Berufslenker:innen: Lebensnotwendige Helfer:innen
Das Beispiel ist zwar fiktiv, doch es zeigt, wie weitläufig das „kleine“ Österreich ist und wo der Job des:der Fernfahrer:in überall hinführen kann. In Summe können hierzulande 2.249 Kilometer an Autobahn und Schnellstraßen befahren werden. Das bedeutet auch, dass sich Österreich mit dieser Länge 50 Prozent über dem EU-Schnitt befindet.
LKW-Lenker:innen haben immer im Hinterkopf,
dass sie Tonnen von Ladung transportieren und
diese an die Kunden ausgeliefert werden müssen.
Deshalb können viele nicht abschalten und somit fehlt
die wichtige Freizeit- und Erholungsphase.
Alfred Spiegl, Fachbereichssekretariat Straße in Gewerkschaft vida
LKW-Fahrer:innen kennen die Straßen dabei so gut wie kaum eine andere Gruppe. Tagtäglich bringen sie alle lebensnotwendigen Dinge in die Supermärkte und Apotheken, beliefern Industrieunternehmen oder transportieren Gefahrengut. Dabei kommen viele nationale und internationale Fahrer:innen oft einen ganzen Monat nicht nachhause, da sie dauernd auf Achse sein müssen. Denn die Autobahnen enden schließlich nicht an der Grenze und die Transporte genauso wenig.
Parken nicht möglich!
Laut einem Bericht der Internationalen Straßentransport Union (IRU) fehlen in der Europäischen Union aktuell 600.000 Kraftfahrer:innen. Die WKO gibt an, dass im Jahr 2021 mindestens 8.000 Berufslenker:innen-Stellen in Österreich zu besetzen waren, um der Transportnachfrage gerecht werden zu können. Die Tendenz an fehlenden Fahrer:innen ist außerdem steigend. Denn der Beruf des:der LKW-Fahrer:in ist für viele Menschen nicht attraktiv.
Es mangelt dabei an unterschiedlichen Stellen. Beispielsweise fehlen in Österreich 3.000 LKW-Stellflächen an den Autobahnen. Also finden nicht alle Fahrer:innen immer einen Platz, um stehenzubleiben und sich auszuruhen. „Unserer Einschätzung nach sind die ‚Hotpots‘ die A1, A2, A4 und die A 10“, sagt Stefanie Pressinger, Mitarbeiterin der Abteilung Umwelt und Verkehr der Arbeiterkammer Wien. Doch bei grenzüberschreitendem Warenverkehr sind viele Lenker:innen gezwungen, auf den Rastanlagen zu übernachten und haben keine Chance, nach Dienstende wieder zu Hause zu sein.
Fehlende Freizeit und Erholung
Neben dem Suchen nach einem Stehplatz ist das fristgerechte Liefern der Ware sehr belastend. „LKW-Lenker:innen haben immer im Hinterkopf, dass sie Tonnen von Ladung transportieren und diese an die Kunden ausgeliefert werden müssen. Deshalb können viele nicht abschalten und somit fehlt die wichtige Freizeit- und Erholungsphase“, fasst Alfred Spiegl, Fachbereichssekretariat Straße in Gewerkschaft vida, einen zentralen Punkt zusammen.
Daher sind es die planbaren Pausen, die Spiegl als einen wichtigen Bestandteil in der Arbeit der Berufslenker:innen sieht, denn nur ausgeruhte Berufslenker:innen können sicher unterwegs sein. „Wenn man etwas außer einem Stau planen kann, dann soll es die Freizeit sein“ meint Spiegl und spricht dabei einen weiteren Stressfaktor an. Denn Staus kommen und gehen und können nur schwer vorhergesehen werden.
„Da verwundert es nicht, dass der Beruf nicht mehr attraktiv erscheint.“
Mit dem Beladen des LKWs, dem Ausliefern an die Kunden und den Ruhepausen kann ein Arbeitstag bis zu 15 Stunden dauern und der Druck ist immer groß. Deshalb, so Arbeiterkammer und Gewerkschaft vida, braucht es für die Fahrer:innen deutliche Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen. „Für die Beschäftigten braucht es mehr Sicherheit, mehr langfristige Planbarkeit, mehr Möglichkeiten, Beruf und Familie vereinbaren zu können, mehr Anerkennung und vor allem höhere Entlohnung“, so Pressinger von der AK.
Berufslenker:innen sind #systemrelevant: Wer liefert zukünftig unsere Lebensmittel, wenn immer weniger Nachwuchskräfte zu finden sind?
Franz Greil & Stefanie Pressinger fordern daher bessere Arbeitsbedingungen – das dient auch der Sicherheit: https://t.co/WZK0G5Z9Rw pic.twitter.com/8kpmGFRmPo— A&W Blog (@AundW) January 20, 2023
Und auch entlang der Autobahnen sind viele Verbesserungen notwendig, denn neben den 3.000 fehlenden Stehflächen sind saubere und kostenlose Sanitäranlagen nicht ausreichend vorhanden. Kostenloses WLAN auf den Rastplätzen und in den Fahrer:innenkabinen fehlt oft genauso, wie Kochmöglichkeiten, Waschmaschinen zum Reinigen der Kleidung oder Beleuchtung und Videoüberwachung auf den Parkplätzen, um die Sicherheit zu erhöhen. „Da verwundert es nicht, dass der Beruf nicht mehr attraktiv erscheint. Wir müssen daher die Einkommens- und Arbeitsbedingungen der Kapitäne der Straße dringend verbessern“, so Spiegl von der Gewerkschaft vida.
Zusätzlich regen AK und vida an, ein „Spezialmenü“ zu einem erschwinglichen Preis für die Fahrer:innen auf den Autobahnraststätten einzuführen oder auch durch regelmäßige Kontrollen auf Rastanlagen, illegales Parken zu verhindern. Denn damit können die ohnehin knappen Stellflächen für die LKWs freigehalten werden. Sollten diese Verbesserungsvorschläge umgesetzt werden, dann bestünde eine gute Möglichkeit, den Mangel an Berufslenker:innen zu reduzieren.