Ohne großes Aufsehen

Foto (C) Michael Gruber / EXPA / picturedesk.com
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Inhalt

  1. Seite 1 - Regelungen des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes werden zahnlos
  2. Seite 2 - Gold Plating wird gerne als unnötige, bürokratisch aufwendige Übererfüllung gesehen
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Wie eine funktionsfähige Rechtsordnung tiefgreifend verändert und dies als zartes Reförmchen getarnt wird.
Die Bundesregierung – nun seit Mitte Dezember im Amt – sieht in der Deregulierung und Rechtsbereinigung eine ihrer dringlichsten Aufgaben. Kurz gesagt: Es wird wieder einmal reformiert. Weil der Begriff Reform so überzeugend klingt, möchte sich auch Justizminister Josef Moser ein Stückerl davon abschneiden und damit Geschichte schreiben – und das möglichst schnell. Bereits bis zur Sommerpause will er die Gesetzbücher durchforsten lassen. Im Visier: Bundesgesetze, die vor 2000 erlassen wurden und von anderen Ministerien als nicht absolut notwendig erachtet werden. Diese sollen gestrichen werden.

„Was mir in der augenblicklichen Diskussion nicht gefällt, ist, dass die Regierung das Rechtssystem des Staates als Last definiert“, erklärt Wolfgang Kozak, Rechtsexperte der AK Wien. Schon allein die Benennung in „Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz“ lässt den Zugang erahnen. Kozak: „Die Regierung vermittelt folgenden Eindruck: Die derzeitige Rechtsordnung hat offenbar zu viele Regeln und das hindert den freien Handel.“

Historisch gewachsenes Gut

Die österreichische Rechtsordnung versucht, das Recht möglichst genau verschriftlicht abzubilden – dabei hat sie sich historisch entwickelt. Eine gut strukturierte Rechtsordnung sorgt für sichere Verhältnisse. Wolfgang Kozak: „Wenn ich eine große Regelungsstruktur habe, dient diese auch der Streitvermeidung.“ Das heißt andererseits: Je weniger Regeln es gibt, desto größer ist die Gefahr, dass es zu juristischen Auseinandersetzungen kommt. Ein Beispiel: Wenn es eine Bestimmung gibt, dass Schanigärten bis 22 Uhr geöffnet haben dürfen und danach schließen müssen, erzeugt das klare Rechtsverhältnisse für die Wirte und die AnwohnerInnen. Existiert aber keine eindeutige Bestimmung, müssen sich die AnrainerInnen ihre Ruhe möglicherweise erst erstreiten. Das kann kompliziert werden und auch die Fantasie der JuristInnen beschäftigen. Es wäre etwa zu klären, ob der Schanigarten eine ortsübliche oder nicht mehr ortsübliche Immission ist. Zumutbarkeitskriterien müssten erstellt werden.

Dazu wären unter anderem folgende Fragen zu klären: Ist es zumutbar, dass im Sommer das Fenster geschlossen ist? Habe ich die Möglichkeit, ein Fenster hin zu einem ruhigen Hof zu öffnen? Sind gewisse Verhaltensweisen ortsüblich oder nicht ortsüblich?

Langwierige und teure Verfahren könnten die Folge sein. Das bevorzugt Menschen, die es sich leisten können, ein längeres Verfahren zu finanzieren. Je weniger Regeln es gibt, desto besser ist das für Menschen, die über mehr Geld verfügen, und umso schlechter für jene, die finanziell wenig Reserven haben. Gleiches gilt auch im Wirtschaftsrecht: Große Unternehmen profitieren dann, wenn es wenig Regelungen gibt. Wer ohnehin Verhandlungs- und Lobbyingmacht besitzt, hat mehr Geld und Ressourcen und kann sich damit auch leichter durchsetzen.

Lohndumping leicht gemacht

Aber auch das Regierungsprogramm erweckt den Eindruck, vor allem die Anliegen großer Unternehmen und der Industrie zu verfolgen. ÖGB-Präsident Erich Foglar fürchtet, dass die angekündigten Deregulierungsmaßnahmen als „Feigenblatt für den Abbau von Schutzbestimmungen und von Arbeitnehmerrechten“ dienen werden. In den letzten Jahren wurden wichtige gesetzliche Regelungen geschaffen, die sowohl ausländischen als auch inländischen ArbeitgeberInnen das Lohndumping erschweren – damit sind auch erhebliche Strafandrohungen verbunden. Nun werden diese Maßnahmen unter dem Titel „praxisgerechte“ Lohn- und Sozialdumpingbekämpfung verschlechtert. Gerät ein Unternehmen in Verdacht, Lohndumping zu betreiben, soll jetzt der – bei der Überprüfung maßgebliche – Entgeltbegriff (Lohn inklusive Sonderzahlungen, Zulagen und Zuschlägen und insbesondere Überstundenabgeltung) nur noch für die Baubranche gelten. In allen anderen Branchen wird nur mehr der Grundlohn geprüft. Darüber hinaus soll ein neuer Strafkatalog das Kumulationsprinzip (Strafe pro Delikt und ArbeitnehmerIn) aufheben. Die Strafhöhe würde sinken, weil es statt Mehrfachstrafen bloß noch eine Strafe gibt. Dadurch werden die Regelungen des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes zahnlos.

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