Das Budget und das Klima
Christian Kdolsky, Kampagnensprecher des Klimavolksbegehrens, spricht die harte Realität an. „In Hinblick auf die Klimakrise spiegelt das Budget die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte wider. Einen erheblichen Anteil des Defizits von 17 Mrd. Euro machen Maßnahmen gegen die Teuerung sowie die Beschaffung der Gasreserve aus. Die Untätigkeit beim Ausbau der Erneuerbaren hat die selbst gemachte Abhängigkeit von fossilen Importen verstärkt, die hauptverantwortlich für die Teuerung sind.“ Nun kommen Investitionen und letztlich auch die wohl am meisten besprochene Maßnahme, die CO₂-Bepreisung: Sind das alles die richtigen Hebel? Die Regierung sieht sich auf einem guten Weg, und Brunner meint: „Anreize statt Verbote sollte der Zugang sein.“ Wirklich?
„Das Budget hat hohe Volumina in klimarelevanten Bereichen. Das Problem wird gesehen“, attestiert Christoph Streissler, Referent in der Abteilung Umwelt und Verkehr der AK Wien. Positiv hebt er etwa die halbe Milliarde Euro an spezifischen Finanzierungen für die Gemeinden hervor. Hier könnten punktuell Dinge vor Ort umgesetzt werden. Der Hauptverursacher von Emissionen sei aber der Verkehr, der nicht im Umweltkapitel abgebildet werde und wo Österreich vorbildlich sei. Für das Gesamtbild seien Mobilitätsangebote in den Regionen wichtig. Und in dem Punkt mache das Budget nichts falsch. Und wie schon im letzten Budget gebe es hohe Mittel für den thermischen Bereich, also Gebäudedämmung und Heizung. Hier wird also einiges getan.
In Österreich gespartes CO₂ wird anderswo ausgestoßen
Komplizierter ist die Lage bei der Industrie. Budgetiert sind 5,7 Mrd. Euro für die Transformation der Industrie, um etwa beim Stahl von Koks auf Wasserstoff umzusteigen. Das sei vorbildlich, allerdings handle die Industrie mit CO₂-Zertifikaten auf EU-Ebene. Kurz gefasst: Was hierzulande eingespart wird, kann woanders in die Atmosphäre gestoßen werden. Das schmälert nicht den Versuch, in Österreich klimaneutraler zu werden, aber „die Emissionen sinken nur dann, wenn sie vom Markt genommen werden“, meint Streissler. Die Einschätzung, dass hier dennoch an der richtigen Stelle etwas getan wird, teilt man auch beim Klimavolksbegehren, „weil damit nachhaltig in den Wirtschaftsstandort investiert wird. Österreich hat damit gute Voraussetzungen, bei grünen Zukunftstechnologien eine führende Rolle einzunehmen.“
Negativ fällt bei den Förderungen der sogenannte Mitnahmeeffekt auf: „Das heißt, dass ein Fördernehmer eine Maßnahme ohnehin gesetzt hätte – etwa den Heizungstausch – und sich die Förderung obendrauf holt“, so Streissler. Die AK fordert Effizienz, wie es auch die Bundesverfassung vorsieht: „Für den gegebenen Mitteleinsatz muss es die maximale Umweltwirkung geben. Effiziente Förderung ist Emissionsreduktion pro eingesetzten Euro. Das macht man nicht aus Jux und Tollerei.“
Budget und Klima: Negatives Verhalten wird teurer
„Förderungen für Unternehmen sollten aus unserer Sicht immer an Bedingungen geknüpft werden“, meint Streissler dazu, „sonst subventioniert man private Gewinne aus öffentlichen Mitteln.“ Fraglich ist eben, wie sozial gewisse Maßnahmen sind. Wer etwa mit geringem Einkommen noch eine Ölheizung hat, kann sich ja gar nicht den Grundbetrag für einen Tausch leisten. „Energiekosten gehören zu den wenigen Dingen, wo jene mit niedrigen Einkommen mehr zahlen. Alles, was hier anknüpft, ist problematisch.“
Das Offensichtlichste, was letztlich alle Menschen direkt oder indirekt betrifft, ist die CO₂-Bepreisung. Selbst wer kein Auto hat, zahlt mehr, etwa durch den LKW-Diesel in der Logistik. „Es hat eine entsprechende Breitenwirksamkeit“, erklärt Dominik Bernhofer, Ökonom und Leiter der Abteilung Steuerrecht in der AK Wien. Laut einer WU-Studie ist das einkommensschwächste Zehntel der Haushalte bei einer CO₂-Bepreisung mit 1,2 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens betroffen. Und damit viermal so stark belastet wie das einkommensstärkste Zehntel, das bei einem CO₂-Preis von 50 Euro pro Tonne mit Kosten von 0,3 Prozent zu rechnen hat. „Negatives Verhalten wird teurer.“
Emissionen steigen mit dem Einkommen
Die Emissionen würden mit dem Einkommen steigen, aber sie sind nicht nur davon abhängig, sondern auch von Wohn- und Arbeitsort oder dem Zustand der Wohnung. Der Anreiz würde beim einfachen Beispiel Sprit bedeuten, anders mobil zu sein, um den Klimabonus, den jede:r erhält, optimal auszunutzen. „Man will Lenkungseffekte erzielen“, so Bernhofer, „viele Klimaökonom:innen denken, dass genau das ein wichtiges Element ist, um Klimaziele zu erreichen.“ Es brauche aber eine soziale Abfederung, die AK hat hier den „Ökobonus PLUS“ vorgeschlagen. Der Klimabonus alleine entspreche nicht den Kriterien einer sozialen Ausgewogenheit.
Und darüber hinaus, so Christian Kdolsky vom Klimavolksbegehren, fehle noch ein Kernelement, denn: „Säumig ist die Regierung bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen, etwa beim Klimaschutzgesetz, das der Wirtschaft die langfristige Planungssicherheit geben könnte. Statt aber die begleitenden gesetzlichen Maßnahmen zu schaffen, wird ein weiteres Mal lediglich das Füllhorn ausgeschüttet. Das seit zwei Jahren fällige Klimaschutzgesetz würde genau diese Lücke füllen.“
Das Anreiz-Dilemma
Vor allem an der sozialen Ausgestaltung setzt die Budgetkritik an. Klimaschutz alleine, ohne zu bedenken, was das für die einkommensschwächeren Menschen bedeutet, ist nicht nachhaltig. Förderungen ohne Forderungen sind es ebenfalls nicht, denn private Haushalte brauchen ja erst einmal das Geld, um sich Teile der Energiewende leisten zu können. „Anreize“ für alle, die es sich leisten können, aber kaum zielgerichtete Unterstützung für den großen Rest – das entspricht wohl nicht den Kriterien eines klimafitten Budgets.