Budget 2024: Wessen Wohlstand ist gemeint?
„Einen Schwerpunkt, den wir sehen, nennt die Regierung ‚Stärkung des Standorts‘. Wir nennen es ‚Aushöhlung des Sozialstaats‘. Das ist die Absenkung der KöST und die Absenkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung. Das sind Steuergeschenke, die zu weiteren Problemen führen werden“, fasst Miriam Fuhrmann das Budget 2024 spitz zusammen. Sie ist Fachreferentin im volkswirtschaftlichen Referat des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB).
Tatsächlich fällt auf, dass die Beiträge der Arbeitgeber:innen zum Sozialstaat von Jahr zu Jahr weniger werden. So senkt die Regierung die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 0,1 Prozent. Diese Maßnahme reiht sich ein in die Senkung des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF), der Beiträge zur Unfallversicherung und der Einzahlungen in den Insolvenz-Entgelt-Fonds in den letzten Jahren. Allein diese Maßnahmen haben den Staat bislang 1,67 Milliarden Euro gekostet.
Dazu kommt die nächste Stufe bei der Absenkung der KöSt. Ab dem Jahr 2024 wird diese nur noch 23 Prozent betragen. Noch Mitte der 1980er lag sie bei 55 Prozent. „Wir sehen, dass die Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen das Budget weitgehend finanzieren. Vergangenes Jahr hat die Regierung angenommen, die KöSt würde bis zu 15 Milliarden Euro bringen – jetzt wird sie nur 12,5 Milliarden Euro betragen. Steigerungen gibt es dagegen bei der Lohn- und Umsatzsteuer“, rechnet Fuhrmann vor. Allein durch diese Absenkung der KöSt verliert der Staat bis zum Jahr 2027 satte 5,1 Milliarden Euro.
Kalte Progression und Finanzausgleich
Großen Einfluss auf das Budget 2024 haben außerdem die Abgeltung der Kalten Progression und die Änderungen im Finanzausgleich. Am Finanzausgleich ändert sich zwar grundsätzlich nichts – der Verteilungsschlüssel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden (68:20:12) bleibt grundsätzlich gleich – allerdings erhalten die Länder und Gemeinden zusätzliche Mittel für Aufgaben in Bereichen wie Klimaschutz, Kinderbetreuung oder Wohnbau.
Die Abgeltung der Kalten Progression ist in den Augen der Regierung eine Entlastungsmaßnahme im Rahmen der enormen Inflation. Eine Entlastungsmaßnahme, die sich die Bürgerinnen und Bürger allerdings selber zahlen. Schließlich handelt es sich um einen Betrag, den sie zuvor zu viel an Steuern gezahlt haben.
Budget 2024: Mehr Geld für Waffen
Wer sich, neben den enormen Steuergeschenken für Unternehmen, über mehr Geld freuen darf, ist das Militär. Im Vergleich zum Jahr 2023 gibt es 1,1 Milliarden Euro mehr. Die Erhöhung des Budgets soll in die Beschaffung von gepanzerten Fahrzeugen, Waffen, Hubschraubern und in Gebäudeinstandhaltung fließen.
An breiten Investitionen fehlt es fast vollständig. „Für den Erhalt des Wohlstands wurden nur sehr wenige Maßnahmen getroffen. Im Budget ist nur ein Mini-Konjunkturprogamm sichtbar, bei dem es vorwiegend um die Förderung des Austauschs fossiler Heizsysteme geht. Das ist grundsätzlich positiv, allerdings reicht das bei weitem nicht aus, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Wohlstand zu sichern“, analysiert Fuhrmann. Insgesamt geht es hierbei um eine Aufstockung von 393,9 Millionen Euro. Das Geld soll einkommensschwache Haushalte bei thermischen Sanierungsmaßnahmen unterstützen.
Mit dem #Budget2024 wird insgesamt zu wenig auf aktuelle Herausforderungen reagiert. Zum Abschluss der Verhandlungen im #OeNR zeigt #AK-Chefökonom @MarterbauerM auf, welche Spielräume vertan werden und was ein zukunftsfähiges Budget leisten müsste: https://t.co/neb2uAozBe pic.twitter.com/wv6sdHregX
— A&W Blog (@AundW) November 23, 2023
Wohlstand für die Vielen
„Wohlstand heißt auch, dass der Sozialstaat ausreichend finanziert wird und der Bevölkerung zur Verfügung steht. Dem Titel des Budgets kann ich also nur schwer zustimmen“, kritisiert Fuhrmann. So fehle es weiterhin an preissenkenden Maßnahmen sowie Impulsen für die Ankurbelung der Konjunktur, der Sicherung des Standortes und der Beschäftigung. Wie solche fairen und nachhaltigen Investitionen aussehen könnten, beschreibt der „10-Punkte-Plan für Standort und Beschäftigung“.
„Es wäre Geld da, um den Wohlstand voranzutreiben, wenn man die Einnahmepotenziale nutzen würde, statt Steuergeschenke zu verteilen“, so Fuhrmann weiter. Doch eine Erbschafts- und Vermögenssteuer ist ebenso wenig in Sicht wie ein Plan zur Schließung der Steuerlücke. Zwischen 12 und 15 Milliarden Euro gehen der Finanz in Österreich durch Steuertricks verloren.
Für die Menschen in Österreich scheint auch deswegen nur wenig Geld übrigzubleiben. Das Ziel, den Anteil armutsgefährdeter Menschen bis 2024 zu halbieren, werde die Regierung deutlich verfehlen, analysieren Georg Feigl, Tamara Premrov und Jana Schultheiß von der Arbeiterkammer. Auch die EU-Ziele zur Betreuung der unter 3-Jährigen – die Österreich seit deren Einführung meilenweit verfehlt – werden auch in den kommenden Jahren nicht erreicht.
Budget 2024: Ausgewählte Einnahmen in der Übersicht
2023 | 2024 | 2025 | 2026 | 2027 | |
Lohnsteuer, in Mrd. Euro | 33,5 | 35,5 | 36,7 | 38,3 | 40 |
Veranlagte Einkommensteuer, in Mrd. Euro | 3,5 | 5 | 5 | 5,1 | 5,2 |
Körperschaftsteuer, in Mrd. Euro | 13,5 | 12,5 | 12,5 | 13,1 | 13,7 |
Umsatzsteuer, in Mrd. Euro | 37 | 40 | 41,8 | 43,95 | 45,7 |