Nicht alle profitieren
Nach der jüngsten Erhebung der Statistik Austria waren im Jahr 2015 88 Prozent aller Unternehmen des Produktions- und Dienstleistungssektors „weiterbildungsaktiv“, das heißt, sie investieren in Weiterbildungskurse oder andere Formen der betrieblichen Weiterbildung. So weit die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Nicht alle Beschäftigten profitieren gleichermaßen davon. So nimmt nicht einmal die Hälfte aller Beschäftigten (45 Prozent) an Weiterbildungsmaßnahmen teil. Eklatant benachteiligt sind die ArbeitnehmerInnen in Kleinbetrieben mit einer Teilnahmequote von 35 Prozent. Beschäftigte des Dienstleistungssektors kommen eher in den Genuss von Weiterbildungsmaßnahmen als Beschäftigte des produzierenden Bereichs. Frauen geraten gegenüber Männern auch bei der Weiterbildung ins Hintertreffen, ein Phänomen, das erstaunlicherweise im Dienstleistungssektor sogar noch stärker ausgeprägt ist als im produzierenden Bereich.
Eine der Ursachen dafür ist wohl die seltene Einbindung der Belegschaftsvertretung in das Weiterbildungsmanagement. Insgesamt wird der Betriebsrat nur in fünf Prozent der Unternehmen mit Weiterbildungsfragen befasst, wobei die Situation in Großbetrieben mit 250 Beschäftigten und mehr mit einer 19-prozentigen Einbindung merklich besser ist. Das verwundert nicht, sind dort doch auch überdurchschnittlich häufig Belegschaftsvertretungen installiert. Doch auch dort, wo es Betriebsräte oder Personalvertretungen gibt, bringen diese sich nicht so stark ein, wie sie dies könnten.
An sich muss der Betriebsrat über geplante Maßnahmen ehestmöglich in Kenntnis gesetzt werden. Er hat das Recht, Vorschläge zu machen und an der Planung und Durchführung mitzuwirken. Art und Umfang der Mitwirkung können auch in einer Betriebsvereinbarung geregelt werden. Von Gesetzes wegen kann sich der Betriebsrat in Weiterbildungsfragen also sehr stark in einer beratenden Funktion einbringen. Im Zuge einer groß angelegten Mitbestimmungsstudie der AK Wien im Jahr 2012 wurden auf der einen Seite ArbeitnehmerInnen, auf der anderen Seite BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen repräsentativ befragt. Sie sollten unter anderem die verschiedenen Arbeitsgebiete der Belegschaftsvertretungen beurteilen.
Das Engagement für die betriebliche Weiterbildung rangierte beiderseits etwa im Mittelfeld. Das Interessante dabei: Dieser Einsatz war überdurchschnittlich häufig von Erfolg gekrönt. Zudem wird es von den Beschäftigten positiv registriert, wenn BelegschaftsvertreterInnen hier aktiv werden.
Nicht oberste Priorität
In der Betriebsratsarbeit gehört das Engagement für Weiterbildung nicht zu den obersten Prioritäten. Bei BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen hat die Qualifikationsfrage unter 18 Tätigkeitsfeldern Priorität 11. Auch bei den Beschäftigten selbst kommt Weiterbildung als Aufgabe des Betriebsrats nur auf Rang 12 von 16. Die betriebliche Weiterbildung wird also weitgehend den Unternehmen und ihren Personalabteilungen überlassen. Damit werden die Möglichkeiten zur Weiterbildung nicht voll genutzt und zudem sehr ungleich wahrgenommen: vor allem von Beschäftigten (Führungskräften und ExpertInnen), die bereits hoch qualifiziert sind.