Der ÖGB und Afrika

Anfang 1960 beschloss das ÖGB-Präsidium, einen Hilfsfonds für Entwicklungsgebiete einzurichten. Dotiert wurde er aus Mitteln des ÖGB, zu Beginn 500.000 Schilling, aus Eigenmitteln der Gewerkschaften und Spenden von ArbeitnehmerInnen, zu denen der ÖGB aufrief. Der Hilfsfonds sollte vor allem zur Unterstützung freier Gewerkschaftsorganisationen in Afrika und Asien dienen – mit Schwerpunkt Afrika.
Es hatte gute Gründe, warum sich der ÖGB und andere »westliche« Gewerkschaften, die dem Internationalen Bund Freier Gewerkschaften angehörten, zu diesem Zeitpunkt für Entwicklungspolitik besonders engagierten: Nach dem Zweiten Weltkrieg erkämpften die Kolonien der europäischen Mächte in Afrika und Asien ihre Unabhängigkeit und wurden selbstständige Staaten. Gewerkschaftsgründungen waren für Einheimische oft sehr schwierig gewesen oder wurden abgelehnt, wenn sie von einer Organisation aus dem Land der Kolonialmächte ausgingen. Nun sah man aber die Chance, in den neuen Staaten eine eigenständige Gewerkschaftsbewegung zu entwickeln. Und es bestand – in der Epoche des »Kalten Krieges zwischen den Supermächten« – daran Interesse, dass dabei die »westliche« Gewerkschaftstradition und nicht die kommu­nistische Vorbild wurde.
Im ÖGB-Tätigkeitsbericht für 1961 hieß es: Die Tätigkeit des ÖGB, als überparteiliche Interessenorganisation eines militärisch neutralen Landes, wird von den Entwicklungsländern Afrikas und Asiens mit großer Genugtuung verfolgt. Auch in den Gewerkschaftsinternationalen wird das Vorgehen des ÖGB gutgeheißen. Um Überschneidungen zu vermeiden, wird durch Gewährung einer materiellen Hilfe jeweils der Kontakt mit den Internationalen hergestellt.
Was konkret geschah: Als erster Schritt startete, zum Teil schon vor 1960, eine Art Besuchsdiplomatie: Die Besuche afrikanischer Gewerkschafter in Österreich und österreichischer Gewerkschafter in Afrika haben gezeigt, dass dieser gute Kontakt für beide Seiten von großem Wert ist, stellte das ÖGB-Referat für Information und internationale Beziehungen schon 1960 fest. Über den Hilfsfonds gab es dann auch handfeste praktische Unterstützung. Für einige Länder, die im Begriffe sind, freie Gewerkschaften aufzubauen, stellte der ÖGB ab 1961 verschiedene Einrichtungen, in einigen Fällen Puch-Haflinger-Autos zur Verfügung. Ein anderes Beispiel: Mit einer Spendenaktion brachte die Gewerkschaftsjugend das Geld für die Reise von vier jungen Afrikanern nach Österreich auf, aus dem Hilfsfonds wurde ihr Aufenthalt finanziert. 1962 konnten sie in verstaatlichten Betrieben eine beschleunigte Berufsausbildung beginnen.
Weil aber Spendenaufrufe nur etwas bringen, wenn die SpenderInnen überzeugt sind, eine gute Sache zu unterstützen, stellte sich der ÖGB auch die Aufgabe, … um Verständnis für die Situation der Völker Afrikas im Lande zu werben.
Zusammengestellt und kommentiert von Dr. Brigitte Pellar
brigitte.pellar@aon.at

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Dieser Artikel erschien in der Ausgabe Arbeit&Wirtschaft 09/2010.

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