Das Prinzip ist nicht neu – mit einem neoliberalen Blick auf die Rolle des Staats aber verpönt. Gerade in Österreich hat man große Brüche stets umfassend sozialpolitisch begleitet, sei es den Niedergang der Verstaatlichten ab den 1980er-Jahren oder den EU-Beitritt 1995. Denn Strukturwandel ist selten ein rein innerbetrieblicher Prozess – schnell ist eine regionale Auswirkungskette vorhanden, vor allem in Hinblick auf die Arbeitsplätze. Negativbeispiele kennen wir unter anderem aus ehemaligen Kohlehochburgen in den USA. Dort wurden die betroffenen Arbeiter der Zechenschließung zum Fraß vorgeworfen – heute sind viele der betroffenen Städte Hochburgen der Opioid-Krise.
„Just Transition“ in praktische Maßnahmen gießen
Wie kommt aber – im Sinne von „Just Transition“ – das Soziale ins Ökologische? Zum Beispiel durch die längst überfällige Verankerung sozialer Kriterien als Bedingung für das Lukrieren öffentlicher Gelder und/oder Aufträge. Das bedeutet auch eine Abkehr von der bedingungslosen Subventionierung millionenschwerer Investitionen großer Industrieunternehmen. Rund drei Milliarden Euro stellt das Klimaministerium der Industrie bis zum Jahr 2030 zur Verfügung, um auf nachhaltige Energie umzustellen und vom Gas wegzukommen. Die Förderrichtlinien sehen zumindest vor, dass der Betriebsrat vom geplanten Ausbau informiert werden muss und allfällige Folgen beratschlagt werden müssen – ein erster Tropfen auf den sehr heißen Stein.
Der Kampf #Klimaschutz versus Arbeitsplätze ist vorbei. Um den ökologischen Umbau der Wirtschaft sozial verträglich zu gestalten, schmieden Klima- und Gewerkschaftsbewegung in jüngster Zeit immer mehr Bündnisse. 👇https://t.co/b56bi2YOEY
— Arbeit&Wirtschaft Magazin (@AundWMagazin) July 25, 2024
Was fehlt: der Blick auf die Arbeitnehmer:innen und damit arbeitsmarktpolitische Überlegungen. Ebenso wie die Verpflichtung, weiterhin am Standort zu produzieren und den Personalstand zu halten. Auch bei der Berücksichtigung regionaler Wertschöpfungsketten hat die Bundesregierung nichts getan. So wird beispielsweise Photovoltaik massiv gefördert, während der österreichische Wechselrichter-Produzent Fronius seit Monaten aufgrund der chinesischen Dumping-Konkurrenz strauchelt. Des Kanzlers Antwort: ein „Standortgipfel“ bei Fronius. Die Bevorzugung regionaler Zulieferer: kein Thema.
Mein Fazit: Die soziale Gerechtigkeit in der Klimapolitik ist mehr als ausbaufähig. Es fehlen vor allem Plan und Strategie seitens der Politik. Am Ende des Tages müssen wir auch die Frage stellen, wie wir Profite verteilen und nicht, wie gewohnt, nur die Kosten. „Just Transition“ darf kein Randaspekt bleiben.
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