Inwieweit verändert die Klimakrise die Arbeit und das Leben der Menschen, die Sie vertreten?
Rebecca Abongo: Der Arbeitsalltag unserer Mitglieder, die wir vertreten, wird oft durch Wetterextreme beeinflusst. Einige von ihnen sind dann nur noch saisonal beschäftigt oder verlieren ihren Job dauerhaft. Ein Beispiel dafür war etwa das Verbot von Plastiksackerl vor einigen Jahren in Kenia: 3000 Personen, die in der Produktion arbeiteten, verloren ohne Vorwarnung ihre Arbeit. Die Gewerkschaft war bei diesen Entscheidungen nicht eingebunden, und das wollen wir ändern, indem wir für eine „Just Transition“ eintreten.
Wie gehen Sie dabei konkret vor?
In den Tarifverträgen gab es früher keine Klimawandel-Klauseln, aber inzwischen haben wir viel dazu gelernt. Wir schulen Führungskräfte und Mitglieder, um die Klimakrise verständlicher zu machen und die Grundsätze der „Just Transition“ zu berücksichtigen. Ein großer Schritt war die Entwicklung kollektiver Vereinbarungen, die Umweltschutz und Arbeitsplatzsicherheit einschließen.
Welche Regionen in Kenia sind am stärksten von der Klimakrise betroffen?
Vor allem trockene Regionen wie Marsabit im Norden Kenias sind betroffen. Die Bauern dort wissen oft nicht mehr, wann sie säen oder pflügen sollen, weil das Wetter so unberechenbar geworden ist. Die Teeanbaugebiete im Hochland leiden unter starken Temperaturschwankungen. Das führt zu geringeren Erträgen und kostet Arbeitsplätze.
Wie wirkt sich die Klimakrise auf die Migration in Kenia aus?
Menschen aus ländlichen Regionen müssen in die Städte ziehen, weil die Ernten nicht mehr so gut ausfallen wie früher. Viele Frauen, die in der Landwirtschaft arbeiten, suchen im urbanen Raum nach anderen Jobs.
#Klimakrise abwehren und dabei das Leben der Arbeitenden verbessern? Geht das? Ja, das geht! 💪Und damit es voran geht, haben AK, Gewerkschaften, Klimabewegung und Wissenschaft die „Akademie für sozialen und ökologischen Umbau“ ins Leben gerufen #SozialUndÖkologisch #WirBauenUm pic.twitter.com/P89qVDTElL
— AK Österreich (@Arbeiterkammer) March 30, 2023
Welche Verantwortung sollte hier der globale Norden übernehmen?
Afrika verursacht nur vier Prozent der globalen Emissionen, leidet aber massiv unter den Folgen. Wir benötigen daher Unterstützung – in Form von Technologien und Finanzierungen. Die aktuell in Baku stattfindende Weltklimakonferenz (COP) ist entscheidend für diese Unterstützung. Bisher wurde nicht einmal das Finanzierungsziel von 10 Milliarden US-Dollar pro Jahr für den Grünen Klimafonds nicht erreicht; notwendig wären aber viel mehr. Auch wenn die nationalen Klimabeiträge (NDCs) zuletzt zwar erhöht wurden, brauchen wir klare Finanzierungszusagen für eine „Just Transition“.
Der Green Climate Fund (GCF), auf Deutsch auch Grüner Klimafonds genannt, ist ein Klimafonds der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Er wurde im Zuge der UN-Klimaverhandlungen im Verhandlungsstrang „Loss and Damage“ (Verluste und Schäden) gegründet, mit dem Ziel der Klimafinanzierung, etwa Geld für Projekte sowohl zur Minderung von Treibhausgasemissionen als auch zur Klimawandelanpassung in Entwicklungsländern bereitzustellen. NDC steht für nationalen Klimabeiträge (Nationally Determined Contributions). Sie bilden das Herzstück des Pariser Klimaabkommens von 2015 und legen fest, wie jedes Land zu den im Pariser Abkommen festgelegten globalen Temperaturzielen beitragen wird.
Ist es sinnvoll, dass europäische Länder auch in kenianische Klimaprojekte investieren?
Diese Investitionen sind hilfreich, wenn sie die Kapazitäten vor Ort stärken und von den lokalen Gemeinschaften verwaltet werden. Für uns ist ein öffentlicher Ansatz im Kampf gegen den Klimawandel wichtig: weg von Privatisierungen hin zu einem öffentlichen Rahmen, der allen zugänglich ist.
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