Banken-KV: Lösungen für mehr Freizeit gesucht

Die klassischen Servicemitarbeiter:innen, die am Schalter stehen, wird es in einigen Jahren wohl nicht mehr geben. | © Adobestock/hedgehog94
Die Beschäftigten im Bankensektor leiden unter hohem Arbeitsdruck. Bei den anstehenden Kollektivvertragsverhandlungen wird nach Lösungen gesucht, um für Entlastung zu sorgen.
Der Arbeitsdruck in der Finanzbranche ist trotz Effizienzsteigerung und zunehmender Digitalisierung für viele Beschäftigte hoch. Wolfgang Pischinger will das verbessern. Er ist Chefverhandler der Gewerkschaft GPA im Financebereich und Zentralbetriebsrat der Oberbank – sein Ziel bei den anstehenden Verhandlungen rund um den Banken-KV ist es, mehr Gehalt sowie bessere Bedingungen für die Beschäftigten zu erreichen. Nach den letzten Verhandlungen sagte er: „Bei der Arbeitszeitverkürzung bleiben wir am Ball. Das ist und bleibt für uns ein ganz wichtiger Punkt.“ Arbeit&Wirtschaft hat mit ihm über die anstehenden Verhandlungen gesprochen.

Portrait von Wolfgang Pischinger. Chefverhandler der Gewerkschaft GPA für den Banken-KV.
Wolfgang Pischinger ist Chefverhandler der GPA für den neuen Banken-KV. | © Oberbank LInz
Arbeit&Wirtschaft: Herr Pischinger, wie gehen Sie die heurigen KV-Verhandlungen an, was ist das Hauptziel?

Wolfgang Pischinger: Die Verhandlungsbasis ist die Inflation des Jahres 2023. Diese bewegt sich wieder bei 7,8 Prozent. Zur Erinnerung: Im Vorjahr betrug die Inflation 8,6 Prozent – wir konnten in den Verhandlungen mit den Arbeitgebern bei knapp 9,5 Prozent abschließen. Die bereits abgeschlossenen oder noch laufenden Verhandlungen in anderen Branchen sind für uns ganz entscheidend und wir beobachten sie genau. Eine Einmalzahlung kommt für uns nicht infrage. Ich bin ein klarer Gegner davon, denn das ist keine nachhaltige Inflationsabgeltung. Wir müssen die Teuerung abgelten und das geht eben nur, wenn man die Inflationsrate und mehr erreicht. Das ist uns im Finanzbereich bislang stets gelungen.

Welche Rolle spielt eine Arbeitszeitverkürzung? Letztes Jahr war dies ein Hauptziel.

Arbeitszeitverkürzung ist nach wie vor ein ganz wichtiges Ziel. Da wir für alle Institute verhandeln und es damit viele unterschiedliche Bedürfnisse gibt, braucht es jedoch einen kreativen Weg. Wir lernen hier von den Erfahrungen in anderen Ländern genauso wie von Regelungen aus anderen Kollektivverträgen. Wir sind bereit für Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite. Unsere Verantwortung ist aber vielschichtiger. Aufgrund der hohen Inflationsrate ist die Abgeltung der Teuerung und Stärkung der Kaufkraft unser Hauptziel.

Was beschäftigt die Banken?

Es braucht dringend junge Mitarbeiter:innen. Es ist aber so, dass der Arbeitskräftemangel kein österreichisches oder europäisches Phänomen ist. Ich war vor kurzem bei einer internationalen Tagung, da sagten eigentlich alle Delegierten, dass Arbeitskräfte weltweit gesucht werden. So auch wir bei der Oberbank. Natürlich, manche Banken bauen auch Arbeitsstellen ab. Manche versuchen, Teilzeitkräfte zu animieren, dass diese mehr Stunden arbeiten. Ein sehr großes Thema ist der hohe Arbeitsdruck im Bankgeschäft. Der ist enorm und wird nicht weniger. Das kann auch die Digitalisierung nicht lösen.

Dabei galt Arbeiten bei der Bank früher als sehr attraktiv.

Ende der 1990er wurde das System Bankenpension durch ein neues System abgelöst, das den Beschäftigten weniger bietet. Zudem wurde das Gehaltsschema reformiert. Auch die vor zwei Jahrzehnten eingeführte Abfertigung NEU spielt eine Rolle. Heute nimmt man die Abfertigung zum nächsten Arbeitgeber mit. All das führt zu geringerer Bindung der Mitarbeiter:innen.

Und die Banken selbst? Einerseits gab eine Reihe von Krisen, angefangen bei der Bankenkrise 2008 …

Durch diese Krise kamen viel mehr Regelungen für Banken und ihre Mitarbeiter:innen dazu. Das hat das Bankengeschäft grundlegend geändert. Unabhängig von der Finanzkrise wird wie überall darauf geschaut, wie man Kosten minimieren kann. Was die Ergebnisse der Finanzbranche betrifft, so rechnen wir heuer mit einer beispiellosen Gewinnsteigerung in so gut wie allen Häusern. Ganz klar: Jammern muss keiner in der Branche.

Die Effizienzsteigerung, auch durch die Digitalisierung, müsste den Beschäftigten eigentlich entgegenkommen. Welche Auswirkungen hat das auf das klassische Schaltergeschäft?

Es ist völlig klar, dass das Schaltergeschäft überall enorm zurückgeht. Schon jetzt gibt es genügend Filialen ohne. Alles entwickelt sich entweder in Richtung Selbstbedienung oder Apps. Die Servicemitarbeiter:innen, die am Schalter stehen, wird es in einigen Jahren wohl nicht mehr geben.

All das wären gute Argumente für eine Arbeitszeitverkürzung: gleicher Lohn, weniger Arbeit …

Arbeitszeitverkürzung gibt es auf vielfältige Weise, nicht nur in Form einer Stundenreduktion von 38,5 auf 36 Stunden pro Woche. Ich bin sicher, dass wir im Finance-Bereich einen guten Weg finden können. Es gab in einer Großbank den Versuch die Viertagewoche bei gleichen Wochenstunden anzubieten. Das ging am Anfang gut, die meisten Mitarbeiter:innen haben die Arbeitszeit dann aber wieder auf fünf Tage ausgedehnt. Der hohe Arbeitsdruck hat dazu geführt, dass die vier Tage so anstrengend waren, dass sie wenig Nutzen vom zusätzlichen freien Tag hatten.

Wie könnte es also funktionieren mit der Arbeitszeitverkürzung im Bankenbereich?

Die Arbeit geht immer mehr in Richtung Privat- und Geschäftskund:innenbetreuung. Die klassischen Schalter sind oft nur noch vormittags geöffnet. Am Nachmittag finden individuelle Termine mit den Kund:innen statt. In diesem Bereich ist mehr Flexibilität möglich, sodass sich die Beschäftigten die Zeit freier einteilen können. Es gibt viel Ansätze und kreative Ideen rund um das Thema Arbeitszeitverkürzung. Wir als Gewerkschaft müssen darauf schauen, möglichst alle Anspruchsgruppen zu berücksichtigen.

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