpläne von FPÖ und ÖVP zeigen. Helene Schuberth, Bundesgeschäftsführerin des ÖGB, kritisiert die präsentierten Ideen in einer Stellungnahme: „Da ist nichts dabei, das Arbeitsplätze sichert. Man wählt einen Weg, der Wirtschaft, Konsum und Beschäftigung schwächen wird.“ Besonders drei Punkte stören sie.

  • Der Klimabonus soll abgeschafft werden: Die Kosten der CO₂-Steuer würden so auf die Bürger:innen abgewälzt werden, was einer Steuererhöhung von zwei Milliarden Euro entspricht. „Es kommen Mehrkosten von etwa 200 Euro pro Jahr für Pendler:innen, 455 Euro mehr für jene, die mit Heizöl heizen und etwa 200 Euro mehr für Haushalte mit Gasheizung“, rechnet sie vor.
  • Die Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitssuchende sollen eingeschränkt werden: Das Arbeitslosengeld in Österreich ist mit einer Nettoersatzrate von 55 Prozent im europäischen Vergleich bereits sehr niedrig. Ohne Zuverdienst steigt die Gefahr, in Armut zu rutschen – und die Chance, Kontakte zu Arbeitgeber:innen zu knüpfen, fällt weg.
  • Die Bildungskarenz soll nicht weitergeführt werden: Das trifft primär Frauen, so Schuberth. „Die Bildungskarenz ermöglicht ihnen, sich finanziell abgesichert weiterzubilden, während sie zugleich die Kinder betreuen.“ Das eigentliche Problem, der Mangel an flächendeckender und kostengünstiger Kinderbetreuung, werde nicht angegangen.

Kein Platz für Steuergerechtigkeit

Wer dagegen nicht mit Steuern rechnen muss, sind Vermögende: „Das Steuersystem wird nicht gerechter: Konzerne zum Beispiel durch eine Bankenabgabe und Reiche tragen nichts zur Konsolidierung bei“, schlussfolgert Schuberth.

Damit würde sich Österreich dem globalen Trend neoliberaler Wirtschafts- und Sozialpolitik anschließen, die der Oxfam-Bericht kritisiert. Die NGO rechnet vor:

  • Vier von fünf Ländern weltweit haben in den vergangenen Jahren den Anteil im Staatshaushalt für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung gekürzt.
  • Vier von fünf haben Rückschritte bei der Steuerprogression, also der steuerlichen Mehrbelastung höherer Einkommen, gemacht.
  • Neun von zehn verzeichnen Verschlechterungen der Arbeitsrechte und Mindestlöhne.

Der Einfluss der Überreichen auf die Politik

Genau diese Einsparungen in sozialer Sicherheit, Bildung oder Gesundheit würden zum weltweiten Aufschwung rechtspopulistischer Parteien beitragen, analysiert Oxfam. „Eine Politik, die in der Summe die Reichen bevorzugt und Armut und soziale Ungleichheit grassieren lässt, untergräbt den Glauben vieler Menschen an die Demokratie“, heißt es in dem Bericht. Die Wahlbeteiligung in den unteren Einkommensschichten sinkt und auch das politische Engagement gehe zurück.

Ganz anders sieht es am anderen Ende des Einkommensspektrums aus. „Milliardär:innen streben überdurchschnittlich oft politische Ämter an, konzentrieren sich hierbei gezielt auf einflussreiche Positionen und haben damit oft Erfolg“, so Oxfam. Längst hätten sich vermögende Menschen einen enormen Einfluss in der Politik gesichert. Elon Musk in den USA sei dabei ein prominentes Beispiel. Unternehmen würden ihre Interessen durch Lobby- und gezielte Öffentlichkeitsarbeit, Parteienfinanzierung und Medieneinfluss durchsetzen.

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So beseitigt man die Ungleichheit

Oxfam schließt den Bericht mit einem Lösungsweg. Überreiche besteuern, Investitionen in soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz und ein Abbau der Konzernmacht könnten die Demokratie stabilisieren, populistische Kräfte klein halten und das Vertrauen in die Politik verbessern.

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Über den/die Autor:in

Christian Domke Seidel

Christian Domke Seidel hat als Tageszeitungsjournalist in Bayern und Hessen begonnen, besuchte dann die bayerische Presseakademie und wurde Redakteur. In dieser Position arbeitete er in Österreich lange Zeit für die Autorevue, bevor er als freier Journalist und Chef vom Dienst für eine ganze Reihe von Publikationen in Österreich und Deutschland tätig wurde.

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