Existenzbedrohend
„Die Kindergartengebühren sind für mich und meine Familie existenzbedrohend. Diese Gebühr kostet mich nämlich keine 50 oder 100 Euro, sie kann mich meinen Job kosten“, schrieb Christiane Seufferlein in einem Brief an Landeshauptmann Thomas Stelzer. Gemeinsam mit tausend anderen protestierte die in den Medien als „Wutmami“ bezeichnete Julbacherin vor dem Linzer Landtag. Oberösterreich liegt bei der Kinderbetreuung der unter Dreijährigen, die mit einer Vollzeitarbeit vereinbar ist, österreichweit an letzter Stelle. Da könnte man sich wohl zu Recht fragen: Das Netz ist ohnehin nur schwach ausgebaut und jetzt soll ich auch noch dafür bezahlen? Dennoch: Wer die Leserbriefe studiert, merkt, dass es nicht wirklich ums Geld geht. Vielmehr ist es die politische Haltung, die Achtlosigkeit und die erlebte Abhängigkeit, die Eltern beschämt und empört.
Alleingelassen
Gerade im ländlichen Raum fühlen sich viele Frauen alleingelassen. Das ist nicht nur in Oberösterreich so, sondern auch in der Oststeiermark, im Waldviertel oder im südlichen Burgenland. Es gilt als ein Grund, warum gerade junge Frauen abwandern. Work-Life-Balance heißt das in der Theorie – in der Praxis ist es ein Jonglieren mit brennenden Bällen. „Von Unternehmensseite werden flexible Arbeitszeiten gefordert. Die stehen aber im krassen Gegensatz zu starren Öffnungszeiten der Kindergärten sowie monatelangen Schließzeiten in den Ferien“, kritisiert Erika Rippatha, Leiterin des Frauenbüros der AK Oberösterreich.
Die Kinderbetreuung ist (immer noch hauptsächlich) für Frauen eine Herausforderung, wenn sie bereits Arbeit haben. Bei der Jobsuche wird sie erst recht zu einem großen Hindernis. Oftmals führt die mangelnde Versorgung mit Kinderbetreuungseinrichtungen sogar dazu, dass Frauen ihren Job verlieren. Besonders betroffen sind Frauen im Handel oder in der Schichtarbeit. Diese Situation kennt auch Claudia aus Niederösterreich. Über zehn Jahre arbeitete sie im Verkauf in einer größeren Bäckerei mit mehreren Standorten im Raum St. Pölten. Mit zweieinhalb Jahren kam ihr Sohn in den Kindergarten, Teilzeit war kein Problem, die Arbeitszeiten sehr wohl. Zunächst arbeitete sie am Nachmittag in einer Filiale – etwas außerhalb, aber gut erreichbar. Doch dann bestand die Unternehmensführung auf Frühdienste, Dienstbeginn spätestens um halb sieben. Das Problem: Der Kindergarten öffnete erst um sieben Uhr. Anfangs waren die Nachbarn behilflich, aber auf Dauer geht das nicht. Trotz mehrerer Gespräche erhielt Claudia nach dem Ende der gesetzlichen Behaltefrist die Kündigung. Jetzt ist sie schon längere Zeit auf Arbeitsuche.
Jede fünfte arbeitslose Frau in Österreich ist Wiedereinsteigerin. In der Praxis fühlen sich arbeitslose Mütter zu Recht in einem Teufelskreis gefangen: Ohne Betreuungsplatz tut man sich schwer, Arbeit zu finden, wer aber keine Arbeit nachweisen kann, verliert – wenn Plätze knapp sind – die Betreuung. Das gilt nicht nur für Krabbelstube und Kindergarten, sondern auch für die heiß begehrten, aber raren Plätze an Ganztagsschulen.