Knapp die Hälfte
Statt 2.000 Euro netto zu verdienen, musste er auf einmal mit knapp der Hälfte davon auskommen und sein Leben drastisch umstellen. „Ohne Unterstützung von Familie und Freunden wäre ich nicht über die Runden gekommen. Als Erstes hat mir meine Bank gleich den Überziehungsrahmen gekürzt“, erinnert er sich an die ersten Monate zurück.
Neben der angespannten finanziellen Situation kamen sehr rasch auch Probleme der sozialen Dimension hinzu. „Wenn du dir nichts leisten kannst, zu Hause Bewerbungen ins Leere schreibst und immer das Gefühl vermittelt bekommst, du bist zu alt und zu teuer, deprimiert dich das ungemein“, beschreibt Stefan R. seine Zeit in der Arbeitslosigkeit. Mit der Aktion 20.000 eröffnete sich aber auch für Stefan R. eine neue Chance. „Ich habe mich bei einer großen sozialen Organisation als Lagerarbeiter beworben und bin von siebzehn Bewerbern schlussendlich genommen worden“, freut er sich über seine neue Aufgabe.
Sinnstiftende Aufgabe
Obwohl Stefan R. mit der Notstandshilfe und der Möglichkeit, geringfügig dazuverdienen zu können, etwas mehr Geld hätte als mit seinem jetzigen Einkommen, hat er keine Sekunde gezögert, die Stelle anzunehmen. „Natürlich ist es nach wie vor auch finanziell nicht einfach und es wäre schön, wenn ich wieder mein altes Einkommen hätte, aber Geld ist auch in meiner Situation nicht alles. Ich habe wieder eine sinnstiftende Aufgabe, bin motiviert und habe das Gefühl, gebraucht zu werden. Auch mein Freundeskreis hat das bemerkt“, sagt der 51-Jährige und freut sich, wieder ein soziales Umfeld zu haben – und das Gefühl los zu sein, am Abstellgleis zu stehen.
Mit Ende Jänner 2018 waren 2.722 Personen in einer ähnlich glücklichen Lage wie Stefan R., über die Aktion 20.000 einen neuen Arbeitsplatz gefunden zu haben. Insgesamt wären Finanzmittel für 4.400 Arbeitsplätze vorgesehen gewesen. Die ersten Zahlen zeigen, dass mit dem Programm, das ja bisher nur in Modellregionen umgesetzt wurde, die Arbeitslosigkeit von langzeitbeschäftigungslosen älteren Menschen um 5,1 Prozent gesenkt werden konnte. In allen anderen Regionen ist die Zahl der älteren Langzeitarbeitslosen hingegen im selben Zeitraum um 2,1 Prozent gestiegen.
Angesichts dieser Zahlen ist es umso unverständlicher, warum dieses Programm in einer Nacht-und-Nebel-Aktion eingestellt wurde. Auch wenn die zuständige Ministerin nicht müde wird zu betonen, dass es sich um eine „Sistierung“ und nicht um eine Abschaffung handle, liegt der Schluss nahe, dass hier rein parteipolitisch und nicht im Interesse der betroffenen Personen gehandelt wurde.
Unverständlich ist dieser Schritt der Bundesregierung auch deshalb, weil österreichweit enorme Anstrengungen unternommen wurden, um die nötigen Plätze zu akquirieren und gemeinnützige Einrichtungen sowie die Kommunen dafür zu motivieren. Dank des außerordentlichen Engagements vieler Menschen – von den AMS-MitarbeiterInnen über BürgermeisterInnen bis hin zu den sozialen Einrichtungen – war es möglich, das Programm so erfolgreich zu starten.
Völlige Aufgabe
Der Verdacht einer politisch motivierten Entscheidung, fern jeglicher sachlicher Begründung, erhärtet sich auch, wenn man die Argumentation der Regierungsparteien für die „Sistierung“ betrachtet. So lautet etwa eine Behauptung, dass Arbeitsplätze nur von der Wirtschaft geschaffen würden und nicht von der Politik. Diese Aussage offenbart das völlige Aufgeben der politisch Handelnden. Natürlich geht es nicht darum, dass von der Politik direkt Arbeitsplätze geschaffen werden. Sehr wohl aber geht es darum, für entsprechende Rahmenbedingungen und Anstöße zu sorgen.
Mit der Beschäftigungsaktion 20.000 wurde einer am Arbeitsmarkt besonders benachteiligten Personengruppe ermöglicht, sich direkt an einem Arbeitsplatz zu behaupten. Es ist auch jene Personengruppe, die vom derzeit absehbaren Aufschwung und der damit einhergehenden leichten Entspannung am Arbeitsmarkt am wenigsten profitiert. Denn langfristiges Ziel der Aktion war, den betroffenen Arbeitgebern zu zeigen, dass auch ältere Beschäftigte einen sinn- und wertvollen Beitrag leisten können, eine Bereicherung für das Unternehmen darstellen und daher auch nach dem Förderzeitraum behalten werden sollten.