Wir haben den „Checkpoint“ passiert und gleich dahinter im Café-Bereich wartet Harald S. (Name von der Redaktion geändert, Anm.) mit seiner Vertreterin, AK-Juristin Marion Chwojka, auf den Beginn seiner Verhandlung. Sichtlich nervös und angespannt fasst er kurz zusammen, warum er heute hier ist. Fast 25 Jahre hindurch war er als Platzwart im Freizeitzentrum eines Großunternehmens angestellt. Dann wurde der betreibende Verein von einer Immobilienverwaltungsgesellschaft übernommen, weil die Einrichtungen für die Allgemeinheit geöffnet werden sollten. „Ursprünglich wurde uns zugesichert, dass sich für mich und meine drei Kollegen nichts ändern wird. Nur wenige Wochen später hieß es, dass bei mir nicht mehr länger der Gastgewerbe-Kollektivvertrag gelten wird. Ich sollte in Zukunft ohne KV arbeiten.“ Das wäre eine deutliche Schlechterstellung gewesen, erklärt AK-Arbeitsrechtlerin Chwojka – nicht nur, weil man ohne KV jedes Jahr selbst verhandeln muss, sondern auch, weil Sonderzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht gesetzlich verankert, sondern Teil des Kollektivvertrages sind.
Kein Einzelfall
Harald S. schaut unruhig auf die Uhr und erzählt weiter: „Dann wurden wir alle gekündigt. Die Wiedereinstellung zu schlechteren Bedingungen wurde uns angeboten. Bei mir hätte das unter anderem bedeutet, dass ich in Zukunft an verschiedenen Standorten eingesetzt werden könnte.“
Für Marion Chwojka ist das ein typischer Fall: „Verschlechterungen im Zusammenhang mit Betriebsübergängen kommen sehr häufig vor, obwohl im Gesetz genau geregelt ist, dass Beschäftigte mit allen Rechten und Pflichten übernommen werden müssen. Auch Kündigungen kurz vor dem letzten Abfertigungssprung nach 25 Jahren sind alles andere als selten.“
Jetzt öffnet sich die Tür von Verhandlungssaal 16 und wir treten ein. Schon bald stellt sich heraus, dass es heute weder ein Urteil noch einen Vergleich geben wird. Denn es handelt sich nur um eine vorbereitende Tagsatzung, an deren Ende der Richter die Anklageschrift in sein Diktiergerät spricht. Der nächste Verhandlungstermin: 6. Dezember, also in mehr als drei Monaten.
Alle Verfahren am Arbeits- und Sozialgericht sind öffentlich; neben dem Richter oder der Richterin bilden jeweils ein/e stimmberechtigte/r VertreterIn von AK und Wirtschaftskammer den Senat. Doch Gerichtsverfahren sind eigentlich das letzte Glied in der Kette von AK-Serviceleistungen. Denn sie sind zeitaufwendig, und das bedeutet, dass die Betroffenen unter Umständen lange auf ihr Geld bzw. ihr Recht warten müssen.
1. Der telefonische Kontakt
„Telefonisch gut erreichbar zu sein ist wichtig“, erklärt Hans Trenner, Leiter des Bereichs Arbeitsrecht-Beratung und Rechtsschutz in der AK Wien. „Längere Wartezeiten wollen wir unseren Mitgliedern nicht zumuten. Wir haben es jetzt geschafft, dass rund 80 Prozent der Anrufenden prompt durchkommen und auch zum richtigen Ansprechpartner.“ Ein Teil der Anfragen ist mit dieser ersten Auskunft auch erledigt. Viele Ratsuchende sind schon vorinformiert via Internet. Auf der AK-Website stehen unter anderem Musterbriefe als Download zur Verfügung. Onlineanfragen nehmen zu, doch komplexe juristische Sachverhalte lassen sich in der Regel telefonisch oder persönlich besser klären. In welcher Form auch immer die Beratung erfolgt: „Wir arbeiten nach dem Grundsatz ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘. Damit sollen Mitglieder in die Lage versetzt werden, ein Problem, das sie mit der AK erörtert haben, beim nächsten Anlassfall gleich selbst richtig in Angriff nehmen zu können“, so Trenner. Falls das nicht möglich ist, können die AK-ExpertInnen intervenieren. Das führt in rund 50 Prozent der Fälle auch tatsächlich zum Erfolg.