Kommentar: Wie kommt das Soziale ins Ökologische?

Eine Landwirtin steht vor ihrem Maisfeld mit Windrädern. Just Transition soll das Soziale ins Ökologische bringen.
Gezielte sozialpolitische Interventionen zum Schutz der Vielen - das ist das Ziel von „Just Transition“. | © Adobestock/Kzenon
Wie alle großen Entwicklungen ist auch die Umgestaltung zu einer klimafitten Industrie am Ende des Tages eine Verteilungsfrage. Jeder Umbruch führt zum Bruch, hat Verlierer:innen und Gewinner:innen. Das erklärt Susanne Haslinger von der PRO-GE.
Gewerkschaften rund um den Globus diskutieren bereits seit Jahrzehnten das Prinzip der sogenannten „Just Transition“. Halbherzig, aber doch hat es 2015 sogar Eingang ins Pariser Klimaabkommen gefunden. Um die Klimawende nicht zu einem kapitalistischen Großprojekt im Sinne der Profitmaximierung zu machen, soll der Übergang in eine klimaneutrale Zukunft sozial gerecht („just“) passieren. Das bedeutet: geplant, gesteuert, begleitet. Maßnahmen zur „Just Transition“ sind gezielte sozialpolitische Interventionen zum Schutz der Vielen – der Arbeitnehmer:innen, der Konsument:innen.

Das Prinzip ist nicht neu – mit einem neoliberalen Blick auf die Rolle des Staats aber verpönt. Gerade in Österreich hat man große Brüche stets umfassend sozialpolitisch begleitet, sei es den Niedergang der Verstaatlichten ab den 1980er-Jahren oder den EU-Beitritt 1995. Denn Strukturwandel ist selten ein rein innerbetrieblicher Prozess – schnell ist eine regionale Auswirkungskette vorhanden, vor allem in Hinblick auf die Arbeitsplätze. Negativbeispiele kennen wir unter anderem aus ehemaligen Kohlehochburgen in den USA. Dort wurden die betroffenen Arbeiter der Zechenschließung zum Fraß vorgeworfen – heute sind viele der betroffenen Städte Hochburgen der Opioid-Krise.

„Just Transition“ in praktische Maßnahmen gießen

Wie kommt aber – im Sinne von „Just Transition“ – das Soziale ins Ökologische? Zum Beispiel durch die längst überfällige Verankerung sozialer Kriterien als Bedingung für das Lukrieren öffentlicher Gelder und/oder Aufträge. Das bedeutet auch eine Abkehr von der bedingungslosen Subventionierung millionenschwerer Investitionen großer Industrieunternehmen. Rund drei Milliarden Euro stellt das Klimaministerium der Industrie bis zum Jahr 2030 zur Verfügung, um auf nachhaltige Energie umzustellen und vom Gas wegzukommen. Die Förderrichtlinien sehen zumindest vor, dass der Betriebsrat vom geplanten Ausbau informiert werden muss und allfällige Folgen beratschlagt werden müssen – ein erster Tropfen auf den sehr heißen Stein.

Was fehlt: der Blick auf die Arbeitnehmer:innen und damit arbeitsmarktpolitische Überlegungen. Ebenso wie die Verpflichtung, weiterhin am Standort zu produzieren und den Personalstand zu halten. Auch bei der Berücksichtigung regionaler Wertschöpfungsketten hat die Bundesregierung nichts getan. So wird beispielsweise Photovoltaik massiv gefördert, während der österreichische Wechselrichter-Produzent Fronius seit Monaten aufgrund der chinesischen Dumping-Konkurrenz strauchelt. Des Kanzlers Antwort: ein „Standortgipfel“ bei Fronius. Die Bevorzugung regionaler Zulieferer: kein Thema.

Mein Fazit: Die soziale Gerechtigkeit in der Klimapolitik ist mehr als ausbaufähig. Es fehlen vor allem Plan und Strategie seitens der Politik. Am Ende des Tages müssen wir auch die Frage stellen, wie wir Profite verteilen und nicht, wie gewohnt, nur die Kosten. „Just Transition“ darf kein Randaspekt bleiben.

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Über den/die Autor:in

Susanne Haslinger

Mag.a Susanne Haslinger ist Juristin und in der sozialpolitischen Abteilung der Produktionsgewerkschaft (PRO-GE) tätig.

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