Grundlagen
Mir persönlich erscheint der aufgezeigte Unterschied zwischen der Meinung der Kommentatoren in den bürgerlichen Medien und der Meinung der direkt von der Krise betroffenen Mitglieder durchaus plausibel. Denn wenn ich an mein eigenes Umfeld denke und an die Gespräche mit den Kollegen und Kolleginnen, vor allem mit denjenigen, die als gewählte Interessenvertreter sich tagtäglich bewähren müssen, so klingt das schon ganz anders als das, was fast tagtäglich an Meinungen veröffentlicht wird, was auch ich zu lesen und zu hören (sehen) bekomme.
Und was die Kolleginnen und Kollegen sagen, ist nicht das, was in den Kommentaren von »Presse« oder »Salzburger Nachrichten«, »Standard« oder »Profil« steht, auch nicht im »Kurier« oder in der »Kronenzeitung«, oder was in der letzten Diskussionsrunde im Fernsehen gesagt wurde.
So gesehen muss hier wieder einmal ausdrücklich gesagt werden, dass wir unsere Meinungen nicht oder nur zum kleinsten Teil aus den Medien, also aus Zeitungen, Zeitschriften oder Fernsehen, beziehen. Wesentlich mehr Gewicht haben Gespräche in unserem Umfeld,
Diskussionen mit Arbeitskollegen und -kolleginnen, in der Familie, unter Freunden. Miteinander reden, kommunizieren, sich austauschen, diskutieren. Das sind auch Grundlagen der betrieblichen Interessenvertretung und der sogenannten Mitbestimmung.
Liebe Leserin, lieber Leser, worüber haben Sie (hast Du) zuletzt geredet? Und
mit wem?
War es die Regierungsbildung und die Enttäuschung über nicht eingehaltene Wahlversprechen oder die Verblüffung über manche »Sager« des neuen Herrn Bundeskanzlers?
Hätten Sie was anderes gewollt als diese große Koalition? Ich auch. Aber wer beschwört ihn denn immer wieder, den »hätt’ i, wenn i, war i«?
Herausgerissen
Oder sollten wir die Realität lieber so betrachten, wie sie ist, nämlich nackt?
Was ist das, dieser so oft strapazierte »Rahmen den Möglichen«? Sagen Sie vielleicht so was wie »Na, wann i verhandelt hätt’, dann hätt’ i dem Schüssel mehr außagrissn!«? Oder sind Sie eine oder einer von denen, die vielleicht sagen »Ich bin der Meinung, dass der Verhandlungsspielraum nicht optimal genützt wurde.«? Jaja, liebe Leserin, aber das ist jetzt vorbei, und motschgern oder sudern beziehungsweise larmoyant herumtütteln, das bringt doch nix und das hilft auch nix.
Die Abschaffung der Studiengebühren wurde fix versprochen und als Kompromiss kommen die jetzt mit dem Schmarren daher und deswegen ist die Jugend zu Recht empört, sagen Sie? Jaja, da haben Sie schon recht. – Mir ist ein gewisser Trost, seit ich gehört habe, dass fast ein Viertel der Studenten ein Stipendium bezieht und sowieso von den Gebühren befreit ist.
Originell
Also, diese Einlage vom Bundeskanzler mit den Nachhilfestunden, die er selber in einer öffentlichen Schule geben will, da sagen sogar seine Parteifreunde, es wäre eine »originelle« Idee. Wenn ich wo zum Essen eingeladen bin und es schmeckt mir nicht, dann bin ich auch höflich und sag, es schmeckt »interessant«. Originell find ich auf jeden Fall, dass plötzlich alle so tun, als hätten sie immer geglaubt, dass man die Abfangjäger »abbestellen« kann. Also jetzt mal ehrlich: Haben Sie es geglaubt?
Apropos, übers Wetter haben wir auch noch nicht geredet. In Anbetracht des mildesten Winters seit mehr als 200 Jahren stellt sich die Frage: Haben wir jetzt einen Klimawechsel? Und ist das bedrohlich? Und wie steht’s ums Klima in unseren Herzen? Sind wir ängstlich besorgt oder wollen wir »mutig in die neuen Zeiten«, wie es in dem alten Arbeiterlied heißt?
Die Zukunft – findet statt.
Wo stehen wir?
Von Siegfried Sorz – Chefredakteur
Dieser Artikel erschien in der Ausgabe .
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