„Wir brauchen Fachkräfte in zukunftssicheren Bereichen“

Sylvia Ledwinka, AUFLEB GmbH,,Frau in weißem T-Shirt, Aufleb, Green Jobs
Sylvia Ledwinka, ÖGB-Arbeitsmarktexpertin und im AUFLEB-Vorstand, im Gespräch über die Umweltstiftung.
Fotos (C) Markus Zahradnik
Eine vielversprechende Initiative: Die Umweltstiftung ermöglicht arbeitslosen Menschen eine Ausbildung und Jobvermittlung im Umweltbereich und schafft damit Fachkräfte in zukunftssicheren Branchen. Sylvia Ledwinka, ÖGB-Arbeitsmarktexpertin und AUFLEB-Vorständin, im Gespräch.
Die Umweltstiftung bietet Menschen ohne relevante Qualifikationen für den Arbeitsmarkt Aus- und Weiterbildungen sowie Praktikantenstellen in personalsuchenden Unternehmen an. Zwischen April 2022 und April 2025 werden 10 Millionen Euro investiert, um ca. 1.000 Menschen fit für Green Jobs zu machen. Die Umweltstiftung wurde von den Sozialpartnern Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Wirtschaftskammer (WKO) initiiert und wird gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice (AMS), dem Bundesministerium für Arbeit (BMA) und Unternehmen im Bereich der Klimaberufe verwirklicht, Träger der Stiftung ist die Einrichtung AUFLEB GmbH. Arbeit&Wirtschaft sprach mit Sylvia Ledwinka, sie ist ÖGB-Arbeitsmarktexpertin und im AUFLEB-Vorstand.

Die Umweltstiftung, ein Erfolg des ÖGB. Wie kam es dazu?

Es ist eine langjährige Forderung unsererseits, Stiftungsmodelle aufzusetzen, in denen Menschen weitergebildet werden. Der Druck war nun so groß, dass die Regierung die Umweltstiftung im April 2022 präsentiert hat.

Warum braucht es eine Umweltstiftung?

Wir brauchen Fachkräfte in zukunftssicheren Bereichen. Es geht um langfristige, stabile Berufsaussichten. Wichtig ist die Fachausbildung in den relevanten Berufszweigen, wie etwa Elektroinstallationen. Diese wird von der Umweltstiftung angeboten und ermöglicht den Teilnehmer:innen sowohl im Bereich der sogenannten Green Jobs zu arbeiten, jedoch auch klassische Installationstätigkeiten auszuführen.

Warum ist das Modell Stiftung wichtig?

Mit dem Stiftungsmodell und den damit verbundenen Qualifizierungsmaßnahmen sind die Teilnehmer:innen nahe am Betrieb. Das ist wichtig, wenn es um die nachhaltige Arbeitsmarktintegration der Teilnehmer:innen geht. Bei einem großen Teil der Teilnehmer:innen handelt sich um Menschen, die keine Berufsausbildung haben und nun eine zweite Chance bekommen.

Wie viele Personen schließen die Ausbildung ab?

Unsere Abbruchsquote ist sehr gering. Das liegt vor allem daran, dass wir ein begleitendes Case Management haben. Das heißt, dass Betreuer:innen die Teilnehmer:innen durch die Qualifizierung begleiten. Was besonders für Personen mit kaum Erfahrungen am Arbeitsmarkt sehr wichtig ist.

An wen richtet sich das Angebot?

Diese Qualifizierungsmaßnahme richtet sich an bereits arbeitslose Personen. Sie können sich direkt an die AUFLEB als Stiftungsträger wenden oder sie werden über das AMS an uns vermittelt.

Wie funktioniert die Qualifizierung? Ähnlich wie eine Lehre?

Ja, es ist defacto eine auf 1 ½ Jahre verkürzte Lehrausbildung mit einem theoretischen Teil und einem Praxisteil in den teilnehmenden Betrieben. Wir ermöglichen also möglichst vielen Menschen einen Lehrabschluss nachzuholen.
Zusätzlich stellen wir gerade das Angebot etwas breiter auf. Es gibt jetzt das Angebot sich im ersten Schritt zu einer Helfer:in etwa im Bereich der Installation von Photovoltaik-Anlagen ausbilden zu lassen bis hin zu einem Angebot für Akademiker:innen sich im Bereich Umweltmanagement weiterzubilden.

Wer finanziert die Umweltstiftung?

Die Umweltstiftung wird über die AUFLEB, die gemeinsame Stiftung von WKÖ und ÖGB abgewickelt. Die Finanzierung erfolgt über Mittel des AMS, des BMAW und einem Beitrag der Kooperationsbetriebe selbst.

Was bedeutet die Ausbildung für die Teilnehmer:innen finanziell?

Die Teilnehmer:innen erhalten das Arbeitslosengeld plus mindestens 200 EUR Stiftungsbeihilfe.

Ist die Umweltstiftung ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn es um Qualifizierung in Zeiten des allseits bejammerten Fachkräftemangels geht? Was braucht es noch?

Allein mit der Umweltstiftung wird es nicht gehen. Da braucht es mehr. Das AMS ist Österreichs größte Weiterbildungsorganisation mit einem sehr guten Angebot. Die größte Herausforderung liegt jedoch in der grundsätzlichen Leistbarkeit von Weiterbildung. Es braucht ein Qualifizierungsgeld für all jene interessierten Arbeitnehmer:innen, die berufstätig sind und sich umqualifizieren möchten. Da gibt es aktuell keine ausreichende finanzielle Unterstützung und somit ist es für einen Großteil der Personen oft nicht leistbar.

Was wir sehen ist, dass die Unternehmen immer weniger in die qualifizierte Weiterbildung der Arbeitnehmer:innen investieren. Doch gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und dem Wissen, dass man zukünftig nicht 30 oder 40 Jahre im gleichen Beruf sein wird, braucht es ein Modell, das eine laufende Weiterbildung bzw. Neuqualifizierung für alle Arbeitnehmer:innen auch finanziell ermöglicht. Es muss einen Anspruch darauf geben. Schlussendlich müssen Arbeit und Weiterbildung gleichwertig sein.

Eine Übersicht über die Arbeitslosigkeit und den Fachkräftemangel in Österreich gibt es hier.

Über den/die Autor:in

Eva Winterer

Eva Winterer ist Kommunikationsstrategin und war von 2022 bis 2023 Chefin vom Dienst der Arbeit&Wirtschaft.

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