In Wien wurde am 18. April 1945 die erste provisorische Stadtverwaltung nach der Niederlage des Faschismus bestellt. Schon am 19. April unterzeichnete Bürgermeister Theodor Körner eine Verordnung über Wohnraumbewirtschaftung, die vor allem auch festlegte, dass nur das Wohnungsamt Wohnungen vergeben dürfte. Es war die erste amtliche Verordnung der Zweiten Republik, und sie wurde dringend gebraucht. Denn einerseits suchten Zehntausende eine Unterkunft, andererseits standen Tausende Wohnungen leer. Ihre ehemaligen BewohnerInnen waren als AnhängerInnen des Nationalsozialismus oder einfach aus Angst vor den Bomben nach Westen geflohen – und es wäre unverantwortlich gewesen, ihre Vergabe dem „freien Spiel der Kräfte“ zu überlassen.
Zwei Gewerkschafter spielten als Mitglieder der Stadtregierung in der ersten Phase des Wiener Wiederaufbaus eine entscheidende Rolle. Felix Slavik war in der Ersten Republik Schulreferent der Metallarbeiter-Jugend, er hatte schwer krank und auf einem Auge blind die Gestapo-Haft überlebt. Der spätere Wiener Bürgermeister leitete von 1945 bis 1946 das Wohnbauressort. Der aus dem Exil zurückgekehrte ehemalige Vorsitzende der Bauarbeitergewerkschaft Franz Novy wiederum war 1946 bis zu seinem Tod 1949 Stadtrat für Bauangelegenheiten.
Parallel zum Wegräumen der Schuttmassen erreichte die Stadtverwaltung, dass 2.379 unbenutzte Wohnungen bis zum Winter 1945/46 wieder nutzbar waren und 7.380 Wohnungen stabilisiert werden konnten. 1946 begann dann die Neubautätigkeit, zunächst mit der Fertigstellung von vor dem Krieg begonnenen Bauten, zumeist von Siedlungshäusern, dann aber schon mit dem Bau kleiner Wohnanlagen in mehreren Bezirken. In größerem Maßstab setzte die Bautätigkeit erst 1947 ein, weil erst da das Problem des Materialmangels entschärft werden konnte: Schweden entwickelte für Wien eigene Maschinenkombinationen, die aus Schutt Ziegel pressen konnten.
Als Dank für diese Hilfe wurde die erste, 1951 fertiggestellte große Wohnhausanlage der Nachkriegszeit nach dem Leiter der Schwedenhilfe „Per-Albin-Hansson-Siedlung“ genannt. Sie umfasste mehr als 1.000 Kleinwohnungen und Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergarten, Schule, Volksheim und Geschäfte und knüpfte damit an das Wohnbaukonzept des roten Wien an. Man wollte aber dabei nicht stehen bleiben, sondern den sozialen Wohnbau entsprechend neuen Bedürfnissen weiterentwickeln. Das gelang später immer wieder, aber nicht immer.
Brigitte Pellar
Historikerin
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 4/17.
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