Eine bleibende Verbesserung

1929, zu Beginn der Weltwirtschaftskrise, schlug der Bund der Freien Gewerkschaften der österreichischen Regierung ein „Minimalprogramm“ zur Bekämpfung der Krisenfolgen mit der extrem hohen Arbeitslosigkeit vor. Der Staat sollte eingreifen, um Arbeit und gleichzeitig eine stabilere wirtschaftliche Basis für die Zukunft zu schaffen. Johann Schorsch, Sekretär des freigewerkschaftlichen Dachverbands und Initiator des Programms, berichtete darüber am 29. Jänner 1930 in der Vollversammlung der Arbeiterkammer in Wien und stellte es zur Diskussion.
Gefordert wurde etwa der lange vernachlässigte  Ausbau der Infrastruktur: Wir verlangen die Beschleunigung der Bestellungen des Bundes, seiner Anstalten und Betriebe. Wir verlangen insbesondere die Beschleunigung der Bestellungen der Bundesbahnen.
Das Argument der leeren Staatskassen ließ Schorsch nicht gelten: Alle Gewerkschafter wissen aus Erfahrung, dass die Industrie heute vielfach gezwungen ist, Maschinen und anderes Material an Kunden zu liefern, die nicht so sichere Schuldner sind wie der Bund. Und was die Industrie für Private akzeptiere, müsse sie auch dem Staat zugestehen, nämlich eine Hinausschiebung der Zahlungsfrist. … Die Industrie selbst hätte davon den Vorteil, dass sie ihren ursprünglichen Betriebsapparat aufrechterhalten kann, während sie heute Arbeiter entlassen muss.
Es sollte also erreicht werden, was in der Wirtschaftskrise 2009 mit der vom ÖGB durchgesetzten Kurzarbeitsregelung gelungen ist.
Eine andere zentrale Forderung: Die Errichtung einer Kreditorganisation oder Kreditversicherung für Auslandsaufträge der Industrie, unter Heranziehung der Banken und Sparkassen. … Die Banken sind, so die Begründung, … bei mancher Industrie so stark engagiert, dass es dem Unternehmer gar nicht mehr möglich ist, mehr Kredit in Anspruch zu nehmen. … Es scheitert jede Ausdehnung des Fabrikbetriebes an dem Mangel an Geld. Umgekehrt, passiert der Bank irgendein kleiner Stoß, dann hat sofort die gesamte Industrie darunter zu leiden. Das sollte in Zukunft durch die Kreditversicherung  bleibend verhindert werden.
Die Regierung lehnte aber damals das Eingreifen des Staates in die Wirtschaft ab. Deshalb wurde Österreich mit der Krise schlechter fertig als die meisten anderen Länder, während es nach dem Ende der Krise von 2009 besser dasteht als viele andere. Die von der Gewerkschaftsbewegung erreichten Maßnahmen hatten daran einen entscheidenden Anteil.
Ausgewählt von Klaus-Dieter Mulley
Zusammengestellt und kommentiert von Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

Von

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 03/2011.

Schreiben Sie Ihre Meinung an die Redaktion
aw@oegb.at

Du brauchst einen Perspektivenwechsel?

Dann melde dich hier an und erhalte einmal wöchentlich aktuelle Beiträge zu Politik und Wirtschaft aus Sicht der Arbeitnehmer:innen.



Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder. Mit dem Absenden dieses Formulars stimme ich der Verarbeitung meiner eingegebenen personenbezogenen Daten gemäß den Datenschutzbestimmungen zu.