Arbeit&Wirtschaft: Bedeutet die Sozialversicherungsreform der Bundesregierung langfristig einen Angriff auf den Sozialstaat?
Alois Stöger: Das ist keine Reform! Das, was hier vorgetragen wurde, hat mit dem Begriff von „Reform“ nichts zu tun. Das ist die bewusste Verhinderung eines funktionierenden Sozialstaates. An der Vorgangsweise, wie der Gesetzesvorschlag gemacht wurde, kann man ablesen: Man will keinen Sozialstaat haben, man erkennt in keiner Weise die Wirkung des Sozialstaates auf die Demokratie, und man will auch die interne Demokratie innerhalb der Sozialversicherung beenden. Das ist das Konzept, das dahintersteckt. Ein autoritäres Staatskonzept und eine klare Bevormundung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber. Vom betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkt ist das die stümperhafteste Form einer Zusammenführung von Institutionen.
An der Vorgangsweise, wie der Gesetzesvorschlag gemacht wurde, kann man ablesen: Man will keinen Sozialstaat haben, man erkennt in keiner Weise die Wirkung des Sozialstaates auf die Demokratie, und man will auch die interne Demokratie innerhalb der Sozialversicherung beenden.
Aus sozialrechtlicher Sicht, aber auch aus verfassungsrechtlicher Sicht von einem Dutzend Experten wurden zahllose Bedenken an dem Entwurf geäußert. Das offiziell genannte Einsparungspotenzial wird ebenfalls stark angezweifelt. Warum, glauben Sie, geht die Regierung so vor, wenn so viele Bedenken in Richtung Gesetzeswidrigkeit am Tisch liegen?
Die Arbeitgeber bestellen, die Regierung setzt um, und die ArbeitnehmerInnen bezahlen – das ist das Grundproblem. Ich verstehe auch die Arbeitgeber nicht, weil sich gegenüber der Mehrheit der Unternehmer nur ganz wenige durchgesetzt haben. Nämlich die, die das größte Einkommen haben und in der Industriellenvereinigung sitzen.