Foto der europäischen Flagge
Das österreichische Gesundheits- und Pensionssystem muss den europäischen Vergleich nicht Scheuen – im Gegenteil, Österreich ist häufig ein Vorbild.
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Gute Nachrichten – unsere Sozialversicherungen im europäischen Vergleich

Österreichs Gesundheits- und Pensionssystem kann sich im europäischen Vergleich sehen lassen, wenngleich es auch Verbesserungsbedarf gibt. So manche negative Schlagzeile zum Sozialversicherungssystem verdient aber genauere Betrachtung.
In der Welt der Nachrichten gibt es den Stehsatz, nur schlechte Nachrichten seien gute Nachrichten. Und ja, im österreichischen Sozialversicherungssystem gibt es auch die „bad news“ bzw. Verbesserungsbedarf. Aber gerade der europäische Vergleich zeigt, dass das österreichische Gesundheits- und Pensionssystem viel Positives vorzuweisen hat.

Gesundheit: Niederschwelliger Zugang

Wolfgang Panhölzl, Referent für Organisation und Finanzierung der Sozialversicherung und Pensionsrecht in der Abteilung Sozialversicherung der AK Wien, stellt fest: „Im Gesundheitssystem stehen wir im internationalen Vergleich sehr gut da, wenngleich es natürlich auch gewisse Schwächen und Reformbedarf gibt.“ Panhölzl beruft sich unter anderem auf die Ergebnisse der Studie der London School of Economics (LSE) aus dem Jahr 2017, welche die vorige Bundesregierung in Auftrag gegeben hatte.

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Positiv ist etwa der relativ niederschwellige Zugang zur Krankenversicherung: So sind rund 99 Prozent der Bevölkerung krankenversichert und haben so generell Zugang zu Gesundheitsleistungen. Seit es die E-Card gibt, ist dieser noch einfacher geworden. Der Teufel liegt natürlich im Detail. So gibt es große Unterschiede in der Versorgung: Die öffentlich Bediensteten und die Selbstständigen, die ja derzeit noch Mitglied bei jeweils eigenen Versicherungsträgern sind (BVA und SVA), genießen ein besseres Leistungsangebot als ArbeiterInnen und Angestellte, Arbeitslose und MindestsicherungsbezieherInnen, die bei den Gebietskrankenkassen der Bundesländer versichert sind. Daher empfiehlt die LSE einen Risikostrukturausgleich über alle Versicherungsträger hinweg, der laut Wolfgang Panhölzl dazu führen sollte, „das Leistungsniveau für alle anzuheben“.

Niedrige Verwaltungsausgaben

Besonders gut steht Österreich im europäischen Vergleich bei den Ausgaben für die Verwaltung da: Der Anteil der Verwaltungskosten an den gesamten Gesundheitsausgaben ist mit 3,7 Prozent sehr niedrig. In Deutschland beträgt der Wert 4,9, in Frankreich gar 6,1 Prozent.

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1,2 Milliarden Euro kostet die Verwaltung der gesamten Sozialversicherung, was einem Anteil von zwei Prozent der Gesamteinnahmen von 62 Milliarden entspricht. Außerdem werden relativ viele Menschen in Österreich durch je eine Verwaltungsperson betreut, nämlich 1.063. Dieser Betreuungsschlüssel wird in Bezug auf die Kosten im Gesundheitssystem als positiv bewertet. In Deutschland betreut eine Verwaltungsperson nur 600 Versicherte, in der Schweiz gar nur 400.

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Verbesserungsbedarf gibt es im Vergleich mit anderen europäischen Ländern vor allem im Spitalsbereich: In Österreich werden PatientInnen im Vergleich viele Tage stationär in Spitälern behandelt, wobei dieser Wert in Deutschland ebenfalls sehr hoch ist. Bei den ambulanten Konsultationen liegt Österreich allerdings nur wenig über dem europäischen Länderschnitt. Die Abdeckung durch niedergelassene ÄrztInnen ist vergleichsweise hoch: Auf 1.000 EinwohnerInnen kommen vier niedergelassene ÄrztInnen. Nur in Portugal und Griechenland liegt dieser Wert noch höher. Und die LSE warnt, dass es ab 2030 zu einem Überangebot an AllgemeinmedizinerInnen und einem Mangel an FachärztInnen kommen kann. Das Problem ist bekannt – und der geplante Ausbau der Primärversorgung, die regional mehr niedergelassene Angebote in Gesundheitszentren schaffen soll, ist durch die Sozialversichrungsreform jetzt sogar gefährdet.

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Bei den Gesundheitsausgaben gemessen am BIP kommt Österreich mit 10,4 Prozent auf einen etwas höheren Wert als der EU-Durchschnitt, der bei 9,9 Prozent liegt. Dieser Wert wird in Anbetracht der häufigen Spitalseinweisungen mit einer strikten und effizienten Preiskontrolle erklärt. Zum Vergleich: Deutschland gibt 11,1 Prozent, Frankreich 11 und die Niederlande 10,8 Prozent des BIP im Gesundheitssektor aus.

Trickreicher Vergleich der Pensionssysteme

Beim Vergleich der europäischen Pensionssysteme wird es besonders trickreich. Denn diese unterscheiden sich zum Teil so grundlegend, dass man schon tief in die Materie eintauchen muss, um sich ein stichhaltiges Urteil bilden zu können.

So stellt etwa der Mercer Pensionsindex Österreich regelmäßig ein schlechtes Zeugnis aus – auch zuletzt wieder in der aktuellen Version, die Mitte Oktober veröffentlicht wurde und 2017 bewertet. Dieser Studie zufolge, die 30 Länder weltweit untersuchte, ist Österreichs Gesundheitssystem in Bezug auf die Nachhaltigkeit „ein Sorgenkind“ und liegt mit Platz 21 im hinteren Drittel. Wolfgang Panhölzl: „Wir kritisieren diese Studie schon lange und jedes Jahr wieder, weil sie seltsame Vergleiche zieht.“ So kritisiert die Arbeiterkammer unter anderem, dass sich die Studie nur zu einem geringen Teil mit öffentlichen Pensionen auseinandersetzt.

Als vorbildliches Pensionssystem wird zum Beispiel immer wieder das schwedische Modell genannt, das im aktuellen Index auf Platz sechs von 30 liegt. Wolfgang Panhölzl weist aber darauf hin, dass in Schweden die Pensionsbeiträge wesentlich höher sind als in Österreich. Zudem werde immer wieder ein „sogenannter Automatismus“ ins Treffen geführt: „In Wahrheit ist es aber so, dass, wenn wirklich ein Nachteil auftritt, dieser durch Steuergutschriften ausgeglichen wird.“ Das schwedische Pensionssystem lasse es also nie so weit kommen, dass wirkliche Pensionskürzungen entstehen.

Vorbild Österreich

Insbesondere im Vergleich mit Deutschland stellt Wolfgang Panhölzl dem österreichischen Pensionssystem ein sehr gutes Zeugnis aus. Deutschland liegt bei der Mercer-Studie auf Platz 13 und damit im guten Mittelfeld. Allerdings sei das deutsche Modell mit seinen zwei Säulen, der öffentlich finanzierten Säule und der Riesterrente als privater Zusatzversicherung, schiefgegangen. Panhölzl: „Die Riesterrente ist weit davon entfernt, dass sie die versprochenen Zusatzpensionshöhen finanzieren könnte. Und die öffentliche umlagefinanzierte Säule ist mittlerweile sehr niedrig.“ So müssten heute jüngere Menschen 45 Jahre lang das Durchschnittseinkommen verdienen, um später eine Pension an der Mindestsicherungsgrenze zu bekommen. „Österreich ist hier im internationalen Vergleich, aber vor allem im Vergleich zu Deutschland, ein Referenzmodell“, sagt Panhölzl. Denn: „In Österreich ist das System so aufgestellt, dass nicht nur die in Pension Befindlichen und die pensionsnahen Jahrgänge gute Pensionen bekommen, sondern das Pensionskonto gewährleistet auch, dass jüngere Versicherte gute Pensionen bekommen werden, die auch finanzierbar sind.“

Die Niederlande belegen hinter Dänemark Platz zwei in der aktuellen Mercer-Studie. Beide Länder setzen seit Längerem auf fondsgedeckte Zusatzpensionen. Als Reaktion auf die Wirtschafts- und Finanzkrise, die zu großen Verlusten dieser Fonds geführt haben, setzte man das Pensionsalter hinauf. So können 1991 Geborene in den Niederlanden erst im Alter von 71 Jahren und drei Monaten ihre Pension antreten. Diese „bad news“ werden wohl auch die Menschen in den Niederlanden nicht als „good news“ empfinden.

Über den/die Autor:in

Alexandra Rotter

Alexandra Rotter hat Kunstgeschichte in Wien und Lausanne studiert. Sie arbeitet als freie Journalistin in Wien und schreibt vor allem über Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie und Zukunft.

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