Standpunkt | Wie krank ist das?

Wie krank ist es, dass wir im Bereich der Kinder- und Jugendgesundheit laut UNO-Kinderhilfswerk Unicef in einem Ranking von 21 Staaten an 14. Stelle, in einer Liste der OECD unter 30 Staaten auf Platz 27 liegen? Es gäbe in Österreich 7.000 Rehabilitationsplätze für Erwachsene, aber kein entsprechendes Angebot für Kinder, klagen ExpertInnen.

Alkohol und Zigaretten

Wie krank ist es, dass 15-Jährige hierzulande bereits mindestens zweimal pro Woche zur Zigaret-te greifen? Damit schaffen wir den Spitzenplatz im OECD-Vergleich mit 30 Staaten.
Wie krank ist es, dass 27 Prozent – über ein Viertel – der 13- bis 15-Jährigen schon mindestens zwei Mal betrunken waren?
Wie krank ist es, dass Österreich auch bei den Selbstmordraten der 15- bis 19-Jährigen einen Platz im Spitzenfeld einnimmt?
Wie krank ist es, dass es für viele Menschen bereits eine Zwei-Klassen-Medizin gibt; dass Kinder mit chronischen Erkrankungen, seltenen Krankheiten oder Migrationshintergrund nur schwer an Gesundheitsleistungen herankommen?

100.000 ohne Versicherung

Wie krank ist es, dass in einem der reichsten Länder der Welt 100.000 Menschen ohne Kranken-versicherung leben? Das sind Menschen in prekärer Beschäftigung, in einer schweren psychi-schen Krise, vormals mit ihrem Ehemann mitversicherte Frauen nach der Scheidung, Hilfesu-chende, die sich schämen ihren Sozialhilfeanspruch einzulösen, oder Arbeitssuchende ohne Leis-tungsanspruch. Es sind nur jene Arbeitslosen krankenversichert, die auch eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung beziehen. Viele Personen erfüllen jedoch nicht die notwendige Warte-zeit, die bei erstmaliger Inanspruchnahme notwendig ist. Darunter auch viele Jugendliche, die noch nicht genug Versicherungsmonate haben.
Wie krank ist es, dass wir uns zu Tode fressen? 42 Prozent der 18- bis 65-Jährigen in Österreich sind übergewichtig und elf Prozent davon adipös. Die Zahl der übergewichtigen Kinder ist in den vergangenen Jahren um sieben Prozent gestiegen. Gerade in ärmeren Haushalten fehlen aber das Wissen und die finanziellen Möglichkeiten für gesündere Ernährung.
Wie krank ist es, dass sich trotz einer Unmenge von Aufklärungskampagnen nach wie vor täglich ein bis zwei Menschen in Österreich mit HIV infizieren?
Wie krank ist es, dass das Brutto-Durchschnittseinkommen von Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen ein Fünftel unter dem Durchschnittseinkommen aller österreichischen Arbeit-nehmerInnen liegt?
Wie krank ist es, dass eben die, die sich um uns kümmern, wenn wir krank und schwach sind, selbst durch Stress erkranken?

Die beste Medizin

Wie krank ist es, dass es trotz alledem noch Menschen gibt, die glauben, im Gesundheitsbereich könne man sparen?
Und was ist Gesundheit? Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO „ein Zustand des vollstän-digen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, uns allen Gesundheit. Sozialer Ausgleich ist die beste Medizin. Über Risiken und Nebenwirkungen informieren wir Sie unter www.fairteilen.at

Von Katharina Klee, Chefredakteurin

Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 05/2010.

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