Ausbildungsziel Facharbeiter

Nach dem Ende des Faschismus und des Zweiten Weltkriegs waren der Wiederaufbau der Demokratie und der Wirtschaft, verbunden mit ihrer Modernisierung zentrale Anliegen der Gewerkschaft. Die Berufsbildung hatte für beides eine wichtige Funktion. Sie sollte mithelfen, die als Kinder der Nazi-Propaganda ausgesetzten Jugendlichen zur Demokratie zu führen, und sie sollte die Lehre für möglichst viele von ihnen öffnen. Das hatte die Bildungsreferenten-Konferenz der Arbeiterkammern und der Landesleitungen des ÖGB vor Augen, als sie 1951 ihre „bildungspolitischen Leitlinien“ beschloss. Die Kernaussagen zur Berufsbildung lauteten:

Es wird empfohlen, sich trotz der großen Schwierigkeiten, die dem entgegenstehen, dafür einzusetzen, daß, der jetzigen gesetzlichen Situation entsprechend, in allen Bundesländern für alle Jugendlichen die Berufsschulpflicht auch in der Praxis eingeführt wird. (…)
Im Hinblick auf das Berufsschulwesen wäre noch insbesondere zu fordern:
a) eine weitere Verfachlichung des Unterrichts; (…)
b) bei Unterbringung der Lehrlinge in Internaten die Beistellung öffentlicher Mittel, da sonst das Bildungsprivileg sich auf gewerbliche Berufe ausdehnen würde; (…)
c) bei Auswahl des Lehrpersonals für den praktischen Unterricht Berücksichtigung von solchen Personen, die mit der praktischen Arbeit der Betriebe vertraut sind; hiebei darf sich die Auswahl aber nicht auf selbständige Meister beschränken. (…)
d) Die Berufsschule muß als Ziel die Ausbildung des Lehrlings zum Facharbeiter ansehen und nicht die zum Meister.
e) Die Durchführung von Klassen- und Schulvertrauensmännerwahlen in allen Bundesländern und Errichtung von Schulgemeinden.
Eine stärkere Mitarbeit der Arbeitnehmerschaft in den demokratischen Einrichtungen des Schulbetriebes wird empfohlen. Dazu zählen (…) Schulausschüsse ( Berufsschulen) und Kuratorien (Fach- und Gewerbeschulen), die überall dort, wo sie noch nicht bestehen, eingerichtet werden sollen. (…)
Die Arbeitnehmerschaft hat größtes Interesse an allen Maßnahmen, die das noch immer bestehende Bildungsmonopol einengen. Sie fordern daher (…) den stärkeren Ausbau von Bildungseinrichtungen und die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes an solche Anstalten, die den Arbeitenden zugänglich gemacht werden (Arbeitermittelschule, Technisch-Gewerbliche Abendschule, Möglichkeit der Ablegung der technischen Matura für Externisten, Förderung von Bewerbern für die Ablegung der Berufsreifeprüfung); (…)

Ausgewählt und kommentiert von Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at 

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Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 05/2011.

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